Editorial September 2023

Fehlende Jugendarbeit und Überalterung der Tauchvereine

Editorial

Liebe Leserinnen und Leser,

mittlerweile präsentiert sich die sichtbare Tauchgemeinschaft eher als Treffpunkt von bereits im Ruhestand befindlicher Teilnehmer. Unbestritten ist es wunderbar, dass viele in der dritten Lebenshälfte ihrem Sport- und vor allem damit verbundenen Reiseaktivitäten sorglos nachgehen können und es auch genießen.

Doch wo bleibt der Nachwuchs? Wer hat hier versagt? Ich sag es ohne Umschweife: Die Vereine haben  kläglich versagt. Nein, nicht alle, das wäre wirklich ungerecht, aber die meisten müssen sich zumindest in der Vorstandsebene an die Nase fassen.

Ich bin nun nicht der Typ, der sein Wohl und Heil in einem Verein zu finden sucht Da bin ich eher praktisch veranlagt. Um im Rahmen meiner redaktionellen Verantwortung für das Magazin UnterWasserWelt fit zu bleiben, bin ich Mitglied in einem Tauchsportverein. Und ich war zeitweise sogar parallel in drei Vereinen registriert. Die gebotenen Tauch- oder Trainingsmöglichkeiten nahm und nehme ich intensiv wahr, soweit es meine Tätigkeit zeitlich gestattet.

Nachwuchspflege war und ist eine absolute Nullnummer in meinen ehemaligen Vereinen und selbst der aktuelle Club kann keine Jugendarbeit leisten mangels befähigter Trainer. Das Gros langjährig noch aktiver Mitglieder kam meist in der Blüte des Tauchsports Ende der 80er bis Mitte der 90er Jahre im Alter von 25 – 35 Jahren in die Clubs. Da muss man kein Rechenkünstler sein, um die aktuell durchschnittliche Altersstruktur zu ermitteln.

Für die Anerkennung der Gemeinnützigkeit eines Vereins genügt es, in den Statuten die dafür erforderlichen Absichten zu erklären. Es gibt aber keine regelmäßige Beweispflicht, ob denn das alles auch umgesetzt wird. Ein wöchentlich abgehaltenes Training genügt und es darf kein Gewinn erwirtschaftet werden. Erst wenn es darum geht, weitere Fördergelder zu erhalten, müssten Vereinsmitglieder freiwillig Trainerscheine machen und Seminare besuchen.

Es gibt sie wirklich, ich sage mal Stammtisch – Tauchclubs, für die das wöchentliche Treffen im Hallenbad nur noch einen feucht sozialen aber keinen sportlichen Hintergrund mehr hat. Wenn es für den Gedankenaustausch mit anderen Clubmitgliedern besonders warm und bequem sein soll, trifft man sich ohnehin nur sitzend im Kinderbecken und danach zum Weißbier am Stammtisch. Dort haben bereits jene, die schon lange keine Flosse mehr am Fuß hatten, ein wenig vorgeglüht. Das Wort „Tauchen“ fällt bei den Gesprächen in fröhlicher Vereinsrunde eher zufällig.

Es geht aber auch anders. Das hat mich total berührt. Da gibt es den Tauchsportclub Delphin Kirchseeon, wie sollte es anders sein, da gehörte ich auch schon zu den ganz frühen Mitgliedern. Und die Kirchseeoner haben uns – meiner Apnoe Passion Buddy Petra und mir – im Trainingsbecken, das wir uns teilen, gezeigt, was da mit Jugendarbeit abgeht. Wir verneigen uns vor dieser großartigen Leistung von Martin, dem dafür zuständigen Trainer.

Und dann hatte ich die großartige Aufgabe meine Apnoe TL Buddy bei einer ganz besonderen Aufgabe zu unterstützen. Vater und neunjährige Tochter sollten dem Thema Freitauchen bzw. Schnorcheln nahe gebracht werden. Das kann aber nur getrennt erfolgen. Ich übernahm den Part, die wundervolle Jungnixe in alle „Geheimnisse“ des Schnorcheltauchens im Umfeld der ihrem Alter angepassten Regeln einzuweihen. Was soll ich sagen? Es hat uns total Spaß gemacht und ich bin mir sicher, dass Vater und Tochter dem Wasser, dem Schnorcheln und dem Freitauchen treu bleiben werden.

Ganz ehrlich, ich bin kein hipper Youngster, der sich mit Insta – Stories oder als Blogger die Jahresringe abschält. Ich bin über 60, kenne die Tauchszene aus all ihren Winkeln, und so kann ich mir auch erlauben, die Finger in offene Wunden der Szene zu legen, um die sich kein Arzt kümmert.

Einen Arzt bräuchte auch die Gemeinde Kirchseeon, die nach 50 Jahren das Hallenbad, Mittelpunkt vieler Vereine, der Wasserwacht, dem Tauchsportclub Kirchseeon und Freizeitsportler aus der Region die Türe nach 50 Jahren für immer zusperrt, weil Sanierungskosten in Höhe von 8 Millionen Euro fehlen. Einfach unglaublich.

Das Problem hat die Gemeinde Jahr für Jahr verschoben, mal ein paar kleine Reparaturen durchführen lassen, die lange bekannte Angelegenheit unter den Tisch gekehrt. Die Gemeinde demonstriert genau das, was die Kommunen, ihre öffentlichen Aufgaben außer Acht lassend, immer nur als Klotz am Bein Empfinden: Den Betrieb eines Hallenbads.

Wie viele in Coronazeiten keinen Schwimmunterricht bekamen, wie viele jetzt außen vor stehen, wie viele Badetote es bereits in dieser Saison gab, das zählt nicht. Wassersport, Tauchsport muss um seine Position und Wahrnehmung erbittert kämpfen. Wo bleiben da vergleichbar adäquate Fördermittel wie für e-Mobil Ladestationen, Windräder und Solarparks?

Ich habe ein ganz besonderes Bild für dieses Editorial ausgesucht, es ist meine ABC – Ausbildungspartnerin und ich denke, jeder kann erkennen, wie viel Spaß es ihr machte. Und solche Bilder würde ich gerne noch viele mehr sehen. Hier ist eine Wende hin zur Kinder- und Jugendarbeit dringend erforderlich.

 

Herzlichst,

ihr

Michael Goldschmidt