Jeder Freitaucher hat so seine Lieblingsdisziplin. Strecke, Tiefe oder Statik sind die drei Säulen des Apnoetauchens. Das Statik Training wird häufig vernachlässigt, weil die Wasserzeiten im Pool meist knapp bemessen sind und da soll die Strecke trainiert werden. Aber, eine Statik Session vor dem Streckentauchen bringt bessere Ergebnisse und ein paar Meter mehr.
Wer überhaupt für sich einmal ausloten möchte, ob das Freitauchen als Sport in Frage kommt, macht am besten eine Probestunde im Pool unter Anleitung. Und diese wird ganz entspannt mit dem Luftanhalten gestaltet. Nach einer ausführlichen theoretischen Einweisung, in der der Atemreiz im Mittelpunkt steht, geht’s ins Wasser. Und die dann bei mehreren Statik Sessions erzielten Erfolge, wie lang die Luft ohne Training bereits angehalten werden kann, überzeugen eigentlich alle, weiterzumachen.
Ob wir tief oder weit tauchen, unter Wasser Spaß haben mit Duplobausteinen, Tangram, Frisbee oder Tauchringen, wir einen Moonwalk machen, all das hat mit dem persönlichen Können in der Disziplin Statik zu tun. Klar, unbewegt und entspannt auf der Wasseroberfläche zu dümpeln mit dem Kopf nach unten, überwacht von einem Buddy, da wird nicht so viel Sauerstoff im Körper verbraucht, als bei zusätzlichen Aktivitäten. Das Statik Training ist aber der Schlüssel für die persönlichen Erfolge in den anderen Disziplinen.
Wie rundum beim Apnoetauchen ist mentale Stärke, Entspannung und Selbstvertrauen die Grundlage für alle Aktivitäten. Mit angehaltenem Atem, im Wasser liegend, der Kopf ist eingetaucht, Ruhe kehrt ein, das ist ein wunderbarer Zustand. Je entspannter der Statik Tauchgang angegangen wird, desto länger kann die Reise ins sich selbst dauern.
Im Sommerhalbjahr findet unser Apnoetraining überwiegend in einem Freibad statt, bei jedem Wetter und früh gleich nach der Öffnung des Bads. In der Zeit ist noch nicht viel los und wenn wir nach zwei Stunden gegen 10:00 Uhr unsere Sachen einpacken und langsam mehr Gäste eintreffen, sind wir trotz 26° Wassertemperatur und Neoprenanzug spürbar ausgekühlt. Outdoor haben wir im Pool immer einen Anzug an. Dafür leisten wir uns den Luxus, die Wahl zwischen unterschiedlichen Neoprenstärken zu haben, um uns thermisch optimiert an die Außenbedingungen anzupassen.
Bläst ein kalter Wind, ist der Himmel grau und wolkenverhangen, sind die Temperaturen niedrig, das sind Faktoren, die die Auskühlung überall dort vorantreiben, wo der Körper nicht vom angenehm temperierten Wasser umgeben ist. Sind die Wetterbedingungen angenehm sommerlich, genügt der 2 Millimeter Anzug, für kühlere Tage sind 3 bis 4 Millimeter die bessere Wahl, stehen die Aussichten auf einen wirklich kalten Morgen, die Nebelschwaden wabern über dem Wasser, kommt der Zweiteiler mit 5 Millimeter und angesetzter Kopfhaube zum Einsatz. Weil auch über den Kopf, die nassen Haare ein erhöhter Wärmeverlust entsteht, ist an den meisten Trainingstagen eine gut sitzende Badekappe das zusätzliche Tüpfelchen auf dem i.
Bei Statik Tauchgängen bewegen wir uns fast nicht, liegen wir mit dem Kopf nach unten auf dem Wasser, ist die halbe Körperfläche den Bedingungen über Wasser ausgesetzt. Wer dann bei den Testsessions friert, bleibt weit hinter den eigenen Möglichkeiten, den Atem anzuhalten, zurück.
