Apnoe-Passion Praxis: Die Wahl des Apnoeanzug

Ich hab nichts anzuziehen kann man bei Freitauchern am Anfang ihres Sporterlebnisses öfter hören

c: Cressi

Ganz am Anfang der Freitauchausbildung gibt’s nur einen Apnoeanzug im Equipment, den Leihanzug der Tauchschule, oder einen richtigen Schritt weiter, den eigenen passenden Anzug, der für das Ausbildungsgewässer geeignet ist. Mit Gewässer ist zusammenfassend Pool und Freiwasser gemeint, denn auch im wohltemperierten Indoortauchcenter kühlt man bei mehreren Stunden Ausbildung so weit aus, dass es schlicht keinen Spaß mehr macht, an den Übungen teilzunehmen.

Gleich am Anfang schleicht sich die Frage in den Vordergrund, warum soll ich eigentlich einen speziellen Apnoeanzug tragen? Ich habe doch schon einen Anzug fürs Gerätetauchen, langt der nicht? Und da ist die ganz klare Antwort NEIN, wenn man sich wirklich für das Freediving begeistern möchte. Ein Apnoeanzug unterscheidet sich in wichtigen Details vom Gerätetauchanzug. Diese Unterschiede sind wertvolle Unterstützer, keine Kraft, keinen Sauerstoff beim Strecken- und Tieftauchen zu verschwenden.

Ich möchte mich zunächst in erster Linie auf den Einteiler als Apnoeanzug konzentrieren, mit Rückenzipper. Wenn der Anzug von der Stange wirklich gut passt, benötigt man keine Hilfe, beim Schließen des Reißverschluss. Dass das erfahrungsgemäß eher nur bei 50% der User zutrifft, braucht man den, die Buddy, um den Anzug tauchfertig zu machen. Es gibt diese Anzüge zwar angebotsdeckend ab 1,5 mm, aber bei mehr als 4 mm ist Schluss. Das ist der Range für wohltemperiertes Wasser im Pool, im sommerlichen Mittelmeer oder in den Tropen. Fällt das Körpermaß aus dem Rahmen, hilft nur ein Maßanzug, der dann wirklich Freude macht. Keines der großen Labels hat eine Maßanfertigung oder Teilmaß für einen Einteiler im Portfolio oder mehr als 4 mm Neoprendicke. Da kommen dann die Zweiteiler ins Spiel, dazu später mehr.

Frieren ist absolut kontraproduktiv beim Freitauchen. Der Körper verbraucht dabei so viele Sauerstoff Ressourcen zusätzlich, die er eigentlich für den Tauchgang mit angehaltenem Atem bräuchte. Deshalb ist es Standard geworden, beim Training im Pool einen Anzug zu tragen. Hier bewirken bereits 1,5 mm Neopren als Isolation und deutlich reduziertem Wasseraustausch auf der Haut sehr viel. Auch wenn die anderen am Training im Club teilnehmenden Schnorchler immer ein wenig lästern, dass ich meinen Apnoeanzüge anlege, weil das Wasser ja schließlich 26° C hat. Sie sind bei einem guten Training ja ständig gefordert in Bewegung, da kühlt das Wasser ihre erhitzten Körper ab. Freitaucher haben zwischen ihren Tauchgängen immer Erholungsphasen, da darf kein Verlust der Körpertemperatur stattfinden.

Die Materialstärke zum Einstieg ist meist mit 1,5 mm gut gewählt, vorausgesetzt, die Wassertemperatur hat etwa 26° C. Dann sind zwei Stunden Training im Pool ohne Kältegefühl gut durchzuziehen. Allerdings unterscheide ich zwischen Indoor- und Outdoortraining. An einem sonnigen Tag genügen 1,5 mm beim Training im Freibad völlig. Doch keine Regel ohne Ausnahme. Wird vor dem Streckentauchtraining outdoor eine Statiksession durchgeführt, was Sinn macht vom Trainingsplan her, dann verbringt man mit 3,4  oder mehr Teilnehmern bei der Statik mindestens 45 Minuten relativ bewegungslos im warmen Wasser. Die Wassertemperatur reicht nicht aus, die Auskühlung des Körpers auch über Wasser langfristig abzuschirmen. Weht dazu ein kühler Wind, kommt der 1,5 mm Apnoeanzug schon an seine Grenzen. Da merkt man bei den Statiktauchgängen schon bald ein Kältegefühl, die Leistung fällt zum Teil rapide ab.

