Red Sea Silence 2013 bei ORCA Dive Clubs Safaga

Wenn ein Event mit stetig zunehmender Beteiligung zum 4. Mal veranstaltet wird, kann man fast schon von traditionell sprechen

Orca

Wenn ein Event mit stetig zunehmender Beteiligung zum 4. Mal veranstaltet wird, kann man fast schon von traditionell sprechen. Das klingt vielleicht etwas altbacken. Aber das Thema des Events, der sich in einzigartiger Weise dem Tauchen mit Rebreathern widmet, deutet auf eine mögliche breitere Zukunft von Kreislaufgeräten auf dem Rücken von Sporttauchern hin. Zurzeit ist das Thema noch vom Umfeld des technischen Tauchens besetzt. Um interessierten Newcomern und nicht allein schon versierten Kreiseltauchern die Möglichkeit zu geben, unterschiedliche Systeme selbst auszuprobieren, hat man beim ORCA Diveclub in Safaga für den weltweit größten Rebreather Event das Rahmenprogramm neu organisiert. Das positive Feedback der Teilnehmer hat die richtige Richtung des Eventupdate bestätigt. (by Michael Goldschmidt)

Offizielle Zahlen gibt es nicht. Die optimistischste Schätzung, wie viele Kreislaufgeräte weltweit im Einsatz sind, pendelt sich bei etwa 14.000 ein. Davon sollen gut 3.000 von Usern aus dem deutschsprachigen Raum verwendet werden. Das wäre ein Anteil von über 20%. Es schließt sich da natürlich die Frage an, ob Deutsche, Österreicher und Schweizer denn besonders technikinteressiert wären, geht es um die Gestaltung von Tauchgängen.
Die Antwort ist etwas kompliziert, denn man muss das Thema aus mehreren Richtungen analysieren. Und an die Antwort wagen wir uns auch erst, nachdem wir zwei der hervorragend organisierten Rebreather Events selbst besucht haben und in vielen Gesprächen Hintergründe herausfiltern konnten.
Technikfreaks, sprich begeisterte Schrauber und Bastler, die ihre Freizeit zwischen den Tauchaktivitäten am liebsten mit ihrem guten Stück verbringen, hier ein wenig optimieren, dort ein wenig experimentieren, sind durchaus eine Anwendergemeinde, die unverkennbar vertreten ist. Ein wenig liegt es nahe, denn ein Rebreather verlangt nach deutlich mehr Aufmerksamkeit und Zuwendung vor und nach dem Tauchgang. Und so viele schraubende User es hat, so viele Philosophien gibt es in theoretisch wie praktisch individueller Problemlösung. Auch wenn die mit CE Prüfsigel ausgelieferten Geräte nach heutigem Stand der Technik rundum verwendbar sind, ist das Gesamtthema recht komplex und noch lange nicht zuende gedacht.
Die Naturfreunde, die sich den Werbeslogans der ersten für Sporttaucher verwendbaren Rebreathern aus dem Hause Dräger folgend, dem Dolphin oder Ray, für das blasenlose Vergnügen die Fischwelt aus nächste Nähe beobachten zu können, begeisterten, sind auf die Plätze verwiesen. Das Thema ist aktuell eher selten präsent.
Häufiger sind Kreislaufgeräte auf dem Rücken technischer Taucher zu sehen, die gezielt Höhlen oder tiefer liegende Wracks aufsuchen. Das macht Sinn, denn mit weniger Verbrauch an Atemgas, vor allem dem teuren Helium, das für lange und tiefe Tauchgänge den narkotisierenden Stickstoffanteil zum Teil ersetzt, werden die Mengen der mitzuführenden Gasvorräte und deren Kosten deutlich reduziert.
Und die vierte Gruppe von Rebreather Usern, wie können wir sie beschreiben? Es ist eine recht starke Formation, die sich beruflich und einkommensseitig vom Mainstream abgesetzt hat. Sie könnte mit einem Porsche oder ähnlichem Gefährt auf den Straßen einen gewissen Status zum Ausdruck bringen. Aber, weil man das Tauchen schon mal gelernt und daran Spaß gefunden hat, sucht man hier das Besondere, möchte man sich bereits optisch vom normalen Sporttaucher unterscheiden. Und, natürlich muss es tief gehen. Die 100 oder mehr Meter im Computer dokumentiert, ersetzen die 250 km/h auf dem Highway. Selbstredend spielen die Einstiegskosten in die Rebreathertechnik von etwa 6.800 Euro (ohne Wing, Harnes, Flaschen), je nach Absichten und Ziel kann noch einiges dazu kommen, keine Rolle. Man ist finanzkräftig, was wohl erklärt, wie es zu einem Rebreatheranteil von über 20% im deutschsprachigen Raum kommt – die Kaufkraft ist gegeben.