Das ist auch der Grund, warum wir ebenfalls indoor bei allen Trainingssessions einen dünnen Anzug tragen, denn die Wasser- und Raumtemperatur ist immer niedriger als unsere Körpertemperatur. Um diese aufrecht zu erhalten, arbeiten verschiedene innere Organe verstärkt und verbrauchen auch mehr Sauerstoff, der uns dann bei allen Apnoeaktivitäten in geringerer Menge zur Verfügung steht.
Entspannt dümpeln vor der Statik Session
Nach dem Umziehen gehen wir nicht gleich an den Beckenrand zum Training. Erst einmal abschalten, auf den Rücken legen, die Augen schließen und eine Weile treiben lassen. Loslassen vom Alltag, von der Umwelt, Teil des Mediums Wasser werden ist das Ziel. Hier können auch im Zweierteam abwechselnd einfache Massagen gemacht werden, eben genau das, was der Entspannung dient. Alles loslassen, Arme, Beine, Hände, Nacken und Kopf sind schwerelos. Das funktioniert aber nur, weil wir einen Anzug tragen und dessen Auftrieb uns ohne eigene Körperkontrolle über Wasser hält.
Entspannung, von der Umwelt abkoppeln
Das Training im öffentlichen Pool ist für nicht wenige, die stets mit offenen Ohren an ihrer Umwelt interessiert sind, herausfordernd. Zu oft erliegen sie ihrer wachen Neugier, was da andere in der Nähe grad sagen, wie Kinder im Wasser toben und so wird der Weg in sich, in die eigene Welt, abgekoppelt von den äußeren Einflüssen, recht steinig. Zumal sich auch unter Wasser in dem Fall keine Stille einstellt, da bekommen sie immer noch viel zu viel mit, als der Entspannung dienlich ist.
Sind Sie davon betroffen, gehört zur Vorbereitung des Statik Trainings zuhause, sich mit Grundzügen von Joga oder anderen mentalen Praktiken bekannt zu machen und mit deren Hilfe den Ausstieg von äußeren akustischen Einflüssen zu üben. Das Hilft aber nicht allein fürs Statik Training, auch im täglichen Leben wird davon wirklich profitiert. Die Konzentration auf eine Aufgabe erlaubt eine zielorientierte Erledigung in wesentlich kürzerer Zeit. Wer laufend auf den Smartphone Bildschirm starrt aus Angst, es könnte eine Nachricht verpasst werden, hat es sich nicht einfach bei Statik Training und dem Freitauchen überhaupt.
Aktives Denken ist beim Zeittauchen kontraproduktiv. Sich etwas Schönes vorstellen, in Erinnerung rufen, den Moment genießen, das ist der Schlüssel.
Welche Ausstattung für Augen und Nase ist für Statik zielführend
Es gibt eine Reihe von Möglichkeiten, die letztlich ganz individuell gehandhabt werden. Um die für sich persönlich beste Ausstattung zu finden, werden die verschiedenen Varianten einfach ausprobiert. Dann kann abschließend verglichen werden, was anhand der Statik Ergebnisse und des persönlichen Eindrucks am besten passt. Sicher sind Lösungen, die den Tauchreflex (langsamere Herzfrequenz), der vom Wasserkontakt im Gesicht gesteuert wird, nicht ausbremsen, zu bevorzugen. Deshalb werden Tauchmasken eher selten bei der Statik getragen, trotzdem sind auch hiermit Spitzenleistungen möglich, ist der Taucher mental so gut aufgestellt, dass aktiv die Herzfrequenz gesenkt werden kann (Joga u.a.).
Also, Apnoetauchmaske ist eine Möglichkeit. Sie bedeckt mit ihrer Auflagefläche weniger vom Gesicht, als klassische Tauchmasken.
