Editorial Juni 2023

Die Teuerung macht auch im Umfeld des bedarfs für technische Taucher nicht halt

Liebe Leserinnen und Leser,

in diesem Juni werde ich erstmals seit 2019 wieder eine Reportagereise nach Ägypten machen, zum Rebreather Event von ORCA Dive Clubs in Safaga. Dieser Event musste wie vieles andere auch drei Jahre pausieren. Er hat in der Kreislaufszene mittlerweile Kultstatus, denn es gibt weltweit nur wenige Tauchbasen, die für Rebreathertaucher eine so ausgeklügelte Logistik zur Verfügung stellen, von Bailoutgasen- und Flaschen, Kalk, Leihgeräten, technischem Service und Vor- und Nachbereitungsplätzen für die pflegeintensiven Geräte.

Schleppen ist bei ORCA kein Thema, auf fahrbaren Metalltischen kommen die Rebreather von der Basis aufs Boot und wieder zurück, verbleiben dort für alle Servicemaßnahmen vor und nach dem Einsatz, zum Spülen wird ein elektrischer Portalkran eingesetzt, der die Kreisel ins Spülbecken hebt, das alles ist fast schon Luxus, aber Volker Clausen, der CO von ORCA Dive Clubs ist selbst begeisterter Kreislauftaucher und mit zwei Begleitern Rekordhalter für den tiefsten Tauchgang mit Rebreather.

Bei 5 Rebreather Events „Silent week“ war ich bereits dabei, die Stories dazu sind hier im Magazin nachzulesen (ORCA Rebreather Event in der Suche eingeben). Also ist das Thema nicht neu für mich. Neu ist die lange Pause von 5 Jahren und da gibt es einige Probleme, die so nie erwartbar waren. Und die trifft das Herz der Kreislaufgeräte, die Absorption des CO2 der ausgeatmeten Luft, damit diese, quasi recycelt, wieder eingeatmet werden kann.

Der Atemkalk ist auf dem Weltmarkt knapp geworden, ehemals kurzfristige Lieferzeiten sind mittlerweile in einen Erwartungszeitraum von 6 Monaten verschoben worden und ob dann die Bestellung auch bedient werden wird, ist nicht wirklich sicher. Wenn sich eine Ware verknappt, steigen parallel deutlich die Preise, alte Regel.

OK, wer sich das Hobby mit einem Kreislaufgerät zu tauchen leistet, der hat am Anfang eine andere Kostenblase vor Augen als ein technischer Taucher mit offenem Kreislauf, also mit Flaschen. Bislang trösteten sich die Rebreathertaucher ob der hohen Kosten fürs Gerät und der Ausbildung mit dem Hinweis darauf, dass für Tauchgänge unter die 40 Meter Marke die Menge des zuzumischenden Heliums wesentlich geringer sei, unterm Strich wären solche Tauchgänge langfristig also viel billiger.

Jetzt sieht das für die Kreiseltaucher nicht mehr so rosig aus, erstmal Kalk bekommen, dann spürbar tiefer in die Tasche greifen und Helium hat sich langsam in ein vergoldetes Gas verwandelt, hier sind die Preise praktisch durch die Decke gegangen.

Was mich insgesamt sehr nachdenklich macht, sind die Gedanken an jene „preisbewussten oder nur sparsamen“ Kreiseltaucher, die es immer schon gab und die die Standzeit (zulässige Verbrauchszeit) für den Atemkalk bis an die letzten Grenzen ausloteten. Das haben bereits einige nicht überlebt, denn wenn der CO2 Spiegel im Blut den Vorhang zuzieht, ist das Thema „Geiz ist geil“ durch und den Rest müssen dann wieder mal Rettungsmannschaften erledigen, die nichts mehr retten können.

CO2 ist ein – dessen muss man sich auch einmal bewusst werden –  Apnoe- und Rebreathertaucher verbindendes Thema. Nur, Freitaucher erfahren in ihrer Ausbildung und im Rahmen ihrer Aktivitäten die Grenzen und wenn einmal eine Grenze überschritten wird, ist sofort ein Sicherungstaucher zur Stelle. Und alles geht gut aus. Dieser „Luxus“ ist Kreislauftauchern nicht zugänglich.

Vielleicht sollten Rebreathertaucher erst einmal eine Freitauchausbildung machen? Schaden könnte es sicher nicht.

 

Herzliche Grüße,

Ihr

Michael Goldschmidt