Die Reihen lichten sich bei den großen Namen der deutschlandweit und international renommierten Unterwasserfotografen, nun hat auch Dietmar Reimer, Jahrgang 1945, seine Kamera für immer aus der Hand gelegt. Dietmars Bescheidenheit stand im totalen Gegensatz zu seinem großartigen Bildschaffen unter Wasser, für das ihm keine Strapaze zu groß, keine Hürde zu hoch war. Seine „Besessenheit“ Einmaliges und zuvor nie Gesehenes unter Wasser mit der Kamera als ganz bewusst gestaltetes Foto technisch einwandfrei auf einem Kleinbildfilm festzuhalten, ist nur den Wenigsten bekannt.
Kaum einer weiß, dass Dietmar Reimer tatsächlich ausgebildeter Fotograf war, einer der ganz wenigen Profis in der deutschsprachigen Szene der Unterwasserlichtbildner. Und weil ich selbst ausgebildeter Fotograf bin und unter Wasser mit Foto- sowie Film/Videokameras professionell produziere, fiel es mir seinerzeit nicht schwer, bei der ersten Begegnung mit Dietmar Reimer eine kommunikative Brücke zu dem freundlichen aber auch vorsichtigen und eher zurückhaltenden Menschen aufzubauen.
Keine Allüren, kein Anspruchsverhalten, als der elitäre Unterwasserfotograf mit mehr als 100 Auszeichnungen und internationalen Titeln hofiert zu werden. Nach ein paar Minuten waren wir bereits voll in unserem Thema Unterwasserfotografie versunken und überdachten dann Pläne, unser Zusammentreffen dann auch zu Veröffentlichungen in UnterWasserWelt weiter zu entwickeln.
Money makes the world go around und Geld oder Honorarrahmen sind bei den ersten Gesprächen nach dem einleitenden Geplänkel ein rasch angesprochenes Thema. Da wartete ich bei Dietmar Reimer ganz natürlich auch darauf, was diesbezüglich seine Vorstellungen wären. Jedoch, da kam nichts, nicht einmal ein Gesprächspfad führte in diese Richtung.
Während sich andere an dieser Stelle klar positionierten und dabei das persönliche Preis/Leistungsverhältnis eher überschätzten, hatte Dietmar Reimer für sich ganz klar Eckpunkte gesetzt, die er nahezu selbstlos der Evolution der Unterwasserfotografie widmete. Wenn er zunächst für seine außerordentlich herausragenden Fotos ein Honorar bekam, war er dankbar. Hausieren ging er mit den Ergebnissen seines Bildschaffens nie und es sind auch nur eine Handvoll ausgesuchter Motive in einer Online – Bildagentur hinterlegt. Das Geschäft mit seinen Bildern interessierte ihn nur weit nachgeordnet.
Die Teilnahme an internationalen Wettbewerben war eher seins. Die Erfolge, weit über 100 Auszeichnungen errang er bei Internationalen Fotowettbewerben und wurde sechs Mal Gesamtsieger und somit Unterwasserfotograf des Jahres 1977 und 1978 sind legendär. Höhepunkte seiner Unterwasserfotografenkarriere war der Weltmeistertitel 1983 und die des Vizeweltmeister 1986.
Und er kümmerte sich auch um den Nachwuchs der Unterwasserfotografen. Er gab sein Wissen, seine Erfahrungen, sein über Jahrzehnte erarbeitetes Know How ungefiltert 1:1 auch bei organisiertenTauchreisen weiter. Nur wer die Szene kennt ist in der Lage, die menschliche Größe von Dietmar Reimer einzuordnen, denn es ist eher unüblich, dass sich etablierte UW-Lichtbildner überhaupt in die Karten schauen lassen.
Ab 1970 war er gefragt, wurden Bildstrecken mit Texten von Dietmar Reimer in vielen deutschsprachigen und europäischen Tauch- und Fotomagazinen gedruckt, deren Honorare aber kaum die Investitionen in das teure Equipment von Kameras, Unterwassergehäusen und Blitzgeräten ausgleichen konnten. Auch die Verlagstantiemen seiner wenigen Buchproduktionen, wie das unbestrittene Highlight, der Kultbildband PARADIESE UNTER WASSER aus dem Weingarten – Verlag (gewidmet Hans Hass) oder UNTERWASSER FOTOGRAFIE aus dem Könemann – Verlag vergoldeten wirtschaftlich nicht sein Schaffen.
Überlingen am Bodensee war seine Heimat, am Bodensee begann das beispiellose Engagement für das Tauchen und die Unterwasserfotografie von Dietmar Reimer. Über die Jahre entwickelte sich dann eine ganz besondere Liebe zu Curacao. Unzählige Male produzierte er dort karibische Tauchträume und gestaltete da zuletzt mit seinem Teenager – Sohn und dessen Freundin eine ganz besondere Liebeserklärung an die Unterwasserwelt von Curacao. Kein Wunder, dass die meisten von seinen wenigen Buchproduktionen Curacao gewidmet waren.
Tragisch war die Entwicklung des familiären Hintergrunds von Dietmar Reimer. Eine Scheidung nahm ihm die finanziellen Spielräume, weiterhin als UW-Fotograf wie gewohnt aktiv zu sein. Investitionen in neue Technik war kein Thema mehr. Als Fotograf beim Diehl – Konzern in Überlingen beschäftigt, gehörte er nicht zu den Besserverdienern, das Geld floss nun stark in andere Kanäle.
Ende Mai 2024 ist Dietmar Reimer mit 79 Jahren in Überlingen gestorben. Still und ohne sonst flächendeckend bestürzter Informationen auf den Social Media Kanälen. Erst der Nachruf von Paul – W. Munzinger, einem Weggefährten, erhielt ich die traurige Information. Dabei ging mir vor ein paar Tagen noch durch den Kopf, Dietmar mal wieder anzurufen…
Michael Goldschmidt
Michael Goldschmidt
