Liebe Leserinnen und Leser,
in letzter Zeit machen mich immer häufiger gepostete Bilder nachdenklich, die Taucher mit Rebreather und einer Menge von Stageflaschen zeigen, deren Ausrüstungsgewicht mit Anzug, Reglern, Tanklampe und sonstigem Zubehör die 100 Kilogramm Marke erreicht. Auch wenn dieser Auftritt als technisches Tauchen bezeichnet wird, dann sind die damit verbundenen Aktivitäten dennoch dem Oberbegriff „Sporttauchen“ zuzuordnen, denn die Ziele der Tauchgänge sind privater Natur und nicht beruflich bedingt.
Und zur eindeutigen Unterscheidung, ob beruflich oder „nur“ als Hobby getaucht wird, stammt der Begriff „Sporttauchen“. Was mich angesichts der umfangreichen Ausrüstung irritiert, ist das eher fortgeschrittene Alter der damit aktiven Taucher. Optisch hinterlassen viele auf den geposteten Bildern auch nicht den Eindruck, allein schon für die eigene Ausrüstungslogistik über Wasser die körperliche Fitness mitzubringen. Liegen dann die Trilaminat – Trockentauchanzüge schon an der Oberfläche hauteng an, frage ich mich, ob diese älteren Herren – es sind in jener Kategorie allzu meist Herren – sich selbst gelegentlich 1:1 auf den Prüfstand stellen, ob das, was sie da gerade machen, wirklich dem entspricht, was ihnen verantwortungsvolle Ausbilder einmal vermittelten, auch in der Fitnessfrage.
Sich selbst objektiv zu beurteilen, ist keine einfache Übung. Denn man muss ehrlich zu sich sein und anerkennen, dass mit fortschreitendem Alter das eine oder andere nicht mehr so nebenbei erledigt wird, wie mit 35 oder 45 Jahren. Das ist völlig normal. Die jüngere Altersklasse wäre für eine umfangreiche Ausrüstung wie eingangs beschrieben die richtige Zielgruppe. Nur, sie muss ihr Geld überwiegend für Familie, teure Mieten oder Hauskredite einplanen, nicht für eine Tauchausrüstung im Investitionsrahmen von € 30.000 und mehr.
Nein, ich gehe nicht mit erhobener Fahne und Belehrungen um mich werfend in das Thema. Meine Gerätetauchausbildung 1984 – eine heute unvorstellbar harte Schule – führte bis hin zum Mischgastauchen. Ich weiß um die Equipmentgewichte, die sich unter Wasser zwar neutralisieren, die Masse muss aber dennoch bewegt werden. Ein Scooter hilft da deutlich, aber er darf nicht ausfallen…
Für mich ist die Aktivität als Sporttaucher mit all seinen Ausbildungen durchaus in einer Kurve darstellbar. Der Zenit muss aber auch erkannt werden. Dann nimmt man sich langsam zurück und erkennt, dass die dann „weniger anspruchsvollen“ Tauchgänge wesentlich entspannender verlaufen. Trimix ist für mich kein Thema mehr, große Stageflaschen stehen zum Verkauf, ein Doppeltank muss auch nicht mehr sein.
Vielleicht ist da auch ein „back to the roots“ und die Wurzeln kannten noch keine Jackets oder Tauchcomputer. Als ich ein paar Monate nach meiner Tauchausbildung mit dem ersten eigenen Jacket am damals üblichen Doppel 8 nach Elba zurückkehrte, zur Basis meines Ausbilders, belehrte er mich dahingehend, dass sich das nie durchsetzen würde. Als sein ehemaliger Schüler traute ich mich zu dieser Zeit nicht, ihm zu widersprechen. Er lehrte mir aber nicht nur die Grundlagen des Tauchens sondern auch den Respekt vor dem Meer. Als wir einmal am kleinen Sandstrand vor seiner Basis dem Sonnenuntergang zusahen, sagte er mir diese unvergesslichen Worte: Vergiss nie, für das Meer bist du weniger als eines dieser kleinen Sandkörner!
Elba ist vielleicht das Stichwort schlechthin, das insgesamt mein großes Spektrum taucherischer Aktivitäten bestimmt. Wirklich sportliches Tauchen ist nur das Frei- oder Apnoetauchen. Und hierfür liegen die Wurzeln wiederum auf Elba und im Mittelmeer vor der Insel. Hier wurden freitauchend von Enzo Maiorca und Jacques Mayol erstmalig unglaubliche Tiefenrekorde erzielt, ohne großes Brimborium, die zu der Zeit aus Sicht ärztlicher Experten als unmöglich und tödlich angesehen wurden. Schon damals irrten die Experten…
Freitauchen zählt mittlerweile zu meiner ganz großen Leidenschaft. Hier haben meine Buddy Petra – APNOE–PASSION – und ich eine Reihe von Trainingstools entwickelt, die aktuell auch einen Sporttauchclub in deren Training begeistern. Und mit diesem guten Gefühl, nehmen wir freitauchend jetzt gerne auch wieder Gewichte in die Hand, um zu Fuß weiterzukommen. Und auch dieses Tauchen erzeugt keine Luftblasen, ist nur sportlicher und in der Gewichtsbilanz des Equipments federleicht.
Herzliche Grüße, Ihr
Michael Goldschmidt