Editorial Juni 2020

Liebe Leserinnen und Leser,

geht es Ihnen auch so? Heute ist der 1. Juni 2020 und irgendwie fühlt man sich so, als sei noch März. Die Zeit wurde angehalten, das ganz normale Leben auf den Kopf gestellt, es bewegte sich kaum noch etwas. Statt klarer Ansagen gab es von der Politik über Wochen verschleppt vage Äußerungen, nichts war konkret – vieles ist es auch bis jetzt nicht. Hätte ich in der Schule so gehandelt, hätte es geheißen: Goldschmidt, setzen, Note 6.

Seit Jahrzehnten bin ich von allen Seiten mit dem Tauchsport verbunden. Und ich weiß, wie zerbrechlich die Tauchsportszene wirklich ist. Über Versäumnisse der produzierend wie verteilend tätigen Teilhaber der Szene möchte ich mich nicht mehr auslassen, da habe ich viele Jahre versucht Input zu platzieren, die Attraktivität des Tauchens im Erscheinungsbild und Wohlgefühl wieder zu erhöhen, jüngere anzusprechen und zu begeistern.

Fakt ist, die Tauchsportszene wird von Corona Risikogruppen getragen.

Hey Alter, schmeiß mal meinen Schnorchel rüber – ein Satz, der an Tauchplätzen in allen Details mittlerweile stimmig ist, geht’s ums Tauchen.

Ich habe mal recherchiert, das ist ja wohl das Geringste, was ein Journalist tun sollte. Mich trieb die Frage um – da war und bin ich nicht allein –  gibt es eine Messe boot 2021?

Es kam zu einem sehr langen Telefonat mit dem Direktor der boot, Petros Michelidakis. Nicht unser erstes Telefonmeeting, seit er diese Position innehat.

Er  brachte zum Ausdruck, dass aus Sicht der Messe, was natürlich auch die Realität bestätigt, die gesamte Tauchsportszene von  Umsatzgenerierung im Tauchsportreisemarkt abhängig ist. Keine Reisen, keine Neuanschaffungen, keine Ausbildungen (überwiegend ohnehin nicht in Deutschland, Österreich oder der Schweiz). Das ist eine klare Erkenntnis.

So zerbrechlich ist die Tauchsportszene hier.

Um es an dieser Stelle abzukürzen, eine boot 2021 wird es geben, ein Ereignis, auf das man sich wenigstens jetzt schon freuen darf. Nachdenklich bin ich natürlich zusammen mit Petros Michelidakis, wer diese weltweite Krise nicht zu überstehen in der Lage sein wird, denn im Tauchsport und allen relevanten Segmenten wurde nicht ohne Ende Geld gescheffelt.

Und dann fallen uns noch die Politiker, die sich meist nur noch beim Duschen nass machen in den Rücken und mit trockenen Händen ihre gesicherten und automatisch steigenden Summen ihr monatliches Salär einstreichen. Fitnesscenter dürfen jetzt wieder öffnen, Hallenbäder bleiben zu. Cool.

In einem Facebooktweet habe ich das kritisiert und bekam gleich eine Abfuhr, ich soll mich nicht so haben, Freibäder werden ja geöffnet.

Freibäder, das ist schön. Tauchclubs, ich bin in zwei Clubs Mitglied in München, schauen für ihre Trainingsmöglichkeiten seit März in die Röhre und da ist kein Licht am Ende des Tunnels.

Wo ist da der BLTV, der VDST? Schockstarre? Uninteressiert? Wird schon – irgendwann?

Ich habe wirklich erwartet, dass der stets vollmundig auftretende VDST mit seinen kräftig auf die eigene Brust klopfenden Funktionären was auf den Weg bringen würde. Aber einen dicken Max im VDST Stand auf der Messe boot markieren und den Rest des Jahres der Realität in sich gekehrt den Rücken zuwenden, das macht mich schlicht wütend. Das ist aber auch nicht neu. Ich  fühle mich,  da fühlen sich viele Tausende in Vereinen organisierte Taucher wortlos im Stich gelassen.

 

Herzliche Grüße in den Juni 2020 und denken Sie einmal nach, wo Sie hätten Druck machen können, um wieder im Hallenbad zu trainieren….

 

Michael Goldschmidt