ENOS mit Netz und doppeltem Auftrag

Das Rettungssystem erfüllt gleich zwei Aufgaben beim BSHRP

c: Sabine Kerkau

Dass ENOS zuverlässig Taucher schützt, ist hinlänglich bekannt. Deswegen trägt es auch die Crew vom BSHRP, Baltic Sea Heritage Project, bei ihren anspruchsvollen Tauchgängen mit sich. Doch nicht selten werden die ENOS-Sender auch an die Geisternetze gehängt, wenn die nach mühseliger Arbeit von den Wracks losgeschnitten und an die Wasseroberfläche geschickt werden.

c: Sabine Kerkau

Eine Stunde Austauchzeit

Die Wracks liegen tief und es kostet viel Zeit, bis die riesigen Geisternetze entfernt sind. Das ruft zwangsläufig lange Dekostopps hervor: Meistens haben Sabine Kerkau und ihre Mitstreiter trotz Verwendung von Mischgasen ein bis zwei Stunden Austauchzeit, ehe sie endgültig wieder auftauchen dürfen. Währenddessen treiben die Netze alleine an der Oberfläche, denn Kapitän Linas muss das Schiff zur Sicherheit am Tauchplatz halten und kann deswegen nicht den Netzen folgen. Da die Wracks so tief liegen, kann er nicht immer ankern.

Große Gefahr für andere Schiffe – nervenaufreibende Abwägung

Der Moment, in dem die Netze oben ankommen, ist für Linas jedes Mal eine Herausforderung. Treibende Netze sind für jedes Schiff eine große Gefahr. Wenn sie in die Schraube geraten, ist jedes Schiff sofort manövrierunfähig und der Strömung und Dünung hilflos ausgesetzt. Vom wirtschaftlichen Schaden mal ganz abgesehen!

So ist es auch schon tatsächlich vorgekommen, dass Linas die im freien Wasser der rauen Ostsee dekomprimierenden Taucher verlassen hat, um ein Netz einzusammeln, das mit hoher Geschwindigkeit Richtung Schifffahrtsstraße. Das erforderte sofortiges Handeln, von Linas. Er musste das Netz bergen, ehe in der stark befahrenen Schifffahrtsstraße die großem Schiffe es erreichten und gefährdet wurden …

Unter Argusaugen Russlands

Erschwerend kommt die naheliegende Grenze der russischen Hoheitsgewässer hinzu, die auf keinen Fall überschritten werden darf. Kerkau und ihr Team wurden von Beginn ihrer wichtigen archäologischen Arbeit an scharf beobachtet. „Die Blicke spürt man“, lacht die patente Expeditionsleiterin. „Es sind nur wenige hundert Meter bis nach Russland und eine Grenzüberschreitung – egal ob durch uns oder durch die Netze – hätte schwere diplomatische Folgen. Deswegen schätzen wir ENOS ja gleich doppelt!“

ENOS für die Taucher und für die Netze

Denn ENOS wird auch an die Netze gehängt, ehe die Taucher sie an die Wasseroberfläche schicken. Hier senden sie an den ENOS-Empfänger an Bord des Schiffs alle 15 Sekunden ihre genaue Position, wodurch Kapitän Linas sie ständig im Blick hat. „Das macht unseren Job erheblich sicherer“, konstatiert Kerkau. „Nicht nur, weil wir Taucher sofort gefunden werden, wenn wir mal von einer Strömung abgetrieben werden. Sondern auch, weil uns die Netze oben nicht mehr verloren gehen. Die treiben manchmal dicht unter der Wasseroberfläche und stellen eine riesige Gefahr dar. Dank ENOS wissen wir aber jetzt immer, wo die sind.“

www.seareq.de
https://www.bshrp.org/?event=deep-wrecks-search-identification

 

Christiane Linkenbach