Editorial August 2022

Eine frage der Fortbildung

Liebe Leserinnen und Leser,

da hat ein Alttauchlehrer endlich wieder ein paar Ausbildungsfische an der Angel. Im Tauchclub. Er erscheint nur im Becken, wenn er einen Fang gemacht hat. Die letzten zwei Jahre war das sehr selten, warum, kann sich jeder denken.

Wann der Alttauchlehrer seine Ausbildungsberechtigung erwarb, ich weiß es nicht. Ich rechne ihm jedenfalls hoch an, dass seine Eleven wenigstens 40 Jahre jünger sind, als der aktive Durchschnitt der noch tauchsportlich Aktiven. Aber er hätte die Zwangsauszeit nutzen und sich auch fortbilden müssen, um nicht Dinge als Ausbilder zu lehren, die mittlerweile schlicht falsch sind.

Ich bin ja schon zutiefst dankbar, dass es für Tauchschüler noch eine erste ausführliche ABC Einweisung gibt. Das haben die allermeisten Ausbildungsorganisationen schon lange aus dem Programm gestrichen, da geht es schon beim ersten Mal mit allem Drum und Dran der Gerätetauchausrüstung inklusive Handschuhe ab ins Becken.

OK, da sind wir nun mit den Tauchzöglingen und ihrem examinierten Sporttauchausbilder Seite an Seite im Becken. Es geht um erste Gewöhnung an das ABC – Equipment. Warum das junge Pärchen bereits jetzt einen Neoprenanzug im 27° warmen Wasser trägt, ich weiß es nicht. Als ich in genau diesem Becken einige Jahrzehnte zuvor meine Grundausbildung im Sporttauchen absolvierte, da war kein Anzug mit im Spiel.

Die Eleven haben die „üblichen“ High Tech Schnorchel am Maskenband. Hat der Tauchshop ein gutes Geschäft gemacht. Nicht billig, mit ausgeklügelten Ventilsystemen am Rohrende und im Mundstück. Ware, die eigentlich auf „nur“ Schnorchler wartet, nicht auf (zukünftige) Sporttaucher. Meine Buddy, Apnoetauchlehrerin, und mich schaudert es bei diesem Schnorchel, soll er doch fest am Maskenband montiert Gerätetauchgänge begleiten.

Und dann sind die Abtauchübungen dran. Mit dem Schnorchel im Mund. Aber genau das ist falsch. Bei jeder Ausbildung von Apnoetauchverbänden wird schon lange gelehrt, dass vor dem Abtauchen das Schnorchelmundstück aus dem Mund genommen wird um auszuschließen, dass durch eine unkontrollierte Situation bedingt Wasser eingeatmet wird.

Wie ausgefeilt auch immer ein Ventilsystem im Atemrohr gestaltet ist, keines kann verlässlich ausschließen, dass nicht eine geringe Menge Wasser in den Schnorchel eindringt und dann eingeatmet vom Hustenanfall bis zum Stimmritzenkrampf führt. Wie auch immer, das ist fatal.

Warum verzichten schon traditionell Unterwasserjäger auf Schnorchel mit irgendeinem Ventil? Weil sie genau um diesen Umstand wissen und das schon lang bevor sich Ausbildungsverbände für das Freitauchen formierten.

Es kommt, wie es kommen muss, der Sporttauchlehrer wird später diskret darauf angesprochen. Von TL zu TL. Und er hat noch nie von so etwas gehört. Unverständnis ist die Antwort. Bereitschaft, wenigstens darüber nachzudenken, nicht erkennbar.

An vielen Stellen habe ich schon darüber gesprochen, geschrieben, wie die Sporttauchausbildung aus den Erkenntnissen des technischen Tauchens und des Freitauchens lernen könnte. Man träfe sich kompetent in der Mitte. Nur die Mitte bietet vielfach mehr Kräfte auf, alles so zu belassen, wie es schon seit langer Zeit ist, als das in die Ausbildung einzupflegen, was heutiger Status Quo ist. Wirklich schade.

Kommen Sie gut durch den August, das Chaos auf den Flughäfen, die Staus auf den Autobahnen und die überfüllten Strände

 

Ihr

Michael Goldschmidt