Keine 11 Stunden trennen den Airport in München von der Malediveninsel Thulhagiri. Dabei entfallen 9 Stunden und 20 Minuten auf den Flug, 30 Minuten auf die Einreiseformalitäten und 30 Minuten auf den Speedboot – Trip zur Insel, Male im Rücken und vorbei an Bandos. Nur 13 Kilometer von der Hauptstadt entfernt beginnt im Paradies der Liebenden, inmitten des Nordmale – Atolls, der Tauchurlaub.
Thulhagiri zu erreichen macht Spaß, denn der kurze Trip nach Norden im Schnellboot des Resorts kann auch jene Gäste nicht aus der Fassung bringen, die mit Seekrankheit zu kämpfen haben. Viele helfende Hände kümmern sich um das Gepäck, das man nach der Ankunft erst im sechseckigen Strandbungalow wiedersieht. Der die Gäste betreuende Mitarbeiter des Resorts zeigt stolz die Annehmlichkeiten des etwa 5 Meter im Durchmesser zählenden Wohnraums. Am angenehmsten dabei ist zweifellos die leise und gut abstimmbare Klimaanlage, die mit einer Fernbedienung anzusteuern ist. Der Fernseher ist eher eine Frage des Standards, 4 Sterne verlangen so einen elektronischen Zivilisationsknecht. Tee und Schnellkaffee können mit Hilfe des Wasserkochers im Zimmer zubereitet werden. Ein kleiner Kühlschrank wartet auf eigene Vorräte, wir stecken ihn vom Netz ab, er braucht nur Energie und heizt den Raum unnötig auf. Die Netzsteckdosen wurden nach dem Prinzip verbaut, was gerade vorrätig ist, kommt in die Wand. Britische Norm, US-Norm, Deutsche Norm, alles ist möglich. Hat man für die eigenen Geräte einen Adapter vergessen, ist die Chance groß irgendeine passende Dose zu finden. Die Netzspannung von 220 – 240 V bei 50 Hz passt zu allen mitgebrachten Verbrauchern.
Das Bad ist relativ geräumig und geschlossen, keine Open Air – Dusche, wie bei manch anderen Resorts. Ein Fön erfreut die frisurbewussten Damen unter den Gästen, in bereitgehaltenen Bademänteln kann man es sich bequem machen. Die Handtücher werden täglich ausgetauscht, die Strandhandtücher alle zwei Tage. Das Wasser aus der Leitung sollte man wie üblich nicht trinken. Thulhagiri versorgt seine Gäste mit Süßwasser aus einem großen Vorratstank, die Nähe zu Male macht’s möglich, außerdem wäre eine Meerwasser – Entsalzungsanlage für die Größe der Anlage nicht rentabel.
In Gruppen von 4 Bungalows sind die Gästezimmer zusammengefasst, in denen man zumeist ungestört von Blicken der Nachbarn vor der Türe sitzen kann. Die rückwärtig gelegenen Häuschen ohne Meerblick werden etwas günstiger angeboten. Unmittelbar vor dem Strandbungalow Nr. 145 beginnt auch wirklich der Strand, keine 10 Meter trennen vom im Mittel 29°C warmen Wasser der Lagune. Die Vegetation wird bestimmt von Palmen und höheren Bäumen mit lederartigem Blattwerk, es gibt an dieser Stelle kaum Büsche, die die Sicht zum Meer beeinträchtigen könnten.
Ein Special auf Thulhagiri ist eine große Kolonie von Wellensittichen, die in für sie vorbereiteten Kokosnüssen wohnen und brüten. Das Experiment mit den in ihrer australischen Heimat eher auf dem Boden lebenden Vögeln ist hier voll gelungen. Das Gezwitscher und Geschnatter der Vögel ergänzt die Natur mit einer besonders frischen und freundlichen Note. Natürlich fehlt auch nicht der Inselreiher, Standort Bungalow 155, der sich gelegentlich einen Wellensittich als Snack einverleibt. Flughunde und Fledermäuse gibt es ebenso wie hübsche Leguane, wobei die Variante mit leuchtend gelben Kopf besonders attraktiv ist. „Ministrauße“, kaum 20 Zentimeter groß, rennen über die Insel und lassen immer wieder ihren eigenartigen Lautfolgen vernehmen.
