s.u.b. Lehrbuch Navigation › Das Tauchen Magazin

Gefühlt ist das Thema Navigation, so es denn während der Tauchsportausbildung ernst genommen wird, eher von gemischten Gefühlen begleitet. Nicht gerade prickelnde Zahlen generieren vertiefende Spezialkurse, die Anwendung, Sinn und Zweck des Kompassgebrauchs unter Wasser vermitteln. Dass Autor Klaus Klink gerade jetzt in viraler Zeit sich intensiv dem Thema Navigation als Buchproduktion widmete, ist dem Lockdown zu verdanken. Die Telefone standen still, Ausbildungen konnten keine gemacht werden, also sich einem Thema widmen, das ohnehin schon länger ganz oben auf der to do Liste stand.

Mit mehr als 2500 Tauchgängen aller Art und Gasmischungen auf dem Buckel, wurde ich tatsächlich erst im Rahmen meiner Ausbildung zum technischen und Trimix Taucher mit dem Thema Navigation ernsthaft konfrontiert. Nach einer intensiven Ausbildungsstunde unter Wasser, die kreuz und quer durch das Tauchgebiet in 20 Meter Tiefe führte, übergab mir mein Ausbilder mit der Frage, wo das Tauchschiff sei die Führungsaufgabe, zurück zu guiden. Und da hatte er mich eiskalt erwischt.

Gut so. Auch wenn ich in diverse Skills eingeführt und trainiert werde, muss ich die Übersicht behalten, die Oberhoheit der Orientierung nicht wortlos an den Ausbilder oder generell an Dritte übergeben. Die Erfahrung saß und veränderte für mich einiges im Verlauf meiner Tauchganggestaltung.

Auf kurzem Weg kann ich an meine Buddys das weitergeben, was ich zum Thema Navigation unter Wasser lernte und selbst erarbeitete. Und warum steht in der Überschrift auch: Aus gegebenen Anlass aktueller denn je…

Weil die klaren, warmen, internationalen Tauchspots für 2020 kaum noch erreichbar sind. Und plötzlich erinnern sich viele, dass man tatsächlich auch in den heimischen Gewässern tauchen kann. Vor Ort hinterfragt beim Firmenbesuch von Camaro in Mondsee / Oberösterreich wurde mitgeteilt, dass in einem Juni und Juli noch nie so viele Trockentauchanzüge geordert wurden. Die Flugzeuge bleiben auf dem Boden, zurück zu den Wurzeln. Aber die Wurzeln machen es einem schwer.

Ganz klar, blöder Einstieg in den Absatz, sollte heißen, erfahrene Ganzjahrestaucher in den heimischen Seen wissen, dass die Sichtweiten in den Sommermonaten deutlich zu wünschen übrig lassen. Was die Natur dankt, die Menge der Niederschläge ist dieses Jahr reichlich, dabei wird jedoch auch viel Sediment in die Gewässer eingespült, was mit der Algenblüte bei Erwärmung des Wassers einen dominanten Unterwassernebel produziert.

Ich kann mich nicht erinnern, dass ich 15 Tauchgänge in verschiedenen Seen Bayerns von Mai bis Juli gemacht hätte, bei denen ich zur Sicht zwischen 50 Zentimeter und einem Meter ins Logbuchgeschrieben hätte. Um hier wieder – da- rauszukommen, wo der Tauchgang begann, kommt das Thema Navigation in Spiel.

Doch jetzt nicht einfach weiterklicken, unter dem Motto, das passiert mir sowieso nicht. Das geht erstens schneller als man denkt und viele Navigationsfertigkeiten gehören zweitens einfach zum Portfolio eines gut ausgebildeten Tauchers, der situationsbedingt auch mal aus der Rolle des geführten Schafs in die Führungsrolle wechseln muss.

Sind Sie ein Tauchvampir und meinen, ein Kompass ersetzt den Knoblauch? Da sind Sie nicht allein. Ganz klare Ansage, die wenigstens Taucher, die einen Kompass gekauft haben, wissen, wie man ihn benutzt und die Investition ins Instrument verschlummert in der Tauchtasche. Und immer mehr Tauchcomputer haben ausgefeilte Kompassfunktionen, doch sie erreichen nur die wenigsten User.

Klaus Klink hat als mehr als erfahrener Profi das Thema Navigation unter Wasser in einem beispielhaften Lehrbuch ausgeführt. 5 Kapitel, nicht mehr, keine wissenschaftliche Arbeit, kein Text, der ihn zum Navigationsguru stilisiert.

Praxis. Hautnah. Nachvollziehbar, verständlich, die Scheu vor dem Einsatz eines Kompass, einer Kompassfunktion abbauend, an der Hand nehmend führt Klaus Klink in das Thema ein. Im Zeitalter digitaler Navigation im Auto oder mit dem Smartphone, bei dem so viele natürliche und persönliche Erinnerungspunkte die von A nach B führen nicht mehr verinnerlicht werden, führt das Lehrbuch Navigation zurück zu den Wurzeln, denn unter Wasser wird ein anderes Spiel gespielt als GPS und Google verkaufen. Da zählt wieder der Mensch.

Und weil es gesagt werden muss, auch wenn das „Lehrbuch Navigation“ als Theorie- und Workbook unter dem Label des Verbands s.u.b. erscheint, es ist inhaltlich verbandsfrei verfasst und als übergreifendes Werk zu verstehen, das keine Philosophien irgendeines anderen Verbands in Frage stellen würde. Eigentlich schade, dass darauf immer hingewiesen werden muss.

Fazit

Klaus, wenn ich vor einer Handvoll Jahren dein Lehrbuch Navigation bereits zur Verfügung gehabt hätte, wäre mir die peinliche Situation bei der Trimix – Ausbildung erspart geblieben. Und für Sie werte Leser ist hier das thematische Potential leicht nachvollziehbar und verständlich geboten, Ihre Tauchgänge deutlich aufzuwerten, sicherheitstechnisch und erlebnisbringend.