Was ist das Ergebnis oder die Erkenntnis aus dem letzten Absatz? Ein Apnoeanzug allein reicht nicht. Also kommt der nächste Schritt, die Investition in die 3 oder 4 Millimeter Klasse. Das Einsatzziel ist das Training im Freibad mit intensiven Statiksessions aber auch beim Streckentauchen, wenn die Wetterbedingungen das erforderlich machen, keine Sonne, Wind und vielleicht dazu auch Regen. Ganz ehrlich, Regen beim Training im Freibad ist einfach ein wunderbares Erlebnis. Im Wasser, Wasser von oben und kaum andere Besucher rundum, das fühlt sich gut an. Die 3 oder 4 Millimeter Klasse macht aber auch indoor Sinn. Als Beispiel im wunderbaren dive4life in Siegburg. Dort kann bei 26°C bis 20 Meter tief getaucht werden. Alle Sessions, die dort im Tieftauchbereich gemacht werden, erfordern ihre Erholungsphasen. Diese Mischung lässt den Körper auch auskühlen und da ist dieser Apnoeanzug dann erstklassig. Oder es gibt auch Freibäder, die im Winter geöffnet haben, im Großraum München kennen wir einige, hier ist der 3 /4 Millimeter Apnoeanzug die ideale Bekleidung.

Lassen Sie mich kurz das zum Thema Einteiler zusammenfassen. Unter den beschriebenen Umweltbedingungen haben Apnoeanzüge mit 1,5 oder 3 / 4 Millimeter Neoprenstärke ihre optimalen Einsatzbedingungen. Vielen gleich ist eine Glatthautoberfläche, die den Wasserwiderstand reduziert entsprechend Triathlon Schwimmanzügen und über Wasser die Auskühlung reduziert (Wasser perlt schnell ab, kein kühlender Verdunstungseffekt). Einige Hersteller setzen bei den Einteilern mit größerer Materialstärke auf eine Außenkaschierung, die widerstandsfähiger ist, als Glatthaut. Das kann uns aber als nicht spitzensportlich an Wettbewerben teilnehmenden Freitauchern egal sein. Die hier angesprochenen Einteiler (Cressi, Salvimar, Xcel) sind innen kaschiert, was das Anziehen wie bei einem Gerätetauchanzug erleichtert. Stellvertretend haben Cressi, Camaro und Salvimar eine Glatthautoberfläche, die allerdings empfindlich ist auf Kontakt mit scharfen Kanten, dazu gehören auch Fingernägel. Deshalb sollen beim Anziehen immer die mitgelieferten oder zusätzlich anzuschaffenden, einfachen Baumwollhandschuhe getragen werden.

Als Zweiteiler hat ein Apnoeanzug eine längere Tradition, denn Freitauchen als Sport ist wesentlich jünger als die Unterwasserjagd. Dieses Thema ist gut 70 Jahre alt, während das sportliche Freitauchen etwa erst 30 Jahre auf dem noch nicht krummen Buckel hat und sich zunächst erst langsam etablierte. Ganz klar, das Rad wurde nicht neu erfunden, aber das, was die eher unorganisierte Gemeinschaft der Unterwasserjäger für sich materialbedingt als brauchbar und richtig empfand, findet sich heute im sportlichen Apnoetauchen wieder. Und das ist hier im Mittelpunkt die Anzugfrage. Schon früh wurde erkannt, dass ein Apnoeanzug nicht die Atmung über Wasser oder den Bewegungsablauf von Armen und Beinen behindern darf. Jeder Kraftverlust geht zu Lasten der Tauchzeit und Tauchtiefe. Deshalb wurden Anzüge entwickelt, die an diesen kritischen Stellen keinen spürbaren Widerstand bieten, beim Atmen, beim Einsatz der Beine und Arme. Das hat sich natürlich auch auf die Einteiler ausgewirkt, die schon vorgestellt wurden. Der Zweiteiler ist aber bis heute der klassische Apnoeanzug im Freiwasser.