Bei ORCA in Safaga kommen sie alle zusammen, die unterschiedlichen Gruppen von Rebreather Usern und neuerdings auch Schnupperer. Die einen, die von der starken Gruppe 4, genießen die hervorragenden Möglichkeiten die Geräte im Tech – Bereich der Basis vorzubereiten, vom Kalktausch bis zur Gasanalyse und dem rückenschonenden Transport auf die am basiseigenen Steg liegenden Tauchboote.
Nicht umsonst hat man im Tech – Workshop der Orca Basis einen elektrischen Kran montiert, um die daran zu befestigen Rebreather ins Spülbecken zu heben. Einsatzbereite Kreislaufgeräte wiegen, abhängig von der Größe der Sauerstoff- und Diluentflasche („Verdünnungsgas“) sowie dem Volumen des Atemkalkbehälters bis zu 35 Kilogramm.
Man kann insgesamt aus dem zehrenden Trott des beruflichen Umfelds ausscheren.
Man freut sich über die Kommunikation mit Gleichgesinnten, es gibt Fachgesimpel ohne Ende, die abendlichen Fachvorträge werden gut besucht und jede Kleinigkeit an neuer Information wird aufgesogen. Denn man trifft ja nur sehr selten auf weitere Kreiseltaucher bei heimischen Aktivitäten oder an anderen Basen. Dazu ist das Thema denn doch noch zu exotisch.
Lern- und wissbegierig sind die Schnupperer, die es kaum erwarten können, die Geräte gezeigt und von Instructoren begleitet, unter Wasser probieren zu können. Im Herzen haben sie schon einen Kauf auf den Weg gebracht, die Entscheidung, welcher Rebreather letztlich das Rennen macht, unterstützt das Testtauchen, wie es nur hier möglich ist.

Denn Kreisel ist nicht gleich Kreisel. Die Geräte der unterschiedlichen Labels fühlen sich wirklich anders an. Es sind Systeme, nicht nur Atemregler. Die Position der Gegenlunge hat großen Einfluss auf den Atemkomfort und die Tauchlage. Die Dimension des Rebreathers spielt eine weitere Rolle, ist er flach am Rücken, wie der mit zweigeteiltem Atemkalkbehälter konstruierte rEvo aus den Niederlanden oder stecken Kalkbehälter, Gegenlunge und Steuerelektronik in einer runden Röhre, wie beim SF2, den es auch als Sidemount- oder Dualrebreather gibt.
Das alles haben wir vor Ort ausprobiert. Für die Schnuppertauchgänge stand die 20 Fahrminuten entfernte ORCA Basis Somabay, im Hotel Brekers, mit seinem ausgezeichneten Ambiente und bester Logistik zur Verfügung. Das malerische Hausriff, das Tiefen von über 40 Meter zulässt, erreicht man vom Ende des mehrere hundert Meter langen Stegs, das mit kleinen Elektrofahrzeugen, wie sie auf Golfplätzen eingesetzt werden, erreicht wird.
Pech hatte der Vertreter des schwedischen Herstellers Poseidon, Richard Swartling. Der brandneue Rebreather POSEIDON SE7EN verschwand auf dem Luftweg nach Ägypten und gelangte erst am letzten Tag des Events an den Veranstaltungsort, zu spät für die vielen Testwilligen.
Dafür war der Marktführer AP mit dem Buddy Evolution vor Ort. Mike Etheredge, Cheftester und Martin Parker, Kopf und Entwicklungschef von Ambient Pressure demonstrierten persönlich ihre Produkte. Diese hatten wir bereits beim Event 2012 ausführlich auf uns wirken lassen – siehe dazu www.unterwasserwelt.de

Weiter waren an Gerät und versierten Instructoren vor Ort:
JJ – CCR mit Falko Hölzer
SF 2 mit Laurenz Geihsler und Tom Jaspers
rEvo mit Wolfgang Jocham
Submatix mit Dirk Moeller
Pathfinder mit Chris Ullmann
Hammerhead mit Marco Valenti

