Wie die Zeitspanne vor dem Abtauchen genutzt wird, ist entscheidend für das gesetzte Ziel des Tauchgangs. Das gilt gleichermaßen für Statik, Strecke und Tieftauchen. Soll es in die Tiefe gehen, kommt noch die Frage des erfolgreichen Druckausgleichs dazu, doch das ist ein anderes Thema. Konzentrieren wir uns auf die Minuten vor dem Abtauchen, was wichtig ist und wo Fehler gemacht werden.
Die Vorbereitungsphase für einen Apnoetauchgang wird allgemein mit 2 Minuten und 30 Sekunden angesetzt. Das kommt aus dem Umfeld von Freitauchwettbewerben, um allen Teilnehmern identische Rahmenbedingungen vor dem Abtauchen zu bieten. Daran muss man sich aber nicht sklavisch halten, trainiert man privat mit seinen Buddies. Es ist eine Art Richtwert, mit dem allgemein gute Erfahrungen gemacht wurden.
Mit Blick auf die Vorbereitungszeit eines Statik- oder Streckenziels sollen die 2:30 Minuten bestmöglich genutzt werden. Es dürfen auch 3 Minuten sein oder etwas mehr, aber nicht weniger (Ausnahme O2 und CO2 Trainingstabellen). Und diese 2:30 Minuten vor dem Abtauchen gehören allein der persönlichen Vorbereitung.
Jetzt kommt vielleicht die größte Hürde und der Erfolgskiller vor dem Abtauchen, alles um sich herum ausblenden, nur noch in sich selbst zuhause sein. Vielen fällt das wirklich schwer, akustische, optische oder mechanische Reize zu ignorieren, sich nur noch auf das gesetzte Ziel zu konzentrieren.
Anstatt den bevorstehenden Tauchgang bereits gedanklich vorwegzunehmen, zu erleben, sich darauf einzustellen, sind die Ohren, vielleicht auch die Augen, weit offen. Das Loslassen fällt schwer, man könnte ja irgendetwas verpassen. In einer Zeit, die stete Präsenz als oberste Tugend feiert, in der Smartphones und dazugehörige Uhren laufend mit irgendwelchen Meldungen auf sofortige Reaktionen warten, ist die Reise in sich selbst für viele eher ein Horrortrip.
Worüber spreche ich genau: Im Umfeld des Pooltrainings, egal ob in- oder outdoor – es sind stets akustische Reize vorhanden. Ein öffentliches Schwimmbad ist immer schwierig. Kinder kreischen, Erwachsene unterhalten sich in der Nähe lautstark über irgendwelche Themen, die eigentlich völlig uninteressant sind, aber die Neugier….. Dann entwickelt sich ein gewisser Frust – warum gehen die nicht woanders hin, wenn sie im Pool nur belanglose Gespräche führen wollen…. Ich setze mich vielleicht in die Nesseln, aber das Problem des Ausblendens haben vielfach Mädels wie ich. Auf dem Weg in sich selbst wird hier abgebogen….
Dummerweise prallen die Stimmen, die Gesprächsinhalte nicht an der Wasseroberfläche ab, sie dringen in die Tiefe und bei Statik und belagern das Ohr, was die ohnehin mental nur halbherzig absolvierte Vorbereitung vor dem Abtauchen völlig ruiniert. Und so addiert sich bei den Statiktauchgängen eine Enttäuschung an die andere, weil die besten persönlichen Erfolge nicht mal annähernd erreicht wurden.
Akustisch warten noch weitere Herausforderungen. Es gibt Becken, in denen ist das Geräusch des Wasserüberlaufs so laut, dass es im totalen Gegensatz zur heilen Welt über Wasser steht. Und kommen dann noch Wasserattraktionen dazu, die weiteres Spektakel bewirken, dazu die ruhige Wasseroberfläche zeitweise aufwühlen, landet man nach dem vorherigen Abbiegen von seinem Inneren in der persönlichen Sackgasse.
Mechanische Störfaktoren kann es auch beim Freitauchen im See oder im Meer geben. Spiegelglatte Wasseroberflächen sind eher selten. Bewegtes Wasser vor dem Abtauchen auszublenden, ist auch ein Trainingsbestandteil. Obwohl der Body nicht einfach ruhig auf dem Wasser liegt, muss das egal sein.
Tut man sich schwer, die Umwelt auszuklammern in der Vorbereitungsphase zum Abtauchen, helfen Yoga und autogenes Training. Die dort erlernten Techniken sind nicht allein für das Freitauchen hilfreich und wirkungsvoll, sie haben insgesamt positiven Einfluss auf die Persönlichkeit.
Atemtechniken vom Yoga abgeleitet sind das A und O in der Vorbereitungsphase. Die 4:8 Regel, 4 Sekunden tief einatmen, 8 Sekunden ausatmen, auf die Bauchatmung achten, das in sich spüren, alles um sich herum vergessen, loslassen von allem, was völlig unwichtig um einen herum passiert, in sich zuhause sein, das Abtauchen danach führt zu immer neuen Zielen.
Bevor ich es vergesse, ein ausgekühlter Kopf ist hinderlich beim Erreichen von persönlichen Zielen. Outdoor ist im Pool eine Badekappe ein klassisches Ausrüstungsteil.
Petra Ney
Petra Ney, Michael Goldschmidt