Liebe Leserinnen und Leser,
immer wieder einmal beschleicht mich die Frage, ob ich mit dem Wissen von heute nochmals den Weg quer durch die Tauchsportausbildungen einschlagen würde, von der Grundausbildung bis hin zu den höchsten Weihen des Mischgastauchens, vom Schnorcheln bis hin zum engagierten Freitauchen. Und weiter dann zum Tauchsportjournalismus und nicht zuletzt zum eigenen Tauchsportmagazin – gegründet 1999.
Unselbstkritische Fatalisten neigen dazu, jahrzehntelang auf eine Frage, die alles im ersten Absatz zusammenfasst, zu antworten: Ich bereue nichts und würde es wieder tun.
Ich differenziere jedoch. Denn ich habe über viele Jahre zur Kenntnis nehmen müssen, was im wahrsten Sinne des Wortes alles verwässert wurde, in den Ausbildungsgrundlagen verdünnt, die bestandenen Brevetstufen in den einzelnen Schülern nur noch für 5 Minuten ein Hochgefühl erzeugen, grad so lang, wie das Foto von ihnen für die Tauchschulwerbung in FB zur Aufnahme dauerte. Hauptsache, dass die Plastikkarte, die einen – eine „als ausgebildeten Taucher“ ausweist, neben der Punktekarte für den Einkauf bei EDEKA oder REWE im Geldbeutel steckt. Und die Rabattkarten werden fast täglich vorgelegt. Und die anderen?
Weil mittlerweile über Jahre gesehen die meisten Ausbildungsverbände preislich wie auch in den Inhalten kaum mehr ein psychologisches Feedback erzeugen, das einem wohlverdienten Erfolgserlebnis gleich kommt, wird eine OWD Ausbildung schlicht abgehakt und gut is. Weitermachen? Warum? Die Karte steckt doch in der Tasche mit lebenslanger Gültigkeit.
In wichtigen Bereichen ist die Wertigkeit eines Produkts – einer Sporttauchausbildung – nahezu vernichtet worden. Die „großen“ Verbände haben schon lange einen Wirtschaftskrieg gegeneinander auf den Weg gebracht: Wer brevetiert mehr und nimmt weniger Geld. Sie interessieren sich nur für Marktanteile und nicht für die einzelne Taucherin, den einzelnen Taucher, die tatsächlich hier noch gewillt sind, den Kopf für mehr als eine Minute unter Wasser zu stecken.
Und die, die wirklich weitere Ausbildungsstufen absolvieren wollen, sind die Nuggets in der Szene. Diese wenigen hatten schon vorher ein klares Ziel. Die vielen anderen, by the way ausgebildeten wurden einfach so wieder in ihre trockene Welt entlassen. Nicht weitergehend motiviert, eine kaufmännische Bankrotterklärung für die so verfahrende Tauchschule.
Wieder so ein elitärer Pinkel, könnte jetzt auf den Bildschirm gerichtet kommentiert werden. Gut, der Bildschirm hälts aus, eMail Feedbacks kämen aber gut an bei readaktion@unterwasserwelt.de
Wo führt es hin, wie wird es weitergehen? Covid hin, Putin her und Lauterbach in den Keller, ich sehe Deutschland seit über zwei Jahren unter einer Psychoglocke, die nahezu alle geschäftlichen Kontakte in der Tauchsportszene kaum mehr erreichbar macht. Die maßlosen Versäumnisse im Marketing führender Labels seit 2020 offenbaren sich als unglaubliches Versteckspiel hinsichtlich Vorstellung neuer Produkte und Kommunikation mit den Marketingbeauftragten.
Und, viel schlimmer, wirklich verlässlich getroffene Vereinbarungen mit verschiedenen Marketingbeauftragten sind stillschweigend hinfällig geworden. Aktuelles Szenario in diesen Fällen: Nach wochenlangen Versuchen, die Ansprechpartner wie vereinbart telefonisch zu erreichen, erfährt man auf Umwegen, dass diese nicht mehr im Unternehmen tätig seien.
Und da spreche ich nicht nur von kleinen Labeln. Hier bleiben Sie liebe Leserinnen und Leser auf der Strecke, da Sie keine Informationen mehr bekommen, zu Produkten des Tauchsportmarkts rundum.
Vor ein paar Jahren galt noch ein Wort, wurde das über lange Zeit aufgebaute vertrauensvolle Verhältnis in der Tauchsportszene gepflegt und umgesetzt. Heute? Ja, da gibt es noch einige wichtige und wunderbarer Partner, mit denen wir für Sie liebe Leserinnen und Leser gerne zusammenarbeiten. Andere Partner sind grad nur wundersam. Aber wie sagte schon meine Großmutter: Dem einzigen, dem du hinterherlaufen solltest, ist der Bus….
Nein, ich habe meine Eingangsfrage nicht aus dem Blick verloren. Gehe ich von meinem tiefen Wunsch aus, die Welt unter Wasser zu meiner zu machen wie 1987, wäre ich auch noch heute dabei. Und ich hätte alle Weiterbildungen am Schirm.
Anderes würde ich anders machen, gerade im Hinblick auf den stets hinterherschleichenden Dank, der einen nie einholt. Da hat unser Magazin in den chaotischen Covidzeiten 2020 einigen Labels über einen gewissen Zeitraum kostenlose Inserate gesponsert.
Was soll ich sagen. Blöd gelaufen. Kommt nicht mehr vor.
Herzliche Grüße, Ihr
Michael Goldschmidt