Wer sich für seinen Aufenthalt ein „besonderes“ Quartier wünscht, der wird vermutlich einen der Wasserbungalows bewohnen, die durch ihr großes Panoramafenster mit Blick übers Meer den Sonnenuntergang in ganz persönlicher Abgeschiedenheit erleben lassen. Natürlich ist ein direkter Zugang zur Lagune selbstverständlich. Dafür kann man das für die Malediven notwendige und gewünschte Barfußfeeling nicht auf sich wirken lassen, tagsüber muss man mit Sandalen über die von der Sonne aufgeheizten Stege gehen, sonst fackelt die Fußsohle ab. Für Unbedarfte stehen alle 10 Meter amphorenartige Wassergefäße mit einer Kelle, damit man sich im Falle des Falles die qualmende Hornhaut löschen kann.
Der Durchmesser der annähernd runden Insel wird mit 250 Metern angegeben. Das mag stimmen, eine Umrundung im flotten Schritt findet nach 10 Minuten ihr Ende. Zum Schutz vor Sand- und entsprechendem Strandverlust wurde streckenweise entlang des Ufers eine kleine Mauer errichtet, in die vor den betroffenen Wohnbereichen kurze Bootsleitern eingelassen sind, damit man vom Niveau des Inselbodens bequem zum Strand gelangt. Je nach Laune der Natur, so war es auch zum Zeitpunkt unserer Reportage, kann diese Mauer mit dem Sandstrand auf selber Höhe abschließen und verschwindet dabei völlig.
Ein Highlight für alle Gäste ist zweifelsohne die Leistung der Resortküche. Die Auswahl und Qualität der Speisen ist außerordentlich positiv zu bewerten. Jeder Geschmack wird getroffen, ob beim Frühstück, das sogar eine unerwartete Auswahl an Wurstaufschnitt bietet, die Mittag- und Abendessen in Büfettform, die immer wieder unter einem anderen Motto stehen, die Snackangebote für zwischendurch, allesamt können gelobt werden.
Natürlich darf man die dienstbaren Geister im Restaurant und der Bar nicht vergessen, die freundlich und rasch die Gäste betreuen, begleitet von einem geschmackvollen musikalischen Hintergrund. Und bevor Sie fragen – ja, man hat im Restaurant und in der Bar Sand unter den Füßen, so, wie es sich für ein authentisches Maledivenresort schließlich gehört.
Hübsch sind auch die beiden kleinen Seerosenteiche, einer neben der Rezeption, die baulich in die Bar und das Restaurant über geht, einer nahe der Tauchbasis und dem Wassersportzentrum. Den Maßen der Insel angepasst ist der strandnahe Pool, an dem man relaxen, einen Snack einnehmen oder einen Cocktail genießen kann.
Gegen 18:30 Uhr ist es bereits dunkel und aufgrund der Äquatornähe stellt die Dämmerung nur eine kurze Phase im Wechsel vom Tag zur Nacht und wieder zum Tag dar. Der Blick übers nächtliche Meer zeigt am Horizont eine Menge von Lichtern, die Hauptstadt Male ist deutlich auszumachen. Die Nachbarinseln zu Thulhagiri sind nicht weit weg, Bandos etwa nur 10 Minuten mit dem Speedboot.
Wie auf vielen anderen Malediveninseln ist für Kids kein besonderes Programm geboten, entweder haben sie von sich aus Spaß am Schnorcheln oder möchten mal Schnuppertauchen, könnten Aktivitäten im Wassersportzentrum – vom Windsurfen bis zum Wakeboard – gebucht werden, Tischtennis, Kicker oder Darts gibt es kostenfrei. Eltern, die mit Einzelkindern reisen, sollten nicht darauf vertrauen, dass gleichaltrige Kids, die vielleicht auch noch die selbe Muttersprache haben, vor Ort sind, die sich dann selbst organisieren und den Eltern ein paar Stunden Zeit für sich selbst ermöglichen. Kleinkinder müssen ebenso in eigener Regie betreut werden, möchten Eltern mit einem Miniknirps im Gepäck mal wieder zusammen abtauchen, könnte es organisatorische Probleme geben.
