
Patrick Spieß ist Polizist. Die Uniform tauscht er oft gegen einen Trockentauchanzug. Eine Vollgesichtsmaske mit Kommunikationseinheit gehört zur normalen Berufsausrüstung, von Fall zu Fall ist er auch mit einem Rebreather unterwegs. Als Polizei – Einsatztaucher braucht man eine ausgezeichnete Ausbildung und starke Nerven. Wenn er in einem Fluss, See oder Hafen seinem Beruf nachgeht, hat das mit Sporttauchen nichts zu tun. Und anders als ein kommerzieller Berufstaucher hat er in der Regel auch polizeiliche Aufgaben unter Wasser wahrzunehmen wie Beweismittelsicherung.
Patrick, du bist Polizei – Einsatztaucher, was kann ich mir darunter vorstellen?
Die Tätigkeit als Polizeitaucher unterscheidet sich sehr stark vom normalen Sporttauchen. „Es ist wie Schatztauchen, nur anders“. Bei jedem Tauchgang werden Missionsziele unter einsatzmäßigen Bedingungen abgearbeitet und es müssen Beweismittel oder andere Gegenstände gefunden und Spuren gesichert werden. Auch die Bergung von menschlichen Überresten oder Leichen gehören natürlich mit zum Alltagsgeschäft und können die Taucher mental belasten.
Wer schon einmal bei Nullsicht etwas unter Wasser gesucht hat, kann sich vorstellen, wie es ist, unter schlechten Bedingungen menschliche Überreste oder andere Beweismittel zu suchen. Polizeitaucher decken hier einen wichtigen Bereich der Suche und Dokumentation von Beweismitteln ab. Durch die unter Wasser gewonnen und professionell gesicherten Beweise lassen sich Sachverhalte aufklären und verfahrenssicher aufbereiten, um strafrechtliche Verfahren und zivilrechtliche Ansprüche zu sichern.
Um Beweismittel optimal sichern zu können, nutzen die Einsatztaucher der Polizei insbesondere spezielle elektrisch oder hydraulisch betriebene Werkzeuge, Suchsonden und zur Fahrzeugbergung spezielle Hebemittel. In der Regel werden die Tauchgänge mit modernsten Unterwasser – Kommunikationseinrichtungen durchgeführt. Zum Teil werden aktuell Tauchgänge mit Beweismitteldokumentation bis zu einer Tiefe von 50m durchgeführt. Aufgrund der enormen Anforderungen an die Leistungsfähigkeit des Tauchers, müssen diese Tauchgänge regelmäßig trainiert werden, um alle Maßnahmen sicher durchführen zu können. Viele Einsatztauchgänge führen einen Berufstaucher an die eigenen körperlichen Grenzen, gerade bei starkem Unterwasserbewuchs kommt es zu erheblichen Anstrengungen im Rahmen der Absuche.
Neben dem klassischen Einsatztauchen werden aufgrund der öfters vorkommenden Hochwasserlagen auch immer mehr Polizeitaucher als Strömungsretter (Swift Water Rescue) ausgebildet, um bei Katastrophenlagen mit Hochwasserbezug gezielt und sicher helfen zu können. Eine Zunahme der Ausbildungen in diesem Bereich ist auch international zu erkennen. Gerade aufgrund der vermehrt vorkommenden globalen Starkregenereignisse ist hier weiter mit einem erhöhten Bedarf zu rechnen.
Was hat dich bewogen, diese Tätigkeit bei der Polizei ausüben zu wollen?
Ich habe 1990 im Urlaub mit dem Tauchen angefangen. Nach ein paar Jahren und den üblichen Tauchausbildungen bei Vereinen und Tauchausbildungsorganisationen stellte ich fest, dass meine Vorliebe im technischen Tauchen lag. Hierbei zieht es mich bis heute mit ungebrochener Leidenschaft in große Tiefen und Höhlen. Mein Interesse gilt hier insbesondere der Bewältigung von komplexen Tauchgängen mit hoher körperlicher Leistungsanforderung.
