Wir haben uns vorgenommen ein gemütliches Spätsommer – Wochenende an der Ostsee zu verbringen. Natürlich drängt sich bei mir sofort der Wunsch nach einem Wracktauchgang in der Ostsee auf. Wo gibt es eine gemütliche Unterkunft, gute Restaurants und Wracktauchen an einem Ort, der nicht all zu weit entfernt ist? Nach diesen Kriterien suchte ich im Internet zunächst erfolglos nach entsprechenden Möglichkeiten.
Dann fand ich die Webadresse https://www.tauchenostsee.de/ des Tauchsportzentrums-Timmendorfer Strand. Die Tauchbasis liegt direkt zwischen Timmendorfer Strand und dem Kurort Scharbeutz am Strand der Lübecker Bucht und bietet Wracktauchgänge vom Schlauchboot oder Kutter sowie Tauchgänge vom Strand aus an. Telefonisch wird mir erklärt, dass noch keine Buchungen vorliegen, man jedoch auch mit 2 Tauchern hinausfahren würde (wo sonst gibt es so etwas?). Eine schöne Unterkunft direkt in Scharbeutz ist dank Internet auch bald gefunden und reserviert.
So finden wir uns am Samstag morgen an der Tauchbasis des Tauchsportzentrums – Timmendorfer Strand ein, die direkt neben der Ostseetherme liegt. Nachdem uns die sehr gut ausgestattete Tauchbasis und der Tauchbetrieb gezeigt und erklärt worden sind, dürfen wir dann auswählen, an welchem der nahegelegenen Wracks wir zuerst tauchen möchten. Wir entscheiden uns für das Wrack des Schiffes Lotsenkommandant Krause, da dieses Wrack tiefer liegt als die Holstentor, die wir am Nachmittag betauchen wollen.
Nach einer rasanten Fahrt im Schlauchboot, mit zwei weiteren Tauchern an Bord, wird das Wrack mittels Echolot nach 1-2 Minuten lokalisiert und der Anker geworfen. Mit einer Rolle rückwärts geht es dann in die angenehm temperierten Fluten der Ostsee (Oberflächentemperatur um 20 Grad). Die Sichtweite beim Abstieg am Ankerseil beträgt nur knapp drei Meter im giftgrünen Wasser, bis wir kurz über dem Wrack, auf etwa 16 Metern Tiefe, durch eine Sprungschicht tauchen. Die Sichtweite wächst auf fast 10 Meter an, wahrend die Temperatur auf etwa 14 Grad abfällt. Vor uns liegen die von der Marine zersprengten Reste der Lotsenkommandant Krause. Die Wrackteile sind mit dunklen Sedimenten überzogen, auf denen kleine Seesterne versuchen große Miesmuscheln aufzuhebeln. Auf vielen Erhebungen des Wracks haben Taschenkrebse ihre Position bezogen. Und an einigen Stellen des Wracks sind bunte Seeanemonen zu sehen.
Einige Meter entfernt von den Überresten des Wracks liegen Teile und Rohre eines Dampfkessels. Ein Blick auf den Computer zeigt, dass bald das Limit des Luftvorrats für den Aufstieg erreicht ist. Also geht es zum Auftauchen zurück zum Ankerseil. Am Seil hängen einige Feuerquallen mit ihren meterlangen, stark nesselnden Fäden fest, andere Exemplare treibt die Strömung langsam auf uns zu. Deshalb ist der Aufstieg wie das Schwimmen durch ein Minenfeld: Gut aufpassen und nicht mit diesen Plagegeistern zusammenstoßen.
Am Nachmittag geht es dann hinaus zum Wrack der Holstentor. Das gut erhaltene hölzerne Wrack erinnert in der Form an ein Schnellboot oder Minensuchboot. Die Aufbauten und Maschinen wurden vor der Versenkung entfernt. Beim Hineinleuchten ins Wrackinnere sehe ich einen anderthalb Meter langen Aal, der sofort flieht und in einer dunklen Ecke Zuflucht sucht.
Aufgrund der relativ geringen Maximaltiefe von 13 Metern und der damit besseren Sichtverhältnisse ist das Wrack auch für weniger routinierte Taucher gut geeignet.
Nach zwei Wracktauchgängen und rasanten Schlauchbootfahrten sind wir glücklich und geschafft. Ein Deko – Bier in einem Café und eine Schlemmerrunde beim Italiener beenden diesen schönen Spätsommertag.
Am nächsten Tag beschließen wir, ein Steinfeld etwa 100 – 200 Meter vom Strand an der Tauchbasis entfernt zu erkunden. Neben Schollen, Seesternen, Krebsen, Muscheln, Anemonen und Seerosen gibt es in den benachbarten Seegraswiesen auch Seenadeln zu bewundern. Sogar ein kleiner Seeskorpion kommt mir vor die Linse. Ein schöner Tauchgang für Makrofotographen. Bei den 8 – 9 Metern Tiefe reicht die Luft auch über ein Stunde, sodass man das ganze sehr gemütlich angehen kann. Allerdings sollte man auch hier auf vorbeiziehende Feuerquallen achten. Ein Taucher wird im Gesicht genesselt , was zu einem sehr unangenehmen Brennen führt, das etliche Stunden anhält. Nur gut, dass aufgrund der Kopfhaube und der Maske nur ein kleiner Teil des Gesichtes ungeschützt war.
Ein weiterer Tauchgang am Wrack der Lotsenkommandant Krause rundet dann den kurzen Tauchurlaub ab. Wir werden bestimmt wiederkommen. Es gibt ja noch mehr interessante Wracks in der Gegend, wobei die weiter entfernten mit einem Kutter angefahren werden.
Harald Bolten