Die Sonnenuntergänge erwartet man am besten in der Sunset Bar, um das täglich neu inszenierte Naturschauspiel nach Art von Key West von einem Cocktail begleitet und einer Kamera bewaffnet auf sich wirken zu lassen.
Im Abstand von mehreren Wochen wird Thulhagiril mit Insektiziden beräuchert, das ist allgemein Usus auf den Hotelinseln. Darüber informiert ein Aushang, und in der Stunde zwischen 16:30 Uhr und 17:30 Uhr des betreffenden Tags wird gehandelt. Ein nicht unbedingt erfrischendes aber dennoch notwendiges Unterfangen einer sich sonst aufbauenden Mückenplage frühzeitig gegenzusteuern. Die Mücken sind auf den Malediven Zivilisationsfolger, will heißen, sie besiedeln erst von Menschen genutzte Inseln, da sie nur unter diesen Umständen „Nahrung“ finden und sich fortpflanzen können.
Nicht ganz entziehen kann man sich den religiösen Riten des zu 99,8% islamischen Staates. Der Fastenmonat Ramadan, der sich nicht an einem stets gleichen Zeitpunkt im Jahr festmachen lässt, kann sich ein wenig auf den Service auswirken.Tagsüber dürfen die Gläubigen nichts essen und nichts trinken, erst in der Nacht ist ihnen das erlaubt. So sind einige streng Gläubige tagsüber durch Müdigkeit und Flüssigkeitsverlust geschwächt und alles geht ihnen etwas langsamer von der Hand. Dafür sollte man Verständnis aufbringen.
In der bestehenden Form wird Thulhagiri noch bis 2018 als Resort betrieben werden. Danach ist der dann 24 Jahre bestehende Pachtvertrag des österreichischen Betreibers, der auch die Insel Angaga im Ariatoll bewirtschaftet, nicht mehr verlängerbar. Thulhagiri wird neu ausgeschrieben werden und es wird einen maledivischen Pächter geben, denn es ist schon länger für Ausländer nicht mehr möglich Hotelinseln zu pachten. In der Regel geht mit dem Wechsel der Besitzverhältnisse eine völlige Umgestaltung der Anlage einher, so dass Thulhagiri nach einer Umbauphase ein völlig anderes Erscheinungsbild haben wird. Wie gesagt, erst nach 2018…
Tauchen
Eine Malediveninsel ohne Hausriff macht in erster Linie für jene Gäste Sinn, die vornehmlich dem hier ausufernden Trend neu geschaffener Wellnessoasen Interesse entgegen bringen und das Tauchen eher zurückhaltend ausüben, gelegentlich einmal vom Dhoni aus, an einem der speziellen Highlights mit grauen Riffhaien und saisonal abhängig mit Mantas.
Thulhagiri hat ein Hausriff, das 24 Stunden am Tag betaucht werden kann. Zugegeben, der Weg ans Außenriff zieht sich ein wenig und wird auf kürzestem Weg vom Einstieg nahe der SUB AQUA Tauchbasis erreicht, je nach Wind, Welle und Kondition können da etwa 10 Minuten eingeplant werden, bis sich der Boden unter den Flossen auftut, nachdem man zuletzt einem Ariadnefaden folgend den besten Weg durch das Korallendach absolvierte, um über einer Naturplattform, die in 5 Metern Tiefe angelegt worden ist, abzutauchen. Die Führung mit einem Seil ist an ihrem Anfangspunkt mit einer Boje markiert, die man mit einem Kompasskurs von 270° unter Wasser recht genau ansteuern kann.
Mit Bojen gekennzeichnet gibt es 5 Einstiege, die man zu Fuß erreicht. Wer Probleme hat, mit komplettem Gerät, vielleicht auch noch eine stattliche UW-Kamera – Ausrüstung dabei, quer über die Insel zu stapfen, kann mit etwas Glück, besser mit vorheriger Absprache, einen Transfer des tauchfertigen Equipments zum Einstieg bekommen. Der Kompressorboy freut sich über ein kleines Trinkgeld.
Ein beliebter Spot, der wegen einer Vielzahl von Langusten interessant ist, wird auf kurzem Weg durch eine zweiminütige Mitfahrt im Tauchdhoni erreicht, gelegentlich auch als direktes Tauchziel für Gruppen angesteuert. Auf jeden Fall werden hier die Nachttauchgänge durchgeführt, bei denen man die Langusten bei ihren Aktivitäten außerhalb ihrer Wohnhöhlen erlebt.
