Die Wasserwacht von Neuburg an der Donau fieberte seit 36 Monaten diesem großen Ereignis entgegen, das jährlich bereits 51 Mal stattfand, dem Donauschwimmen. Es fing 1970 mit 8 Teilnehmern eigentlich ganz harmlos an und war auch nicht international, eigentlich auf den Ort begrenzt. Jährlich wurden es mehr, die daran teilnehmen wollten, bis die Anmeldungen auf 2400 begrenzt werden mussten, denn mehr hätte organisatorisch nicht gestemmt werden können. Dieses Jahr waltete noch die Vorsicht und wer sich rechtzeitig anmeldete, gehörte zu den fast 1200 glücklichen Donauschwimmern 2023.
Donauschwimmen Ende Januar, Wassertemperatur 3°C, Sonne nur über den Wolken, was ist der Kick, hier dabei sein zu wollen? Klar, da muss schon eine ausgeprägte Affinität zum Wasser verankert sein, Spaß am Spaß haben, Verrückte/r unter Verrückten zu sein. Wenn in der persönlichen Checkliste diese drei Punkte positiv abgehakt werden, dann geht’s ab nach Neuburg an der Donau, um eventuell vom Alltagsstress überhitzte Kopfprozesse mal richtig herunterzukühlen und letztlich auf Normaltemperatur zu bringen.
Im Kern ist das Donauschwimmen ein Faschingszug auf dem Wasser, aber ohne Kamellenseeligkeit. Einfach dabei sein genügt, aber es werden auch aufwändig gestaltete Flöße mit sozial- und umweltpolitischen Themen auf den Fluss gebracht. Stellvertretend sei die Wasserwacht Weilheim zitiert, deren Motto „Dank Schwimmbadsterben nur noch Trockentraining“ den Nagel auf den Kopf trifft und dabei auch gleichzeitig den vielerorts unmöglich gewordenen Schwimmunterricht für Kinder anprangert.
Aber was geht ab? Eine ganze Menge. Weil 2023 die Teilnehmerzahl auf 1200 begrenzt und am Hallenbad generell ein Parkhaus errichtet worden war, hatten sich einige Wege verkürzt. Anmeldung und gemütliches Frühstück diesmal in der Turnhalle unmittelbar am Hallenbad. Jetzt ist ja nicht zwingend die Qualität der Verköstigung bei solchen Großveranstaltungen ein Thema. Beim Donauschwimmen aber schon. Gut, ich kann nicht für die ernährungstechnischen Randgruppen sprechen, aber die Weißwürste, der Leberkäs, das Gebäck, der Kaffee u.v.m. sind einfach gut. Ich wäre glücklich, wenn ich diese Qualität in den Geschäften nahe der Redaktion auch bekommen könnte.
Gut gefrühstückt der Blick auf die Uhr, um 13:00 Uhr soll das Donauschwimmen beginnen, die bestens organisierten Bus – Shuttles sind für die 4 Kilometer bis zum Einstieg ab 11:00 Uhr bereit. Uns genügt es, einen Bus gegen 12:00 Uhr zu nehmen, wir haben kein großes Gepäck, nur die Freitauchboje und vor Ort wird dann noch die Apnoe – Passion Fahne montiert. Also eine Stunde Zeit, sich in kaltwasserresistente Donauschwimmer zu verwandeln.
Gefragt, was ziehst du denn zum Donauschwimmen an, gibt es eine Antwort aus dem persönlichen Anzugfundus: Auf jeden Fall den Anzug Cressi Ice (7mm, halbtrocken – meistens sogar trocken wg, des Trockenzippers) Unterzieher Lavacore. Bei den Füßlingen wird genommen, was in 7mm Neopren zu haben ist, die Handschuhe sind immer ein spezielles Thema. Dass die Mädels, egal was sie an Händen und Füßen kälteisolierend tragen immer frieren, kann nicht unter den Tisch gekehrt werden. Ist aber auch nicht zu verhindern. Nur die Harten kommen in den Garten.
Rein und wieder raus, das sind eigentlich die Fragen, die das Donauschwimmen ein Stück weit charakterisieren. Am Startpunkt gibt es eine Treppe, deren schmale Stufen aus Naturstein große Aufmerksamkeit abfordern und der Ausstieg 4 Kilometer weiter auch als sportlich umschrieben werden kann. Beim Treppenabstieg helfen sich, wenn erforderlich, die Partner, beim Ausstieg sind, neben den Partnern, Mitglieder der Wasserwacht wirklich nah und hilfreich aktiv.
Das Treiben auf der Donau entspricht dem körperlichen Zustand, man wird getrieben. Getrieben zu sein ist gestern. Donauschwimmen ist, wenn es gut geht, eher ein Donautreiben. Erst einmal aus dem stillen Fahrwasser der Staustufe am Einstieg heraus, das den Flossenantrieb forderte, sich der sanften Strömung hingeben, deren Geschwindigkeit dem Tempo der Spaziergänger am Uferweg entspricht. Wen es nicht friert, empfindet Gemütlichkeit. Mich frierts nicht, aber meine Buddy. Das Handschuh- und Füßlingsyndrom.
Treibend kommen mir ein paar Gedanken in den Kopf. Wien läge am Weg, ließe ich mich einfach treiben, habe da Freunde, die ich lange nicht mehr sah. Großartige Stadt. Aber kalte Donauwellen waschen mir diese Phantasien aus dem Kopf. In Passau hätte ich einiges an Arbeit im Fluss und in Wien wäre ich schließlich nur noch ein Fall für den Hinterhof des Zentralfriedhofs – gewährte man mir dort die Ehre.
Sind es die Böller, die mich zum überschaubaren Donauschwimmen zurückrufen? Das Ziel ist nicht mehr weit weg, die historische Altstadt kommt näher, der Geruch des Würstelgrills auf einem schwimmenden Faschingsfloss macht Hunger. Jetzt säumen viele Hunderte von Zuschauern das Donauufer, die Brücke, unter der wir hindurchtreiben, signalisiert das nahe Ende der lustigen und wunderbar organisierten Veranstaltung in der Donau.
Mit Apnoe Passion hat die Redaktion UnterWasserWelt einen eigenen Bojenpunkt beim Donauschwimmen gesetzt. Petra war wieder dabei, Peter, der das vor vielen Jahren überhaupt ins Rollen brachte sowieso und Michael hat nun „schon“ zwei Donauschwimmen mitgemacht. Insgesamt: Was läuft 2024???
Petra Ney, Michael Goldschmidt
Michael Goldschmidt