Noch vor einem Jahrzehnt wiesen Wissenschaftler darauf hin, dass Mangroven schneller verloren gehen als fast jedes andere Ökosystem, einschließlich der Korallenriffe und tropischen Regenwälder.
Ein internationales Team von mehr als 20 Forschern unter der Leitung der Nationalen Universität Singapur sieht nun aber Grund für einen gewissen Optimismus, da der globale Verlust der Mangrovenwälder weniger alarmierend ist als zuvor angenommen. Wurde die weltweite Verlustrate bisher auf ein bis drei Prozent pro Jahr geschätzt, zeichnet ihre Studie nun ein anderes Bild.
So ist der Mangrovenschwund innerhalb der letzten 20 Jahre auf 0,3 bis 0,6 Prozent pro Jahr zurückgegangen. Zu der Studie, die jetzt im Fachjournal Current Biology veröffentlicht wurde, trugen auch zwei Wissenschaftler des Leibniz-Zentrums für Marine Tropenforschung (ZMT) bei: der Biogeochemiker Dr. Tim Jennerjahn und der Mangrovenökologe Guilherme Abuchahla.
Mangrovenwälder kommen an den Küsten von mehr als 100 Ländern vor und haben große Bedeutung für den Menschen und die angrenzenden Ökosysteme. Sie bieten Schutz vor Küstenerosion und Stürmen, fangen als Filter Umweltgifte und Sediment ab, binden große Mengen an Kohlenstoffdioxid, dienen als Kinderstube für unzählige Fisch- und Garnelenarten und versorgen Millionen von Menschen mit Brennholz, Baumaterial und Nahrungsmitteln.
Diese Ökosystemleistungen sind erst durch entsprechende Forschung in den letzten zwei Jahrzehnten deutlich geworden, was zu einem größeren öffentlichen und staatlichen Bewusstsein für ihren Wert und zu mehr Investitionen und Schutzmaßnahmen vor Ort geführt hat. Insbesondere die Funktion der Mangrovenwälder für den Kohlenstoffkreislauf und die Folgen des Tsunami von 2004 haben Mangroven mehr Aufmerksamkeit beschert.
„So wurden beispielsweise im Senegal die Regionen Casamance und Sine-Saloum mit rund 79 Millionen Mangrovenbäumen aufgeforstet“, erklärt Guilherme Abuchahla. „Die kombinierte private und öffentliche Initiative zielt darauf ab, die Biodiversität der Gebiete sowie wertvolle Ackerflächen im Hinterland zu schützen. Man rechnet damit, dass diese Mangroven in den nächsten Jahren Tausende Tonnen Kohlenstoff speichern werden.“
Sehr erfolgreich ist auch der Schutz der Mangroven in Brasilien. Sämtliche Mangrovenwälder – das sind 1.400.000 Quadratkilometer – haben seit 1965 den Status eines vollständig geschützten Gebietes und befinden sich in 117 Naturschutzgebieten entlang der Küste des Landes. Technische Entwicklungen in der Fernerkundung erleichtern es mittlerweile, Flächenausdehnung, Raubbau und andere Störfaktoren zu erkennen.
Dennoch bedarf es großer Anstrengungen, um den positiven Trend fortzusetzen. Das Forscherteam stellte fest, dass die Mangroven weiterhin durch Aquakultur, Landwirtschaft und Stadtentwicklung in der ganzen Welt bedroht sind. Ein traditioneller Brennpunkt der Mangrovenabholzung ist Südostasien, wo Aquakulturanlagen und Reisfelder weite Küstengebiete säumen.
Häufig scheitern Projekte zur Rehabilitation von Mangroven, weil wichtige ökologische Voraussetzungen ignoriert werden. So werden etwa Mangroven an Standorten angepflanzt, die starken Strömungen ausgesetzt oder aus anderen Gründen ungeeignet sind. Oft werden auch wenig stressresistente Monokulturen angelegt oder Arten ausgebracht, die nicht einheimisch sind, invasiv werden und zu massiven ökologischen Problemen führen können.
„Ein Beispiel sind die Philippinen“, so Guilherme Abuchahla, „Anfang der 2000er Jahre scheiterten dort die meisten Versuche, eine Fläche von 23.000 Hektar mit Mangroven zu bepflanzen. Hunderte Millionen Setzlinge wurden auf Wattflächen oder in Seegraswiesen ausgebracht. Das sind aber Lebensräume, in denen Mangroven nicht gedeihen können.“
Und dennoch: „Forschung zu Mangroven und Erkenntnisgewinn haben in den vergangenen zwei Jahrzehnten an Qualität und Quantität erheblich zugenommen“, ergänzt Tim Jennerjahn vom ZMT. „Damit verbunden ist eine Schärfung des Bewusstseins in Politik und Gesellschaft, sie lässt darauf hoffen, dass uns diese wertvollen Ökosysteme der tropischen Küsten noch lange erhalten bleiben.“
Susanne Eickhoff