Um sich ein Bild von den verschiedenen Systemen zu machen, hatten wir 4 Geräte ausgewählt, in die wir an Land und unter Wasser eingewiesen wurden: JJ, SF 2, rEvo und Submatix. Auch wenn das Ziel aller Kreislaufgeräte das gleiche ist – längere Tauchzeiten auch in größerer Tiefe, weniger Atemgasverbrauch, erhebliche Kostenersparnis bei zusätzlich verwendetem Helium – sind die Wege dorthin recht unterschiedlich. Eine zentrale Frage ist die Positionierung der Gegenlunge, was auf den Atemkomfort und die Tauchlage großen Einfluss hat.
Hier gefiel uns im Testquartett der von Laurenz Geihsler fast schwärmerisch demonstrierte SF 2 hinsichtlich des Atemkomforts – in allen Tauchlagen und Montage ohne Werkzeugbedarf am besten. Die Gegenlunge ist auf dem Rücken in einem Carbonrohr untergebracht und teilt sich in zwei unterschiedlich große Bälge. Die Gesamtlösung, die beim SF 2 gefunden wurde, ist deshalb ungewöhnlich, weil die Hersteller allgemein versuchen, die Gegenlunge nahe am Brustkorb anzusetzen. Doch nicht jede dieser Lösungen kann da gleichwertig punkten und im zeitnahen, direkten Vergleich sind selbst für Rebreather – Neulinge wie uns die Unterschiede deutlich erkennbar. Beim SF 2 können außerdem die Bailout – Stageflaschen und die Tanklampe an D-Ringen in identischer Position angehängt werden, wie bei der Harnes für ein Doppelgerät beim Tauchen mit offenem Kreislauf. Und gerne erwähnt sei noch die fast automatische, optimale Trimmung des Tauchers, durch die rückwärtige Gegenlunge im Carbonrohr. Für Sidemountfreunde gibt es eine entsprechende Version, die Tom Jaspers vorführte und Lorenz setzt stets eine Doppelversion mit 2 SF 2 Kreiseln bei seinen Tauchgängen ein. Dieser Rebreather ist also aktuell unser Favorit.
Beim JJ befinden sich die Elektronik und der Atemkalk auch in einer Röhre auf dem Rücken. Die Gegenlunge liegt hufeisenförmig auf den Schultern, vor der Blase des Wing. Somit ist der Brustbereich nicht „verbaut“ und die gewohnte Bewegungsfreiheit ist gegeben. Bei Veränderung der optimalen Schwimmlage spürt man den Einfluss auf den Atemkomfort deutlicher als beim SF 2. Insgesamt ist dieses Gerät im Rahmen unserer Testtauchgänge auf Platz zwei gesetzt.
Der rEvo II fällt mit seiner besonders flachen Konstruktion aus dem Rahmen, was ihn zur ersten Wahl werden lässt, möchte man als Höhlen- oder Wracktaucher Engstellen einfacher passieren. Möglich wird das durch die Zweiteilung des Atemkalkbehälters. Somit vergrößert sich das Profil des Tauchers nur um 15 Zentimeter. Wolfgang Jocham nahm sich besonders viel Zeit, den rEvo, den er selbst mit sichtlicher Begeisterung taucht, ausführlich zu erklären. Alle erdenklichen Ein- und Ansichten konnten wir auf uns wirken lassen.
Bei der praktischen Erprobung war die bei allen Rebreather – Tauchgängen mitgeführte Stage tatsächlich zum Einsatz gekommen. Nachdem sich bereits in den ersten Minuten unter Wasser der Atemkomfort deutlich verschlechterte, wurde auf die alternative Luftversorgung gewechselt. Die technische Kontrolle nach dem Tauchgang ergab, dass sich in einem Atemkalkbehälter Wasser angesammelt hatte, was insgesamt den Luftdurchfluss beeinträchtigte. Obwohl dies für ein Kreislaufgerät generell ein ernstes Problem darstellt, war durch die doppelte Anlage der Atemkalkbehälter dennoch die Luftversorgung möglich. Was zum Wassereinbruch geführt hatte, konnte nicht zweifelsfrei geklärt werden. Aber der Vorfall zeigt, dass die komplexe Technik von Kreislaufgeräten ein wesentlich größeres Augenmerk erfordert, als das Tauchen mit offenem Kreislauf. Somit kann für das rEvo kein Feedback aus der Praxis abgegeben werden. Es soll aber nicht unerwähnt bleiben, dass das rEvo III nach eigenen Angaben des Herstellers die besten Werte für die Atemarbeit nach CE 14143 haben soll.
Als letztes Gerät in der Testquadriga stellte uns Dirk Moeller (ehemals RAB jetzt als Vertreter des VDST vor Ort) den Submatix Quantum Mini eCCR vor. Dieser Kreisel sollte schon ein Jahr zuvor einen Ausflug ins Hausriff des Brekers in Soma Bay begleiten, aber ein Elektronikausfall hatte das vereitelt. Neuer Anlauf, neues Glück. Submatix mit Sitz in Erfurt ist aktuell der einzige deutsche Anbieter von Kreislaufgeräten. Nachdem sich die Firma Dräger, die 1995 mit dem Modell Atlantis den ersten für Sporttaucher konzipierten, halbgeschlossenen Rebreather auf den Markt brachte, sich dann aber mit dem Nachfolgemodell Dolphin bzw. Ray – im Vertrieb von AquaLung – gegen 2003 aus dieser Szene verabschiedete, sind die Erfurter im internationalen Kreiselangebot alleinige Platzhalter Made in Germany. Die Brüder Uwe und Matthias Lessmannn sind seit gut 10 Jahren mit der Entwicklung ihrer Produktlinie beschäftigt. Sie bauen neben dem noch nicht CE zertifizierten neuen Standardmodell auf den gewichtsreduzierten „Mini“, der das Attribut reisefreundlich verdient. Eine Reihe individueller Konfigurationsmöglichkeiten ab Hersteller werden angeboten. Die Gegenlunge ist im Rückenbereich integriert. Verglichen mit SF 2 und JJ ist der Atemkomfort subjektiv nur auf ähnlichem Niveau, die Trimmung ist diffiziler. Der Gewöhnungsfaktor an den Submatix ist für Newcomer in der Testrunde am größten.