Es gibt verschiedene Materialmixe für anspruchsvolle zweiteilige Anzüge. Die Absicht, die dahinter steht ist klar: Größtmögliche Wärmeisolierung für längst möglichen Aufenthalt im Wasser. Hier steht die Innenkaschierung mit Nylon eher an zweiter Stelle, Open Cell steht da über vielem. Das ist einfach gesagt, eine nicht schützend kaschierte Innenseite des Anzugs. So ein Apnoeanzug darf tunlichst nicht ohne feuchte Anziehhilfe wie Seifenwasser oder am Markt erhältlichen Hilfsmitteln angezogen werden. Ohne glitschige Feuchtigkeit verweigert Open Cell das Anziehen wie ein bockiger Mops.

Warum aber Open Cell, wenn es so empfindlich ist? Ganz einfach, das Open Cell Neopren legt sich dicht an die Haut und verhindert unvergleichlich das Eindringen von Wasser. Eine bessere Isolierung gibt es nicht. Dafür muss man eben ein kleines Opfer bringen und geschmiert den Anzug anziehen. Mit Handschuhen. Ich denke, dass jedem Freitaucher der bewusste Vorgang, seinen Anzug anzuziehen auch ein Stück Entspannung bietet.

Wird das Wasser zum Tieftauchen und Training kälter, ist ohnehin die Entscheidung für einen weiteren Anzug fällig, der ist dann ein Zweiteiler. Wie heißt es so schön im Walt Disney Film Merlin und Mim, der Wettstreit der Zauberer: Mit kleinen roten Punkten fangen wir an. Fangen wir mit 5,5 Millimeter an. Ein Zweiteiler von PoloSub in Rom auf Maß geschneidert. Ja, auf Maß, denn wenn es kalt wird hier im See gleich nach der Sprungschicht, soll der Spaß nicht aufhören. Und mit dem äußerst bezahlbaren Maßanzug, sie machen nur auf Maß und der YouTube Maßanleitung folgend kann das jeder von zuhause aus bewerkstelligen. Wir haben es zweimal ausprobiert und sind voll zufrieden.

Wer auch warm im Eiswasser tauchen möchte, Polo Sub schneidert Anzüge bis 8 mm Neoprenstärke. Der Hersteller hat viele Anzugdesigns im Angebot und eine Vielfalt an Neoprenvariationen die Innen- und Außenseite betreffend. Es muss also nicht immer „sehr empfindlich“ sein.

Auf den zweiten Blick aus der Praxis, Einteiler, Zweiteiler

Der Einteiler mit innen kaschierter Oberfläche ist leichter anzuziehen, ist robuster, bedarf aber oft einer Hilfsperson, den Rückenzipper zu schließen. Er ist zumeist außen glatt kaschiert, bietet weniger Wasserwiderstand. Meldet sich die Blase zu Wort, muss der Anzug weitgehend ausgezogen werden. Handschuhe sind beim Anziehen zu tragen. Erhältliche Materialstärken sind begrenzt, Maßanfertigungen von Labels am Markt nicht erkennbar.

Der Zweiteiler für Apnoesportler entspringt der Tradition des Tauchsports, dass über Jahrzehnte – ab etwa 1950 – Tauchanzüge ausschließlich als Zweiteiler gefertigt wurden. Viel später trennten sich die Wege bei Angeboten für moderne Tauchsportler und Unterwasserjäger. Das Anziehen der meist Open Cell Innenseiten bedarf entsprechender „Schmierung“ und Handschuhe.  Der Zweiteiler – soweit er passt – kann ohne weitere Hilfe allein angezogen werden (traditionelle Idee der Unterwasserjäger). In Tauchpausen auf dem Boot oder kann Land ist das Oberteil abgelegt werden, meldet sich die Blase, ist das kein so großer Aufwand. Maßanfertigungen werden kompetent angeboten.

Fazit

Nur wenn ein Apnoeanzug wirklich passt und dem Einsatz zugeordnet wird, entwickelt sich die volle Freude am Freitauchen. Das Wort: Ich hab nichts anzuziehen…. bleibt bei genauer Betrachtung nicht mehr der Partnerin allein überlassen.

https://www.cressi.com/

https://www.salvimar.com/

www.polosub.com

https://www.camaro-watersports.com/

https://xcelwetsuits.com/

 

Petra Ney