Seit 2004 betreut SUB AQUA den Tauchbetrieb auf Thulhagiri. Ebenerdig sind das Büro, ein Raum für Leihequipment, einer für Gästeausrüstungen, der Kompressorraum und ein überdachter Bereich für das An- und Ablegen sowie Spülen der Ausrüstung. Alles ist sehr übersichtlich, mit etwa 25 Tauchern wäre die Basis voll ausgelastet, bis zu 40 Taucher kann man betreuen und mit Equipment ausstatten. Die Kompressoren stammen von L&W, 32er „Nitrox for free“ für entsprechend zertifizierte Taucher liefert eine Membrananlage. Aluflaschen mit 12 bzw. 15 l Volumen mit Int / Din – Monoventilen stehen zur Verfügung.
Je nach Saison ergänzen weitere Tauchlehrer und Guides, alle mehrsprachig, das Team. Den August, die Zeit des stärksten Monsun mit häufigen Schauern oder auch einmal völlig bleigrauen Tagen, fährt man auf der Basis mit kleinerer Besetzung und der Basisleiter gönnt sich dann ebenfalls eine Auszeit.
Vom Schnuppertauchen bis zum PADI – Divemaster kann an der Basis Aus- und Weiterbildung betrieben werden, ganz klar natürlich auch die stets empfehlenswerte Nitroxausbildung.
Hausriff
Man hat fünf mit Bojen markierte Einstiege ins Hausriff, dessen Ausdehnung mehr als dreifach so groß ist wie die Insel selbst. Eine komplette Umrundung wurde von der Basiscrew noch nicht dokumentiert, diese würde vermutlich einen über zweistündigen Tauchgang erforderlich machen, mit und gegen die Strömung.
Am besten erkundet man als Fotograf das Hausriff zur strömungsarmen Zeit zwischen den Gezeiten. Die Tabelle zu Ebbe und Flut hängt für den betreffenden Monat an der Basis aus, nahe dem Höchststand der Flut kommt man auch am besten über die Korallenblöcke, möchte man nicht die Fahrrinne der Boote nutzen, die aber ein ganzes Stück Schnorchelstrecke abfordert.
Denken Sie daran, außer beim Einstieg nahe der Basis kann es wirklich knapp werden mit der „Bodenfreiheit“ über den Korallenblöcken des Riffdachs. Planen Sie die Tauchgänge immer vorausschauend und nicht nahe dem niedrigsten Wasserstand. Die Strömung kann rund um die Insel durchaus flott werden, dann den Tauchgang besser gegen das einlaufende Wasser beginnen, den Strömungsschatten nutzen, den die Buchten bieten um sich dann ohne Kraftaufwand zum Einstieg zurück treiben zu lassen.
Alle fünf Riffzugänge sind zusätzlich mit Seilen markiert, die geradlinig und zum Teil bis 25 Meter Tiefe führen. So kann man sich bei seinen Hausriffausflügen hervorragend orientieren.
Vielfältig gestaltete Hartkorallen – Terrassen, die sich mit kleinen Steilwänden abwechseln, reichen bis etwa 19 Meter Tiefe, Dann beginnt eine abfallende Zone mit Sandboden, auf denen unterschiedlich große Korallenblöcke verteilt sind, reich mit allen Korallenfischen belebt.
In den Steilwänden gibt es unterschiedlich große Grotten und kleinere Überhänge. Schwärme von Glasbarschen hängen wie ein Vorhang vor den Kleinsthöhlen, hinter denen sich die stets scheuen Juwelenbarsche verstecken.
Eine beliebte Putzerstation ist etwa 5 Minuten rechts vom Haupteinstieg, da kann man eine kleine Schule arabischer Süßlippen beobachten und ausgiebig fotografieren. Große Grouper kreuzen ebenfalls zur Körperpflege auf, doch sie reagieren auf friedliche Annäherungsversuche eher skeptisch. Taucht man weiter, erreicht man die erste Steilwand, vor der gerne ein großer Schwarm von Flecken – Pompanos seine Kreise dreht. Unversehens ist man in deren Mitte und ohne Scheu umschwimmen die Freunde mit dem blau gepunkteten Rücken eine ganze Weile die Taucher.
