Editorial August 2024

Lasset die "Spiele" beginnen

Editorial

Liebe Leserinnen und Leser,

jetzt laufen sie wieder, die olympischen Sommerspiele, diesmal in Paris. Verfolge ich die Berichte schon im Vorfeld der Veranstaltung, wird allein schon den Bürgern der Stadt eine ganze Menge Verständnis für Einschränkungen abgefordert, die über Wochen ihr tägliches Leben beeinflussen. Nach dem Ende der „Spiele“ geht’s aber noch einmal weiter mit den Paralympics vom 28.8. – 8.9.2024.

Von den Einschränkungen besonders stark betroffen sind dabei die sozial Schwächsten, die Obdachlosen. Sie haben sich ihr (Über-)Leben auf der Straße oder unter den Brücken nicht freiwillig ausgesucht, es ist die finale Situation ihres Lebenslaufs, der in aller Regel von großen Schicksalsschlägen und Ungerechtigkeiten geprägt ist. Ich darf das als „Insider“ erwähnen, war ich doch an einer großen Fernsehreportage über Odachlose in München, einer ehemaligen Olympiastadt, beteiligt.

Paris muss glänzen. Den Millionen von zahlenden Gästen muss eine durch und durch operettenhaft saubere Bühne präsentiert werden. Damit aber auch die vielen Sponsoren und Lobbyisten, inklusive dem über alle Kritik erhabenen IOC, die die einzelnen Sportarten schon lange für ihre unternehmerischen Zwecke im Griff haben, voll auf die Kosten kommen, wurden die Obdachlosen mit Hilfe der Polizei aus den Bereichen von Paris entfernt, in denen sie und ihr Schicksal vielleicht einen Kontrapunkt zum olympischen Rausch hätten bieten können.

Armut darf schon lange nicht mehr zu den Spielen gehören, obwohl beim ursprünglichen Anlass der Veranstaltung in Griechenland niemals aufs Geld geschaut wurde. Vor einigen Jahren habe ich Olympia, einen wirklich magischen Ort, selbst besucht. Ich war tief berührt von der antiken Anlage und fühlte mich von der Geschichte angefasst. Wenn ich heute in das etwas ikonische Olympiagelände in München fahre, um im dortigen Olympiabad einmal wöchentlich ein Freitauchtraining zu absolvieren, kann es emotional mit dem Geburtsort der Spiele keinesfalls mithalten.

Ein Olympiarausch vernebelt natürlich auch die Sinne, deshalb wundert es mich nicht sonderlich, dass kaum hinterfragt wird, seit wann es den olympischen Fackellauf gibt. Die Antwort: Den gibt es erst seit 1936. Vielleicht geht jetzt dem einen oder anderen ein Licht oder eine Fackel auf? Dem IOC ist es egal, kann man ja die Stafette von Olympia bis zur Zeremonie bei der Eröffnungsveranstaltung bestens vermarkten.

Bei den 40 als olympische Disziplinen anerkannten Sportarten fehlt immer noch das Apnoetauchen. Das Freitauchen hat sich in den letzten Jahrzehnten bis hin zu einer Hochleistungssportart entwickelt, die national, europa- und weltweit hochkarätige Wettbewerbe im Pool ausrichtet. Die Tradition des Freitauchens generell geht weit zurück in die Antike, ausgehend von frei tauchenden Fischern. Von den 32 in Paris veranstalteten Wettbewerben sind so einige dabei, die ich dort niemals vermutet hätte oder überhaupt nicht kenne. Aber Lobbyisten und sportlich zu verstehende Zuwendungen regeln das schon.

Natürlich haben im „Hintergrund“ die vielen Unternehmen, die mit ihren Produkten die Sportler ausstatten „dürfen“, Sportstätten bauen, Zubehör liefern, größtes Interesse, dabei zu sein. Bessere Werbung können sie für ihren Sport und ihre Produkte nicht bekommen, um im Nebensatz ihre Umsätze ein wenig zu optimieren.

Irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass das die Manager der Tauchsportartikel – Hersteller noch nicht realisiert haben. Anstatt sich wenigstens mit der Idee zur Ankurbelung des lahmenden Geschäfts gemeinsam an einen Tisch zu setzen, Apnoetauchen zur olympischen Disziplin zu machen, ist hier keine entsprechende Absicht erkennbar.

So bleibt ganz privat weiterhin nur Blasenringe auf den Weg zu bringen, als kleines olympisches Zeichen. Die steigen wenigstens auf…..

 

Herzliche Grüße, Ihr

Michael Goldschmidt