Tauchen in der Krise 2020 – am Beispiel Bayern

Desinformation steht über konkreten Fakten

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Zum 16. März 2020 wurden in Bayern die deutschlandweit bislang größten Beschränkungen des öffentlichen und privaten Lebens in Kraft gesetzt. Das betraf zumindest gefühlt auch das Tauchen  jedweder Art. Was wirklich geht und was nicht, wurde nur oberflächlich von oben nach unten kommuniziert. Es blieb kein Spielraum für die Politik, innerhalb weniger Stunden bis auf die dritte Stelle hinter dem Komma deutlich für alle Lebens- und Aktivitätsbereiche zu sagen, was geht und was nicht. Dafür wird normalerweise eine Beratungszeit von einem Jahr und mehr benötigt, bis alle, die ihren Senf dazu abzugeben haben, gehört werden konnten und ein mehrheitlicher Beschluss zustande kam. Aktuell ist das nicht möglich, weil eine Mikrobe die ganze Welt aufmischt.

Masken zu tragen ist für uns Tauchsportler nun eher „Tagesgeschäft“ als völlig neu. Aktuell hat sich das Material der Masken jedoch geändert und sie bedecken nun Mund und Nase, die Augen bleiben frei. Noch ist dieser Selbstschutz in Bayern freiwillig, wird aber im öffentlichen Raum und im Supermarkt, beim Bäcker oder Metzger immer häufiger registriert. Ich selbst zähle auch zu den Vermummten, was zumindest beim ersten Gebrauch im Supermarkt ein Gefühl von „Private Shopping“ vermittelte. Alle anderen Kunden drehten sofort ab, als trüge ich die Schnabelmaske eines mittelalterlichen Pestarztes.

Die Medien kennen kein anderes Thema mehr, es gibt am Beispiel der Süddeutschen Zeitung nahezu keinen Artikel mehr, der nicht in irgendeiner Form eine Verbindung zum Virus herstellt, aus dem Radio tönt nichts anderes und auch das TV ist insgesamt umfassender infiziert als die Bevölkerung Deutschlands. Die einen tun so, als klärten sie auf, die anderen schüren Angst, allen voran der Focus. Denn schlechte Nachrichten sind für eine Zeitung (jeden Medienauftritt) gute Nachrichten, die Leser / Zuschauerzahlen steigen, dementsprechend kann die Werbung in den Medien teurer verkauft werden.

Und anstatt unaufgeregt wirklich für jeden im Land Informationen zu bieten, die sinnvoll sind, blüht die Desinformation und für sich selbst entwickeln sich aus den Bröseln der „Informationen“ unerschütterliche Tatsachen. Eine davon ist, dass das Tauchen aktuell in den Seen Bayerns verboten wäre. Das stimmt nicht. Ich muss zugeben, dass ich hierzu befragt eher unsicher war in meiner Antwort, grundsätzlich aber ein Verbot nicht erkennbar wäre.

An sich hatte der bayerische Innenminister Joachim Herrmann in einem langen Radiointerview am 16. März 2020 auf die Frage, ob man sich denn nach den neuen Ausgangsbeschränkungen noch in der Natur bewegen darf gesagt, natürlich kann man an den See fahren, in die Berge, um dort spazieren zu gehen, unter Einhaltung der Auflagen (Abstandsregelung zwischen den Personen).

Somit war und ist das Tauchen auch nicht negativ reglementiert worden. Das Thema erledigte sich eher von selbst, da die Tauchshops mit ihren Füllstationen geschlossen sind und nur die Wenigsten einen eigenen Kompressor betreiben. Um den momentanen Auflagen einwandfrei gerecht zu werden, gäbe es nur sehr komplizierte Lösungen, um von privat zu privat oder beim Tauchclub Flaschen füllen zu lassen. Die Distanzregelung verbietet diese Kontakte. Außerdem gibt es rechtliche Probleme für Dritte gewerblich ähnlich Flaschen zu füllen, geschieht dies durch einen privat betriebenen Kompressor.

Dass ausgerechnet ein Tauchunfall am Starnberger See in der Sache aufklärend wirkt, ist überraschend. Was war geschehen? Am Samstag 4. April 2020 klagte ein erfahrener und auch als Ausbilder tätiger Sporttaucher nach Beendigung des Tauchgangs über Lähmungserscheinungen und Atemprobleme. Sein Buddy verständigte die Rettungskräfte und der Taucher wurde in die dafür bestens erfahrene Unfallklinik ins nahe Murnau geflogen. Der Tauchgang war in allen Phasen unauffällig und es kann wahrscheinlich von einem vom Tauchen unabhängigen Anlass ausgegangen werden.

Zitat Münchner Merkur: Die Polizeibeamten stellten klar: Die Ausübung von Sport ist auch in Corona-Zeiten zulässig, genau wie rein sportliche Betätigungen auf den Seen. Die Polizei appelliert jedoch  dringend an die Sportler, von ihren Aktivitäten abzusehen.

Das wäre ja nun schon eine Hausnummer. Aber so einfach ist es dennoch nicht. Tauchen heißt Buddyteam, egal ob mit Gerät oder beim Freitauchen. Nur wer im selben Haushalt zusammenlebt, darf dann auch in einem Fahrzeug gemeinsam zum Tauchplatz fahren. Sonst muss man sich eben getrennt mit zwei Autos auf den Weg machen. Wer nicht in einem Haushalt zusammen lebt, muss die Abstandsregeln einhalten. Diesem Buddy den Zipper am Anzug zu schließen oder beim Anziehen des Geräts zu helfen würde zweifelsfrei die Abstandsregelung über Wasser verletzen. Da wird’s eng.

Aber, da jüngst die Parkplätze an den Seen und die Pfade entlang der Ufer (verständlicherweise) von Städtern mehr als ausgelastet worden waren, sind viele Parkplätze aktuell gesperrt, Stege dürfen nicht mehr betreten werden und diverse Promenaden und Uferwege sind….. gesperrt.

Es wird also in Bayern jetzt nur im kleinsten Umfang irgendwelche Tauchaktivitäten geben. Immer abhängig von der Zugangsmöglichkeit zum See und der Gestaltung des Buddyteams. Etwas hoch aufgehängt empfand ich einen Social Media Post einer Wasserwacht in Oberbayern, die den Zwischenfall am Starnberger See gefühlt übertrieben aufbauschte, als wären alle Einsatzkräfte nur noch auf den Kampf gegen ein Virus sprungbereit. Klar haben sie im Gesamtkonzept der in Bayern erlassenen Maßnahmen eine Information bekommen, wie sie eingebunden sind, trotzdem ist die Wasserwacht ihrem Auftrag verpflichtet und kann dem Wasser nicht den Rücken zukehren. Das Leben geht weiter.

Und was hätte der wunderbare bayerische Komiker Karl Valentin (1882 – 1948) zum Tauchen in Bayern gesagt?

Zitat: Wollen hätt ich schon mögen, nur dürfen hab ich mich nicht getraut.

Ach ja, Oberösterreich und Tirol ist für uns wegen der geschlossenen Grenzen unerreichbar und das Ausweichen auf Seen in anderen Bundesländern ist auch nicht möglich. Innerhalb Deutschlands gibt es im Umfeld der Grenzen der Bundesländer Kontrollen. Wer hier kein Berufspendler ist, hat grad schlechte Karten… Und zum nahen Ostern kann man sich da schnell ein dickes Ei ins eigene Nest legen. Leider.

 

  Michael Goldschmidt