Einige wahrlich monströse Seegurken weiden derweil die Korallen ab, gelb-rot leuchte wunderschön gezeichnete Seesterne aus dem Riff. Falterfische in strahlendem gelb oder braun mit schwarzen Streifen oder mit Pinzettenmäulchen streifen durch ihre Reviere, dazwischen die stets hektischen Doktorfische. Für eine Art kleinerer Drückerfische ist offenbar gerade Brutzeit und bissig verscheuchen sie alles und jeden, der ihrem Gelege zu nahe kommen könnte. Ganz klar, auch im Hausriff von Thulhagiri gibt es einen Drücker der kapitalen Sorte, der bei Bedarf ein Stück aus der Flosse knipsen könnte, wie ein Schaffner aus der Fahrkarte. Doch zurzeit ist Frieden und das in Gelbtönen gekleidete Schuppentier wedelt nur jovial vorbei.
Ein optischer Leckerbissen ist der selten gesichtete arabische Kaiserfisch, der statt einem Streifenmuster eine rautenförmige Zeichnung hat, hellblau gemusterte Wangen und einen großen Augenfleck am unteren Rand der Rückenflosse.. Er ist aber genau so nervös und verschwindet ebenso schnell in einer Spalte, wie der hier weit verbreitete Artverwandte.
Durch Schwärme von Füsilieren und schwarzen Doktorfischen geht es weiter, bis auf dem Sandboden in 25 Metern Tiefe ein kapitaler Stingray entdeckt wird, der ein Mittagsschläfchen hält. Das kleine Blitzlichtgewitter deutet er als Signal zu Tisch zu gehen, so schwingt er sich auf um ein paar Meter weiter den Grund auf Fressbares abzuscannen, was entsprechend Nebelschwaden um ihn aufsteigen lässt.
Lässt man mal den Blick in die Runde schweifen und auch hinauf zur Wasseroberfläche, überall ist Leben im Riff. Natürlich ging die korallentötende Wassererwärmung Mitte der 90er Jahre nicht an Thulhagiris Hausriff vorbei, doch es hat sich gut erholt und die Vielfalt an unterschiedlichsten Hartkorallen und einiger Weichkorallen ist groß. Noch gibt es keine atemberaubend gewachsenen Tischkorallen, doch die Natur arbeitet daran. Der Blick unter die Tischkorallen lohnt immer, in ihrem Schutz halten sich gerne die größeren Rifffische auf, die nicht mehr durch das engmaschige Netz der anderen Korallenarten passen. Barsche, Süßlippen, Soldatenfische findet man hier laufend.
Sogar bunte Weichkorallen haben sich wieder eingefunden, aktuell aber noch im „Babystadium“ und nur an einzelnen Standorten.
Die Erkundung des Hausriffs mit einer leistungsstarken Lampe auch bei Tag macht auf jeden Fall Sinn. So entdeckt man immer wieder neue Spezien, vor allem die Meister der Tarnung, die Pulpos, die sich in oder vor ihren Höhlen verstecken. Und immerzu lohnt ein prüfendes Ableuchten der vielen höhlenartigen Versteckmöglichkeiten in den Korallenblöcken auf dem Weg links vom Haupteinstieg. Jede größere Öffnung wird von Glasbarschen genutzt, hinter einem der lebenden Vorhänge entdecken wir sogar einen schlafenden Adlerrochen.
Anemonenfische sind eher zurückhaltend angesiedelt, dafür aber in Arten, deren Färbung sich von den „Standards des Roten Meeres“ deutlich unterscheiden.
Am Abschluss einer Steilwand, in 20 Metern Tiefe, öffnet sich wieder eine Grotte mit mehreren Metern Durchmesser und wie könnte es anders sein, ein silbern wabernder Vorhang aus Glasbarschen verdeckt den Hintergrund. Eine Muräne hat sich dieses Versteck ausgesucht und kann so bestens getarnt den Tag verbringen. Sie teilt sich das äußerst geräumige Appartement mit rot leuchtenden Juwelenbarschen, die sich in Thulhagiris Hausriff allgemein gerne ein Leben hinter dem Silberschleier gönnen.
