Was ist los auf dem Roten Meer? Die M/Y Hurricane in Brand, in einem Jahr der 5. Totalverlust einer Safariyacht

Die Meldungen von Zwischenfällen mit Safariyachten auf dem Roten Meer häufen sich aktuell in einer nie zuvor registrierten Menge

Es macht mich nachdenklich, wenn ich einen Zeitraum von gut 12 Monaten zurückverfolge und die Ereignisse zusammenfasse, bei denen eine Safariyacht auf dem Roten Meer in Not geriet. Es gibt 5 Totalverluste und einen weiteren Zwischenfall, bei dem das Boot nachts wegen eines gerissenen Seils von einem überraschend aufkommenden Starkwind auf ein Riff gedrückt wurde. Das ist wirklich neu im Umfeld des Tauchtourismus vor Ägypten.

Nun hat es die Safariyacht M/Y Hurricane am letzten Tag ihres Törns vor Elphinstone erwischt. Ein Brand bricht aus, wie berichtet wird, nach dem Tauchgangbriefing um 8:30 Uhr. Einzelheiten zur Ursache sind nicht bekannt und offen gestanden ist auch nicht zu erwarten, dass die Hintergründe je veröffentlicht werden. Man spricht von einem Kurzschluss im Maschinenraum.

Im Interview der BBC NEWS in London – siehe Videolink (Sprache Englisch aber gut verständlich)  – erklärt die BBC Korrespondentin in Kairo ganz klar, dass es nicht im Interesse Ägyptens stehe, Urlauber zu verunsichern, die dann eine andere Destination bevorzugen würden, weil sich im Roten Meer auf einer Safariyacht nicht mehr sicher fühlten. Ägypten ist allgemein nach den Jahren der Pandemie dringend auf Urlaubsgäste angewiesen.

Das ist die Liste der Zwischenfälle seit 19. April 2022

  • M/Y Scuba Scene in Brand vor Hurghada 19.4.2022 Totalverlust
  • M/Y Seawolf Felo gekentert 30.10.2022 Totalverlust
  • M/Y Carlton Queen gekentert 25.4.2023 Totalverlust
  • M/Y Omneia Soul bei nächtlichem Ankerstop auf Riff gedrückt und beschädigt 29.5.2023 Reparatur im Dock
  • M/Y New Dream, vormals M/Y Orion bei Nachtfahrt drei Stunden vor Mars Alam Leck geschlagen und bis zur Oberdeckskante versunken. Keine Verletzte. 7.6.2023 Totalverlust
  • M/Y Hurricane in Brand 11.6.2023 – Totalverlust

Zu den Totalverlusten gibt es kein behördliches Feedback zur Ursache des Geschehens auf der betroffenen Safariyacht.

Der Verlust der M/Y Hurricane ist besonders tragisch, denn drei Gäste gelten als vermisst. An Bord der Safariyacht befanden sich 15 britische Tauchurlauber, dazu 14 ägyptische Passagiere und Besatzungsmitglieder.

Glücklicherweise ist der Unfallort am Elphinstone Riff ein sehr beliebter Spot, zu dem Tagesboote und Safarischiffe viele Taucher bringen. Deshalb war es nicht schwierig, die Gäste der M/Y Hurricane, die in deren Schlauchboote evakuiert worden waren, sicher auf einer anderen Safariyacht unterzubringen. Die M/Y MY BLUE übernahm diese und brachte sie zurück nach Marsa Alam / Port Ghalib.

Nach den vermissten drei Gästen der M/Y Hurricane wurde mit großer Unterstützung der ägyptischen Behörden eine Suche eingeleitet, es ist allerdings zu befürchten, dass sie auf der Safariyacht von den Flammen eingeschlossen wurden.

Safariyacht Hurricane - Quelle FBDie Safariyacht M/Y Hurricane gehört zur Tornado Marine Fleet mit Sitz in Sharm el-Sheikh Bislang hat der Betreiber 6 Schiffe im Portfolio. Die M/Y Hurricane kam 2004 neu zur Flotte, war vermutlich aber zu diesem Zeitpunkt bereits unter anderem Namen auf dem Roten Meer im Einsatz. Der Gründer und Geschäftsführer der Tornado Marine Fleet, Ayman Mousa, hat seine Safaris im Schwerpunkt in England vermarktet.

Das britische DIVER Magazine verlieh von 2003 bis 2019 den Award „Liveaboard of the Year“ durchgängig an eine Safariyacht der Tornado Marine Fleet, dabei 7 Mal allein an die M/Y Hurricane. Nach 2019 gab es keine Auszeichnung mehr. Aber wie unabhängig waren diese Awards?

Nun, die Lücke ab 2019 dürfte mit der Pandemie im direkten Zusammenhang zu sehen sein. Und hier stelle ich mir die Frage, welchen Einfluss hatte die Pandemie auf viele sicherheitsrelevante Bereiche des Tauchsporttourismus in Ägypten? Ist die ungewöhnliche Häufung der Totalverluste von Safariyachten in diesem Zusammenhang zu sehen?

Ich bin mir aus meiner Sicht und meiner jahrzehntelangen persönlichen Ägypten – Erfahrung sicher, dass es unausweichlich Zusammenhänge mit den Auswirkungen der Pandemie gibt. Es musste radikal gespart werden, da mit Safaris keine Geschäfte mehr gemacht werden konnten und auch nicht im touristischen Umfeld. Unternehmen mit einem schmalen Liquiditätskorridor mussten handeln, erfahrene Crewmitglieder wurden nicht mehr weiter beschäftigt, fällige Servicemaßnahmen fielen unter den Tisch.

Zuverlässig und sicherheitsbewusst konnten nur jene Unternehmen die erste pandemiefreie Saison bedienen, die nicht immer schon von der Hand in den Mund lebten. Deshalb mein Rat, gerade jetzt nicht ein Schnäppchen buchen bei einem Anbieter / Veranstalter, der nicht in Deutschland aktiv ist. Es geht um Ihre Sicherheit.

Ich bin tief betroffen, dass vermutlich drei Taucher, Urlaubsgäste, die eine wunderschöne und erlebnisreiche Woche im Roten Meer verbrachten, auf so tragische Weise vermutlich ums Leben kamen.

 

Nachtrag

In der Zwischenzeit wurde das ausgebrannte Schiff nach Port Ghalib geschleppt, dort erfolgen weitere Untersuchungen. Von offizieller Seite wurde am Montagm 12. Juni, der Tod der drei zunächst vermissten Gäste bestätigt.

UWW Michael Goldschmidt
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