Liebe Leserinnen und Leser,
endlich konnte ich mir aktuell eine kurze Auszeit nehmen und nach zwei Jahren Pause wieder ein paar Tage zum Tauchen in Kroatien gönnen. Das war der Plan. Nun, Pläne sind ja ganz in Ordnung, die Realität bestimmt aber das andere Ende des Tages.
Schließlich sollte die komplett eigene Ausrüstung zum Einsatz kommen, nachdem sonst Testtauchgänge von Fremdequipment bestimmt werden. Das Wing war nagelneu, in zwei Jahren nur zweimal im See unter sehr einfachen Bedingungen eingesetzt. Gekauft im Fachgeschäft, das von sich behauptet, langjährige Kompetenz zu haben und dem ich als Kunde bestens bekannt war, gerade auch was meine Ausrüstungsansprüche betrifft.
Trotzdem hatte ich ein Gefühl, dass irgendetwas damit nicht ganz stimmt. Und weil ein bloßes Gefühl mich noch nicht ausreichend motivierte, eine genaue Untersuchung des Wingsystems vorzunehmen, verblasste die mir selbst gegenüber aufgetragene Überprüfung im Tagesgeschäft.
Vielleicht verwischte der bei den zwei Tauchgängen im See getragene Trockentauchanzug den Ansatz zur konkreten Fehleranalyse, jetzt mit dem Halbtrockenanzug musste das Wing auf sich allein gestellt seine Fähigkeiten unter Beweis stellen. Backplate und Blei zwischen dem Doppelflaschenpaket waren exakt auf die Bedürfnisse im Meerwasser abgestimmt.
Aber bei einer Tauchtiefe von 20 Metern war die Wingblase an ihrer Grenze angekommen und das Überdruckventil leitete die über den Inflator zur Korrektur des Abtriebs eingeblasene Luft 1:1 nach außen. Gut, dass ich einen Scooter im Einsatz hatte, der verhinderte, bei der Strömung am Wrack in eine missliche Lage zu kommen. Dass dieser Tauchgang hinsichtlich des Wings nun deutliche Fragen aufwarf und insgesamt wenig Spaß machte, dürfte nachvollziehbar sein.
Zurück an der Basis ging es an die Fehlersuche und ich fiel dann schier vom Glauben, denn der kompetente Fachmann hatte mir zum Einsatz am Doppeltank eine Monoblase verkauft. Da ist er nicht einmal hellhörig geworden, dass ich einen Monoflaschenadapter dazu geordert hatte, den man nur benötigt, soll ein Doppelflaschenwing an einer einzelnen Flasche befestigt werden. Hut ab, vor so viel Kompetenz. Vor so viel mitdenken…
Damit war das Tauchen mit dem eigenen Equipment erst einmal vom Tisch. Der sehr kooperative Basisleiter bot mir an, seine eigene Wingblase einzusetzen. Das nahm ich zunächst gerne an. Aber hier offenbarten sich schließlich unüberbrückbare Abweichungen von kroatischen und internationalen Normen bei der Befestigung der Blase am Flaschenpaket. Da passte nichts zusammen und um diese Blase überhaupt verwenden zu können, müsste die Backplate so weit versetzt werden, dass die annähernd korrekte Schlauchführung der APEX Tec – Atemregler unmöglich würde.
Ich habe mich auf keinen Kompromiss zu meinem oder dem Nachteil anderer eingelassen. Da stehen sich in solchen Fällen immer die Risikobereitschaft und die Verantwortung gegenüber. Und ich kann nur allen raten, der Verantwortung zu folgen, auch wenn dann ein Tauchgang oder wie in meinem Fall sogar ein Tauchaufenthalt mit dem Ziel redaktioneller Produktionen gestrichen werden muss.
Ganz klar, passiert ein Unfall mit einem völlig falsch konfigurierten Equipment (falsche Blase oder nicht korrekt adaptierbare Blase aus dem Verleih), halten sich die Versicherungen „dezent“ zurück. Das muss man erst einmal überleben. Im besten Fall. Ergeben Unfalluntersuchungen eine deutliche Mitschuld beim betroffenen Taucher und der Basis, dann reagieren die Behörden gerade auch in Kroatien unverzüglich mit der Schließung des Betriebs. Bis alles aufgeklärt ist und das kann dauern.
So, jetzt mache ich mir Gedanken, über ein neues Wingsystem. Ich kaufe das aber dann bei einem anderen Händler. Wenn es so weit ist. Hier ist noch ausreichend Testequipment zur Verfügung und überhaupt ist Freitauchen das wirkliche Taucherlebnis.
Gut Luft, Ihr
Michael Goldschmidt