Editorial Mai 2024

Neue Wege finden

Editorial

Liebe Leserinnen und Leser,

so titelte heute die Abendzeitung in München: Touristen-Wut bei Einheimischen immer größer: „Da hilft nur hartes Durchgreifen“

Man könnte meinen, das Thema wäre weit weg und käme frühestens in Venedig mit dem neuen Eintrittsgeld von € 5,00 für Tagestouristen zum Tragen. Aber Barcelona nimmt schon seit Jahren gutes Geld aus dem Geldbeutel der Touristen. Auf den Kanaren wird heftig gegen die immer weiter steigende touristische Überflutung protestiert, auch Mallorca wehrt sich und das einst in den Sommermonaten nur moderat besuchte Rovinji in Kroatien stöhnt unter den mittlerweile ausufernden Touristenströmen. Dort finden Einheimische keine Wohnung mehr, weil lieber an Urlauber vermietet wird und Baugrund ist im Umkreis der Stadt für die dortige Bevölkerung unbezahlbar geworden, weil betuchte EU-Bürger ihre Ferienvillen mit Blick aufs Meer bauen lassen.

Studien zählen inzwischen global mehr als 100 Destinationen, in denen es wegen eines zu großen Ansturms von Touristen zu Problemen bis hin zu scharfen Protesten der Einheimischen kommt.

Schauen wir auf Bayern, hier ist unsere Redaktion zuhause, auch am Walchensee und Tegernsee gab es diese Proteste. Die Proteste richten sich nicht gegen die Touristen an sich, sondern gegen zu viele Touristen. Während der Tegernsee für Sporttaucher eher eine untergeordnete Rolle spielt, sieht es beim Walchensee ganz anders aus. Mittlerweile muss von Tagestouristen pro Kopf eine Kurabgabe von € 2,00 bezahlt werden, dazu kommt eine Parkgebühr von € 6,00. Auf dem Plan steht aktuell zudem die Schließung der ohnehin sehr speziellen Parkfläche Kirchelwand am Einstieg „Galerie“ zwischen Ufer und Steinschlagverbauung.

Dass Taucher einen messbaren Anteil am nunmehr streng regulierten Touristenstrom hätten, ist nicht der Fall. Dazu zählen eher Windsurfer, Angler, Bergwanderer und die am liebsten motorisiert aktiven Mountainbiker in großer Zahl. Nicht zu übersehen, die Menge der Wohnmobile, die den doppelten Parkraum verbrauchen, wie Gäste mit PKW´ s.  Da lohnt sich das Ausweichen zu den Tauchplätzen entlang der mautpflichtigen Privatstraße am gegenüber liegendem Ufer, da geht es eh ruhiger zu.

Ich muss aber auch sagen, dass Taucher mittlerweile ziemlich einfallslos geworden sind, geht es um die Planung ihres Urlaubs. Weg von Europa ist die Überschrift für die allermeisten. Ägypten, Indonesien, Thailand, Philippinen, Malediven. Irgendwie total eingefahren. Je asiatischer es wird, um so mehr Reisezeit muss vom Urlaub abgezogen werden.

Lese ich dann vielfach in FB, wie erschöpft aber „glücklich“ man nach 48 – 56 Stunden am Ziel angekommen ist, muss ich sagen, da fehlt mir der Zugang. Um vor Ort erst einmal wieder tauchtauglich auf die Beine zu kommen, vergeht auch noch einige Zeit. Drei Flossenschläge später geht’s dann schon wieder zurück. Die Reise wird auch nicht kürzer, Jetlag kommt dazu, nach einer Woche hat man wieder einigermaßen die Füße auf dem Boden und ist urlaubsreifer als zuvor.

Oder habe ich was verpasst? Schmückt man sich mittlerweile damit, wie lang und strapaziös die An- und Abreise war? Könnte sein, denn Palmen, weißer Sandstrand und bunte Fischchen ziehen mittlerweile nicht mehr so, um Anerkennung zu erheischen. Die sozialen Medien sind voll davon.

Ich war vor ein paar Wochen wieder in Schottland. Und diesmal auf der Isle of Skye. Es war abermals einfach überwältigend. Die freundlichen Menschen, die grandiose Natur, das Meer. Ich bin seit 40 Jahren ein Fan von Schottland, das ja irgendwie vor unserer Haustüre liegt. Taucherisch ist Schottland und die Isle of Skye für uns ein großer weißer Fleck auf der Karte. Doch es gibt eine Reihe von Tauchbasen, die den Zugang in die unberührten Tiefen des Atlantiks kompetent ermöglichen. Nachdem sich zu Zeiten von Corona viele einen neuen Trockentauchanzug gönnten, wäre es ein guter Anlass, ihn hier wieder anzuziehen.

Sicher, es ist von der Anreise ein wenig aufwändiger, als mal eben nach Hurghada zu jetten, aber in längstens drei Stunden ist man in Edinburgh und von dort mit dem Auto weiter durch die atemberaubenden Highlands über die Brücke auf die Isle of Skye. Dabei ist man oft nahe an den Schauplätzen der Harry Potter Filme. Und die vielen Sehenswürdigkeiten am Weg, unbeschreiblich.

Gut, wenn man sich die Zeit nimmt, die Highlands, Lochs und Castles am Weg ganz entspannt anzuschauen und zu genießen, kann die Anreise bis zum Ziel auf der Insel auch so lang sein, wie die endlosen Flüge nach Asien. Aber, sie haben dann wirklich was gesehen, erlebt, ins Herz geschlossen.

 

Viele Grüße in den Mai, Ihr

Michael Goldschmidt