Eine Schwimmbrille ist eher der Klassiker. Hier ist die Gesichtsfläche nicht beeinflusst, der Tauchreflex kann sich gut entfalten. Als Variante gibt es noch die Kombination aus Schwimmbrille und Apnoe Nasenklammer. Dann gibt es keine Irritationen, die eventuell in die Nase eindringendes Wasser hervorrufen könnte. Ich sage bewusst Apnoe Nasenklammer, denn diese ist so konzipiert, dass sie für die Erholungsphasen zwischen den Statik Versuchen, schnell abgenommen und wieder aufgesetzt werden kann. Die im Schwimmsport üblichen Nasenklammern sind da zu fummelig und sitzen nicht zuverlässig.
Nur mit Nasenklammer bringt das totale Wassergefühl mit geschlossenen Augen. Hier sind jene im Vorteil, die keine Augenkorrektur berücksichtigen müssen und deshalb auch keine Kontaktlinsen beim Training tragen. Für mich selbst ist das beste Lösung. Aber um ehrlich zu sein, ich verzichte dann auf die Kontaktlinsen und trage beim weiteren Training meine Maske mit Korrekturgläsern.
Buddyüberwachung
Ganz klar wird ausnahmslos jeder Statik Tauchgang direkt von einem Buddy überwacht. Hier gibt es verschiedene Aufgaben, wie die Zeitnahme des Tauchgangs und die Kontrolle, dass beim Taucher alles in Ordnung ist.
Die Vitalkontrolle kann individuell abgesprochen werden, jeder hat da seine Präferenzen. Etwa dreimaliges kurzes Antippen auf dem Rücken wird mit einem entspannten OK Zeichen beantwortet.
Wer in der Statik Session taucht, treibt sachte im Becken unter völliger Entspannung. Der Buddy achtet mit sanften Korrekturen, dass der Beckenrand in Reichweite bleibt, was wichtig für die Auftauchphase ist.
Auch während einer Statik Session kann nach Absprache der Buddy eine leichte Massage von den Schultern bis zu den Füßen machen, viele mögen das, der Entspannungszustand plus des Ablenkungseffekts verbessern ihre Ergebnisse. Das ist aber nicht jedermanns Sache.
Die Zeitansage über die Statik Tauchzeit wird am besten individuell abgesprochen, ab welchem Zeitverlauf, in welchem Sekundenintervall. Ist die vorgegeben Tauchzeit erreicht kann z.B. in 5 Sekunden Schritten eine neue Ansage gemacht werden, was den sportlichen Kampfgeist erhöhen kann.
Die akustische Zeitansage ist auch unter Wasser gut hörbar, manche bevorzugen aber auch hier ein Klopfzeichen auf dem Rücken oder der Schulter.
Auftauchprotokoll – Zeit schinden
Beim Statik Training ist zeitschinden erlaubt. Da gibt es viele Möglichkeiten, sich vom Atemreiz abzulenken. Auf dem Wasser liegend werden bei stärkerem Atemreiz langsam die Arme hin zum Beckenrand geführt, ebenso langsam nehmen die Hände Kontakt auf. Langsam neigen sich die Beine zum Beckenboden, hin zum Beckenrand und ganz langsam wird der Kopf angehoben. Der Buddy ist Coach und sagt die Zeit ruhig an und gibt Kraft. Dieses Teamwork bewirkt so viel und steigert immer wieder die persönlichen Leistungen.
Mit dem Auftauchen ist es noch nicht vorbei. Der Taucher muss das OK Zeichen geben, trägt er eine Maske, muss sie abgenommen werden. Für wenigstens eine Minute wird überwacht, ob tatsächlich alles in Ordnung ist.
Unsere Trainingszeitvorgaben
Wir haben uns im Team auf drei Statik Sessions verständigt. In Steigerung um je 30 Sekunden beginnen wir bei 2,5 Minuten hin zum Trainingsziel von 3,5 Minuten. Wie bei vielem entscheidet die Tagesform, ob 3,5 Minuten oder mehr erreicht wird. Oft wurde mehr erreicht, immer mal wieder weniger, aber über 3 Minuten immer.
Und jetzt ab zum Streckentauchen.
Petra Ney