Die Off Shore Tauchgänge der erfahrenen Rebreathertaucher, die die Tiefe suchen, wurden vor allem am Panorama Riff und bei Abu Kafan gemacht. Man muss nicht auf über 100 Meter tauchen, man kann es dort aber. Gerne angenommen wurde die Testangebote des deutschen Scooter – Herstellers Bonex, 5 Geräte des Modell Ecos+ waren im Testverleih schnell vergriffen. Fotografisch begleiteten wir die Rebreatherfreunde bis 60 Meter Tiefe, so weit reicht unsere Trimixausbildung im offenen Kreislauf. Auch wenn es schon ein wenig reizt, ein paar Tiefenmeter mehr zu machen, hier ist Disziplin angesagt. Das ist Tauchen abseits der Sportliga.
Interessanteweise haben viele Kreiseluser ein gewisses missionarisches Verhalten. So werden wir bei jeder sich bietenden Gelegenheit gefragt, wann wir denn ganz auf einen Rebreather wechseln würden. Und es folgt dann die stets gleiche Argumentationskette, die nur Vorteile zitiert.
Sicher ist der Markt noch entwicklungsfähig. Wenn große Hersteller – Labels Kreislaufgeräte anbieten können, die das Bindeglied zwischen dem Sporttauchen mit offenem Kreislauf und dem technischen Tauchen mit geschlossenem Kreislauf bilden, dürfte es mit großer Wahrscheinlichkeit eine neue Interessenlage geben, sich für diese Geräte zu interessieren. Bislang war Poseidon der einzige Anbieter im Sporttauchumfeld. Allerdings ist das Handling des MK VI für die Zielgruppe Sporttaucher bis 40 Meter Tauchtiefe nicht entsprechend einfach konzipiert. Diese Lücke könnte der Ende 2013 mit CE in den Handel kommende Rebreather Explorer von Hollis schließen, der mit Sicherheit beim Event Nummer 5 in Safaga dabei sein wird.

Was Volker Clausen als erfahrenen Kreislauftaucher und Veranstalter des Rebreather Events am meisten an dieser Art zu tauchen gefällt, wollen wir zum Abschluss der intensiven Woche von ihm selbst wissen. Auf unsere Frage denkt er kurz nach, dann geht sein Blick übers Meer und er mit einem Strahlen in den Augen sagt er: „Die Ruhe.“

www.orca-diveclubs.com

Beitrag erstellt 7.2013