Eben diese Anforderungen finde ich auch im Einsatztauchen bei Rettungen oder Bergung. Aus diesem Grund richtete ich meinen Fokus Anfang 2000 auch auf den Einsatztauchbereich. Resultierend hieraus belegte ich dann noch mal die Einsatztaucherausbildungen mit Polizeitaucherbezug und habe es nach unzähligen Fortbildungen zum Tauchlehrer für Polizeitaucher und zum internationalen Einsatztaucher/Einsatztauchlehrer Ausbilder nach den Richtlinien ERDI gebracht.
Hast du dir vorstellen können, was dich erwartet?
Eine Vorstellung von den realen Bedingungen, die auf einen zukommen, bekommt man nur durch ein gutes an der Praxis orientiertes Training. Ein Ausbilder sagte mal zu mir, „Train, as you fight“. Er hatte recht, genau dieses realitätsbezogene Training bereitet einen Einsatztaucher gut auf die Aufgabe vor. Wer nie seine Belastungsgrenzen während der Ausbildung kennengelernt hat, kann seine Grenzen schwer einschätzen. Gerade diese eigene Einschätzung ist aber z.B. bei der ersten Vermisstensuche in einem Gewässer bei Nullsicht, mit zahlreichen scharfkantigen Objekten im Wasser unverzichtbar.
In diesem Zusammenhang kommt mir immer noch mein erster Einsatz bei einer großen Schiffsexplosion in den Kopf. Neben den Beweismitteln und Klärung der Verursacherfrage mussten auch vermisste Arbeiter gesucht werden. Der Unterwasserbereich glich einer Großunfallstelle. Überall im Wasser scharfe Kanten an abgerissenen Metallteilen und Metallkonstruktionen mit einem Gewicht pro Stück von ca. 30t . Bei einer Sicht von maximal 20cm musste alles abgesucht werden. Die Anforderungen des Tauchgangs lagen irgendwo zwischen Höhlen- und Einsatztauchen. Man kann sich noch so gut vorbereiten, aber bei solch einer Szenerie wird man immer noch überrascht. Dann ist es wirklich gut, wenn schon im Vorfeld ähnliche Anforderungen trainiert wurden.
Was musst du an Tauchausbildung dafür mitbringen?
Um in Deutschland Polizeitaucher zu werden, muss man Polizeibeamter sein. Der Beamte kann sich dann bei den jeweiligen Dienststellen im eigenen Bundesland für eine Verwendung als Polizeitaucher bewerben. Für die Tätigkeit muss er dann die entsprechende Taucher Grundausbildung bestehen.
Im Ausland sieht das schon anders aus. Gerade in anderen europäischen Ländern kommen oft Tauchteams anderer Einheiten, oder ziviler Organisationen für die Polizei zum Einsatz. Die Einsatztaucher werden dann durch zivile Ausbildungsorganisationen wie z.B. ERDI (Emergency Response Diving International) nach eigenen internationalen Richtlinien ausgebildet. Um eine Tätigkeit als Polizeitaucher mit Passion ausfüllen zu können, muss man schon die Bereitschaft haben, an die eigenen Grenzen zu gehen und körperlich fit zu sein. Wer komplexe fordernde Tauchgänge mag, ist dann hier genau richtig.
Was uns Patrick Spieß hier selbst schildert, zeigt die komplexe Aufgabe, die ein Polizei – Einsatztaucher zu bewältigen hat. Jeder Einsatz ist anders, unvorhersehbar in seinen Anforderungen, es gibt keine Standardeinsätze. Die Alarmierung dieser Spezialkräfte ist an 7 Tagen der Woche zu jeder Stunde möglich. Irgendwie ist man immer im Dienst…

Patrick Spieß ist Polizei – Einsatztaucher
Standort Wuppertal
Jahrgang 1973
Taucherische Ausbildung: DI SDI ERDI Instructor Trainer, Cave Evaluator, Police Diving Instructor (seit 2007), Diving Instructor
Patrick Spieß / UWW
Patrick Spieß