Editorial März 2023

Starke Trendwende beim einst sehr beliebten Hobby Unterwasserfotografie

Unterwasserfotografie, editorial
Quelle FB

Liebe Leserinnen und Leser,

über Jahrzehnte war das Thema Unterwasserfotografie ein fester Bestandteil in den Tauchsportmagazinen. Nicht immer brillante aber immerhin das Taucherherz berührende Abbildungen der Unterwasserwelt waren monatlich redaktionell fest eingeplante Magazininhalte. Ein Muss sozusagen. Wer sich für das Thema interessierte? Es wurde einfach unterstellt, dass es viele Leser interessieren würde. Punkt.

Da gab es dann zwei Arten von freien Autoren, keiner auch nur ansatzweise ausgebildeter Fotograf, die das Thema zu Papier brachten, gerne und erwünscht begleitet von selbst produzierten Bildern.

Die Langweiler waren jene, die sich im Kern ingenieurhaft detailliert mit dem Unterwassergehäuse, dem Domeport oder Blitzgerät befassten, den Sitz jeder Schraube analysierten und in jedem dritten Satz zum Ausdruck brachten, dass sie das alles besser gemacht hätten. Hätten. Haben sie aber nicht.

Dann gabs die Amateurpraktiker, die wenigstens das Handling der Gehäuse im Fokus hatten, wie die darin platzierte Kamera bedient werden kann und was gemessen am technischen Bildoutput die Ports vor den Kameraobjektiven taugen. Und wichtig: Ob das Teil seinen nicht gerade geringen Preis wert sei.

Natürlich wanzte sich der eine oder andere Autor bei einem der Hersteller an, um selbstlos für sich selbst ein Gehäuse gesponsert zu bekommen, was objektiv betrachtet die Objektivität des Autors natürlich neutralisierte. Und deshalb flog seinerzeit auch ein Autor aus unserer Redaktion, der den Bogen überspannt hatte. Die feste Rubrik Unterwasserfotografie wurde nach ihrer lange stark betonten inhaltlichen Gewichtung deutlich erleichtert.

Offen gestanden war diese Entscheidung kein k.o. für unsere Redaktion, denn für ein Onlinemedium ist es technisch einfach zu ermitteln, wo die Leserinteressen wirklich liegen. Und da war das Thema Unterwasserfotografie noch nicht einmal im unteren Mittelfeld zu finden.

Auch die Messe boot hat verstanden, dass in den letzten Jahren mit der Water Pixel World eher ein totes Pferd geritten wurde. Man glaubte immer noch, dass das Interesse am Thema Unterwasserfotografie groß und magisch sei. Die für Vorträge engagierten Referenten, Kurt Amsler dabei als einziger ausgebildeter Fotograf, agierten vor äußerst dünn besetzten Stuhlreihen, wobei zu bemerken ist, dass viele der wenigen sich nur einmal setzen wollten zur Erholung der messemüden Gehwerkzeuge.

Während bis vor Corona noch einige UW-Gehäuse Hersteller, die hochpreisigen hatten immer schon ihr Nest in Austria – liegts an Hans Hass? – entweder mit einem schwarzen Loch die Interessenten ansogen oder mit einem monumentalen Standbauwerk, sich selbst überhöhend, um Aufmerksamkeit heischend zelebrierten, 2023 war Schluss mit lustig.

Auf der Bühne am Tauchturm gabs rührende Versuche von Menschen, die seit vielen Jahren von Tauchreisveranstaltern gesponsert ihre Unterwasserkamerasysteme in tropische oder arktische Gewässer einbringen durften, mäßig bis uninteressierten Ruhesuchenden Grundlagen der Unterwasserfotografie zu vermitteln. Sie taten mir leid. Sie hätten es aber auch wissen müssen. Der Zug ist abgefahren.

Da gibt es schon lange kein spürbares Verlangen mehr, sich selbst fotografisch dem anzunähern, was in Hochglanzveröffentlichungen von Makro bis Wrack konsumiert werden kann. Die meisten Fotos werden weltweit mit Smartphones gemacht in zumindest technisch immer bestechenderer Qualität. Und wer heute über sich hinauswachsen will, der nimmt eine Actioncam mit unter Wasser. Im Videomodus, 4k Auflösung, ein Standbild via Software auf dem Rechner extrahiert, das erfüllt die modernen Ansprüche persönlicher digitaler Erinnerungen vollauf. Für weniger als 5% dessen, was man für ein anspruchsvolles UW-Fotoequipment auf den Tisch legen müsste. Da gibt es also keinen Ehrgeiz mehr, Geiz ist geil und Ehre ist auch so ein hinterherschleichendes Ethikmodul wie der Dank.

Ein seit 1990 produzierendes deutsches Label für UW-Gehäuse musste zum 31.12.22 endgültig die Segel streichen, dazu unsere Meldung im Magazin.

Ach ja, das Thema Übergepäck wegen des bleischweren UW-Fotoequipments ist auch neutralisiert. Die neue Leichtigkeit beim Start in den Tauchurlaub.

Und, naja, da gibt’s auch noch eine Sparte, die das Zeitalter Actioncam wirtschaftlich nicht gut heißen kann: Die auf Unterwasserkamerasysteme spezialisierten Versicherer. Da gibt es nur ganz wenige, eben wie auch Gehäusebauer. Kann ein Produkt, das Schäden von 5, 10 oder mehr Tausend Euro im Versicherungsfall reguliert, wirtschaftlich akzeptabel noch angeboten werden? Das wird langsam schwierig.

 

Herzliche Grüße,

Ihr

Michael Goldschmidt

 

Echte Unterwasserfotografie sehen Sie hier