Apnoe Passion: Abschied von Andrea Zuccari

Nach einem Wartungstauchgang mit Gerät ist Andrea Zuccari nicht mehr aufgetaucht

Andrea Zuccari / FB privat, UWW

Der 28. August 2023 markiert einen tiefschwarzen Tag für die gesamte Freitauchszene weltweit. Von einem Tauchgang mit Gerät bis auf etwa 50 Meter Tiefe vor Sharm el-Sheikh / Rotes Meer, bei dem an einer Plattform Kabelverbindungen revidiert werden sollten, kehrte Andrea Zuccari nicht mehr zurück. Er war auch für mich persönlich ein großartiger Lehrer, der nächste Workshop war im Februar 2024 bereits gebucht. Jetzt heißt es stattdessen Abschied nehmen und das Unfassbare erst einmal begreifen.

Seit dem Nachmittag des 28. Augusts wurde Andrea Zuccari vermisst, der mit Tauchflaschen und einem Scooter ausgestattet allein eine Arbeitstiefe von etwa 50 Metern geplant hatte. Nachdem er nicht mehr auftauchte, wurde die Suche über und unter Wasser eingeleitet. Es wurden daraufhin nicht näher benannte Ausrüstungsteile gefunden aber kein Hinweis darauf, was passiert sein könnte und wo sich Andrea Zuccari befindet.

Man gab die Hoffnung nicht auf, aber trotz aller Bemühungen konnte er nicht entdeckt werden. Am Abend verbreiteten sich erste unbestätigte Nachrichten, dass er unter Wasser vermisst sei, am folgenden Tag konnte man sich der Realität nicht mehr versperren, Andrea Zuccari war nicht lokalisierbar, alle denkbaren Szenarien ließen nur einen Schluss zu, dass er bei diesem Tauchgang den Tod gefunden hatte.

Es bleiben so viele Fragen offen und werden wohl nie beantwortet werden können, vor allem, warum er allein getaucht war. Andrea Zuccari war ein äußerst umsichtiger Tauchlehrer für Geräte- und Freitaucher, er kam über den Umweg vom anspruchsvollen technischen Tauchen mit Mischgasen zur Apnoeleidenschaft, er war alles andere, als ein unvorsichtiger Anfänger. Und nun teilt er, der weltbeste Freitaucher dasselbe Schicksal, wie die einst weltbeste Freitaucherin Natalja Molchanova, die 8 Jahre zuvor am 2. August 2015 nach Beendigung einer Freitauchsession mit Schülern allein noch einmal abtauchte und seither verschollen ist.

Nicht die Weltrekorde oder nationalen Rekorde machten den am 26. Oktober 1974 in Rom geborenen Andrea Zuccari allein zu einer Ikone des Freitauchens, es war seine wunderbare und hingebungsvolle Gabe, die wichtige Druckausgleichstechnik fürs Apnoetauchen so zu lehren, dass es jeder verstehen konnte, nein sogar musste. Immer ein Lächeln auf seinen Lippen vermittelte er geduldig und entspannt die so wichtigen Grundlagen des Druckausgleichs, der für die meisten Freitaucher oft ein Problem darstellt.

Seine Lebensgefährtin Alice Cattaneo war für ihn der prägende Anlass, sich Gedanken zu machen, wie die komplexen Zusammenhänge des Druckausgleichs leicht verständlich und nachvollziehbar vermittelt werden könnten. Das gelang ihm schließlich mit Alice und damit war die Grundlage geschaffen, in vielen Workshops und Seminaren genau das erfolgreich weiterzugeben.

Mit seiner Tauchschule Freediving World in Sharm el-Sheikh war Andrea Zuccari der ausnahmslos beste Ansprechpartner für die Freitauchaus- und Weiterbildung. Bei einem Aufenthalt in Sharm 2018 fand ich als Freitaucherin mit meinem steten Wunsch von den Besten der Szene zu lernen, ganz klar den Weg in sein Unternehmen.

Ich hatte vor meiner Reise nach Ägypten versucht, mit Andrea Zuccari per eMail Kontakt aufzunehmen, bekam aber keine Antwort, was ich einfach dem Umstand zuschrieb, dass er sicher sehr viel um die Ohren hat. In Sharm erhielt ich dann zufällig seine Telefonnummer, rief an, hatte Andrea gleich selbst am Telefon. Ich trug meinen Wunsch vor: Zwei Privatstunden Tieftauchen. Das wäre kein Problem meinte er, ich solle vorschlagen, wann ich Zeit hätte. Dass das so unkompliziert laufen würde, beindruckte mich tief.

Schon am kommenden Tag trafen wir uns in seinem Office und auf dem Weg zur Basis fragte er fast beiläufig, wie ich den Druckausgleich machen würde. Das sollte ich ihm demonstrieren. Er sah mir zu und konnte dabei sofort erkennen, dass ich die fürs Tieftauchen so wichtige Frenzel – Technik ganz automatisch anwandte. Ein Lächeln von ihm und weiter gings zum Umziehen und dann zu zwei fest verankerte Bojen mit unterschiedlichen Tauchtiefen. Mit Andrea Zuccari persönlich zu tauchen, von ihm zu lernen, das war schon mehr als ein Traum, der in Erfüllung ging.

Terminlich passte es auch noch, an einem Workshop Druckausgleich mit ihm teilzunehmen, in dem intensiv, allerdings nur auf dem Trockenen, die komplexen Abläufe der Frenzel – Technik demonstriert und durchgespielt wurden. Diesen Workshop wollte ich mit einem Seminarangebot ergänzen, dass für Februar 2024 im Indoortauchzentrum d4l in Siegburg anberaumt war.

Jetzt können wir uns nicht mehr treffen, wieder ein Stück weiterarbeiten, uns austauschen. Es bleibt mir nur noch, dir auf diesem Weg für alles zu danken, was du mir vermittelt hast, was mich immer als Freitauchlehrerin begleitet und ich in meinen Kursen in deinem Sinn weitergeben kann.

 

Petra Ney
Andrea Zuccari privat – Facebook, UWW