Tieftauchtraining für Freediver ist rund um Deutschland, also auf „kurzem“ Weg, so eine Sache. Die wenigsten Seen bieten dafür wirklich annehmbare Bedingungen, besonders was die Sichtweiten in die Tiefe und die Sicherung des Partners beim Tauchgang betrifft. Mir fällt nur der Kreidesee in Hemmoor ein, der meistens und dazu als einzige Destination in Deutschland für Apnoetaucher gute Bedingungen fürs Tieftauchtraining bieten kann. Ansonsten muss auf eine der wenigen speziellen Indoor – Tauchanlagen ausgewichen werden, die je nach Standort ab -20 Meter Tiefe bieten.
Obwohl ich weltweit sehr viele Gerätetauchgänge auch weit abseits der bunte Fische Destinationen in meinem Logbuch gelistet habe, ist meine Passion für das Apnoetauchen mittlerweile mehr als
nur ein Hype. Beim Sporttauchen mit Gerät fehlt mir die Assoziation zum „Sport“. Es fühlt sich eher als sprachliche Abgrenzung zum gewerblichen Tauchen an. Und es macht mich nachdenklich, wie wenig sportliche Hintergründe in mehr als 20 zurückliegenden Jahren international bei der Sporttauchausbildung noch zu finden sind. Es gibt keine Ausbildung mit ABC Ausrüstung, Abtauchen, Streckentauchen, nichts, was sportlich wäre. Gleich voll ausgestattet mit Anzug, Jacket, Flasche und was dazu gehört geht’s unter die Oberfläche, als sei das, das einzige Tauchen….
Warum hole ich so weit aus? Weil auch mir als aktivem Mitglied einer immer größer werdenden Apnoeszene die Vorstellung durch den Kopf geistert, dass die stetig wachsende Gemeinschaft ausgebildeter Apnoetaucher auch bei den Betreibern von Tauchzentren angekommen sein müsste, die das Tieftauchtraining für Freediver mit mehr und besseren Angeboten berücksichtigen – sprich Freitauchen ohne schwallweise von Luftblasenvorhängen umnebelt zu werden.
Indes, meine Vorstellung hat sich nach eigenen Besuchen in verschiedenen Tauchzentren als fixe Idee herausgestellt, Apnoetaucher sind zwar als Gäste willkommen, es gibt aber nur bei drei Anlagen gewisse zeitliche Slots, in denen ausschließlich Freitaucher blasenfrei abtauchen und trainieren können.
Die einzige Möglichkeit in Deutschland glasklar und angenehm temperiert (26°C) bis auf -20 Meter ein Tieftauchtraining zu machen ist im d4l, das vor über 20 Jahren in Siegburg, etwa 60 km von Köln entfernt, errichtet wurde. Obwohl ich in München wohne, ist das d4l für mich trotz über 500 km Entfernung das Ziel, um privat oder mit Schülern auf Tiefe hin zu trainieren oder zu unterrichten. Das Ambiente unter Wasser ist äußerst stimmungsvoll, eine versunkene Kultur mit Säulen und Tempelfassaden ist als Kulisse geschaffen und keine sachlich schlichte Kachelumwelt, wie bei den anderen drei Anlagen meiner Story.
Aber, es gibt keine Slots, die allein Freitaucher zum Tieftauchtraining für 90 oder 120 Minuten allein im Wasser aktiv werden lassen. Es sind immer auch Gerätetaucher, meist Tauchschulen dort unter Wasser aktiv. Das wäre an sich nicht das Problem. Es wird nur nicht kommuniziert, dass die zwei Tiefenseile für das Tieftauchtraining von Apnoetauchern dienen und wenn Freitaucher im Becken sind, könnte man auf sie etwas Rücksicht nehmen. Doch dann halten sich Gerätetaucher an den Seilen fest – ich sage mal ohne Not – und die endlosen Blasenschwaden vor dem Gesicht machen die Vorbereitung auf den Tieftauchgang zunichte. Schade, aber hier wird deutlich, wie sehr sich Geräte- und Freitauchen unterscheiden.
Da gibt es aber etwas in Italien. Y-40 ist für Freitaucher das Synonym für Tieftauchtraining im warmen Thermalwasser (34°C) und einer Zieltiefe von 42 Metern. Vor knapp 10 Jahren besuchte mein Co-Autor Michael selbst freitauchend kurz nach der Eröffnung das Y-40 und war begeistert von der Organisation, die Apnoesportler nicht irgendwie an den Rand drängte. Aktuell hat sich da einiges geändert, was mir als „Ersttäterin“ nicht auffiel. Ja, es gibt im Y-40 Slots von 85 Minuten, die allein Freitauchern vorbehalten sind. Ein Tauchanzug ist angesichts der Wassertemperatur nicht nötig.
Aber, es gibt über die Woche verteilt nur sehr wenige dieser Slots und die Menge der zu einem dieser Termine eingebuchten Taucher bringt zum Ausdruck, dass zu viele im Wasser sind, die ausschließlich an der Röhre interessiert sind, die zu -42 Meter hinunterführt. Und dann schauen über 30 Taucher im Stuhlkreis auf Schwimmnudeln sitzend in die Röhre, bis sie mal dran sind mit ihrem Safety. Schade. Auf alle Fälle lohnt es sich aber die verschiedenen Workshopangebote anzusehen, die im Y-40 von ausgezeichneten Trainern angeboten werden, um Druckausgleich und Tieftauchen für sich neu zu organisieren. Dann ist man am Tiefenseil immer an erster Stelle.
Nemo33 in Belgien hat bis heute in seiner Website nicht korrigiert, dass es mit -33 Metern schon lange nicht mehr den einstigen Stellenwert hat. Insgesamt wirkt die Website ungepflegt und es gibt mit Stand 2022 nur einen Freitauchslot am Sonntag von 16:00 – 18:00. Also kein Thema, mit dem ich mich weiter beschäftige. Muss ich dort also nicht in die Röhre schaun.
Ein Blick nach Polen kommt beim DEEPSPOT an. Bei 32-34°C Wassertemperatur friert man auch nicht ohne Anzug und die Zieltiefe liegt bei -45 Metern. Ein durchaus reizvolles Ziel, aber bis Warschau sind es doch einige Kilometer, die auf der Straße liegen gelassen werden. Aber warum nicht. Freitaucher werden zu allen Tauchslots zusammen mit Gerätetauchern eingebucht. Ein Tieftauchtraining exklusiv für Apnoetaucher gibt es fast täglich einmal zu wechselnden Zeiten. Hier muss man sich auf der Website informieren.
Das gerade nahe London im Bau befindliche Indoortauchzentrum mit Tiefenspot ist aktuell kein Thema, interessant aber, denn es wird vom Architekt des Y-40 realisiert. Und der Blick nach Dubai ins 60 Meter tiefe Becken erübrigt sich. Wer hat schon Lust für ein paar Minuten dort nass zu werden und dafür sein Sparkonto zu plündern?
Petra Ney / Michael Goldschmidt
UWW