Liebe Leserinnen und Leser,
es ist grad die Zeit, in der vermehrt Kerzenlicht eine besondere Stimmung in die Wohnräume oder auch Büros zu zaubern versucht. Brennende Kerzen auf einem Esstisch im italienischen Restaurant sind ursprünglich keine romantisch feierliche Dekoration, sie stehen für das Gedenken an einen Verstorbenen, dessen Abschied gefeiert wird.
Das sollten Sie vielleicht wissen, wenn Sie bei einem Essen aus aktuell festlichem Anlass keine Kerze auf Ihrem Tisch finden, obwohl das ganze Ristorante weihnachtlich dekoriert ist. So war auch die Weihnachtsfeier unserer Redaktion beim seit vielen Jahren eng befreundeten „Italiener“ ohne offenes Licht begleitet.
Ich möchte hier zum Jahresabschluss eine Kerze anzünden. Eine Kerze für einen ganz besonderen Mann, der als Chefredakteur der ersten Stunde für ein bekanntes Tauchsportmagazin verantwortlich war. Es ist vielleicht aus heutiger Sicht eher schwer nachvollziehbar, dass ein „nur“ am Tauchsport brennend Interessierter wie ich ein monatlich erscheinendes Tauchsportmagazin abonnierte, um mich in all das hineinzufinden, was mit dem Tauchen zu tun hat.
Und es ist sicher auch schwer nachvollziehbar, welche fast paramilitärische Strukturen die seinerzeit Tauchausbildung bestimmten und nur die Harten kamen in den Garten. Ich war der Typ, der ohne Tauchausbildung und grad mal mit einer ovalen Tauchmaske, einem Schnorchel und Flossen im Besitz ab 1979 die TAUCHEN abonniert hatte und André Foulon war deren erster Chefredakteur. Er war ein Held für mich. Es war die Zeit, in der Namen und Gesichter in einem Tauchsportmagazin wirkliche Bedeutung, Kompetenz und Ausstrahlung hatten.
Dann das Jahr 1984, ich hatte endlich den Schritt gewagt, mich dem Abenteuer einer Tauchsportausbildung zu stellen. André und seine Artikel in der TAUCHEN hatten mich überzeugt, auf – oder unter Elba begann meine „Tauchkarriere“.
Und dann das unerwartete Aus, André war als Chefredakteur verschwunden. Er war mir irgendwie so vertraut, obwohl ich ihn bis dahin nie persönlich getroffen hatte, einfach weg. Das verstand ich nicht. Er sei jetzt in Australien wurde berichtet, arbeite als Arzt, er hatte ja schließlich Medizin studiert, das hing da alles irgendwie im Raum.
Manch erste Begegnung dauert mitunter länger, doch 2006 ergab sich eine Begegnung mit André, in unserem Haus. Eingefädelt war diese durch die Frau eines lieben Freunds, für den André seit Jahrzehnten dessen bester Freund war.
Aber Australien ist nicht gleich nebenan. Nach Europa ist eine Reise aus Australien auch nicht grad ein Schnäppchen. So wurde einmal spontan arrangiert, dass André, bis dahin für mich unbekannterweise, von mir am Flugplatz in München abgeholt wurde und auf unserer Terrasse hinter einer Zeitung verborgen einen weiteren Gast des anberaumten Grillabends mimte. Überraschung und Abend waren wirklich gelungen, beste Freunde hatten sich wiedergetroffen.
Ja, mir hatte die persönliche Begegnung mit meiner ganz eigenen Tauchsportikone, mit André Foulon, sehr gutgetan. Vor zwei Jahren trafen wir uns wieder für ein paar Stunden in Österreich bei einer Familienfeier. Da deutete er bereits an, dass es wohl keinen weiteren Trip nach Europa mehr geben würde.
André behielt Recht. Mitte November musste er sich unerwartet aus diesem Dasein zurückziehen. Dankbar und traurig denke ich jetzt als Chefredakteur eines Tauchsportmagazins in meinem Editorial an André, er hat tiefe Spuren hinterlassen, hat das auf den Weg gebracht, was in großem Maße mein Leben bestimmte.
André wollte keinen Nachruf. Kann ich verstehen. Ganz persönliche Momente zu teilen passt jedoch zu meinem nachdenklichen Editorial im Dezember 2024.
Frohe Weihnachten und einen guten Rutsch,
Ihr
Michael Goldschmidt