Farbtupfer generieren auch in der Tiefe blau leuchtende Schwämme, die ihre bizarr wachsenden Äste ins planktonreiche Wasser stecken oder als Kissen einzelne Korallenblöcke dekorieren.
Die Lobsterstation zählt noch zum Hausriff. Man kann diese von Land aus „per Flosse“ erreichen, besser man spart sich den langen weg durch die Lagune und über das Riffdach und lässt sich von einem ausfahrenden Tauchdhoni über dem Spot absetzen, man kommt bei allen Ausfahrten ohnehin dort vorbei. Manchmal gibt es aber auch einen direkten Nachmittagstrip dahin, begleitete Nachttauchgänge dort stehen auf dem Basisprogramm.
Der Korallenblock der Begierde ist halb so groß wie ein Dhoni, der tiefste Punkt liegt bei etwa 19 Metern, gut 5 Meter baut er sich nach oben auf. In den unzähligen Löchern und Spalten leben eine Vielzahl von Langusten, die überwiegend nachtaktiv sind. Eine geräumigere Höhle im Inneren des Blocks nutzen regelmäßig ein oder zwei Ammenhaie für den Tagschlaf. Durch ein paar seitliche Löcher kann man zumindest ihre Körperseiten in kleinen Ausschnitten mit der Handlampe beleuchten, als Fotomotiv taugen diese Beobachtungen aber nicht.
Den Fels umrundet man am besten gemächlich in unterschiedlichen Tiefen, wohl dem, der eine Lampe dabei hat, denn das Leben versteckt sich in den Spalten und Nischen, die nur im Lichtschein ihre vielen Geheimnisse preis geben. Und, man ist am besten nur mit einer ganz kleinen, disziplinierten Gruppe, am besten nur zu zweit an diesem Spot, denn sonst wird es eng.
Hat man genug Spaltenforschung betrieben wartet in geringeren Tiefen noch ein weiteres Highlight, eine Schule von etwa 15 Fledermausfischen, die frech auf kürzeste Distanz heranschwimmen und sich in den Blasenvorhängen der Ausatemluft förmlich baden. Von hier geht es dann entweder in das wartende Tauchdhoni oder einem Seil folgend zurück ans eigentliche nahe Hausriff und von dort zum direkten Ausstieg oder weiter zum etwa 20 Minuten Tauchzeit entfernten Ausstieg nahe der Basis. Das alles ist abhängig vom Luftverbrauch, vielleicht gönnt man sich für dieses Ausflug eine 15 l Flasche.
Die Orientierung unter Wasser wird durch die dicken Ariadnefäden, die von den Einstiegen zum Teil bis 25 Meter Tiefe führen oder auch zur Lobsterstation, entscheidend erleichtert. Die Abstimmung der Tauchgänge mit den Gezeiten macht Sinn, denn nur bei Flut kann man alle Einstiege wirklich nutzen.
Um sich die Orientierung auf dem Weg durch die Lagune zur Einstiegsboje zu erleichtern, leistet ein Kompass nützliche Dienste.
Der letzte Tauchgang im Hausriff, die vergangenen Tage waren wir die einzigen Gäste vor der Haustüre der Insel unter Wasser, wird zum absoluten Erlebnis. Kapitale Muränen zeigen sich ein Stück weit aus ihren Höhlen, die Putzer sind auf Hausbesuch. Sogar die sonst so nervösen Juwelenbarsche liegen entspannt auf den Korallenblöcken, die Stippvisite der Putzergarnelenkolonne lässt ihnen entspannt die Zahnpflege angedeihen. Erst später auf den mit Makroobjektiv aufgenommen Fotos wird man die fast durchsichtigen Kleinstdentisten entdecken. Der Schwarm außerordentlich relaxter Snapper in silber und rot lässt sich auch bereitwillig ablichten, wirkt fast enttäuscht, als das Blitzlichtgewitter abbricht. Und als dann auf dem Rückweg über das Riffdach ein Adlerrochen und ein juveniler Schwarzspitzenriffhai vorbeikommen um uns zu verabschieden, bietet Thulhagiri noch einmal ein paar Joker auf, von denen aber noch einige im Ärmel stecken…
Tauchziele mit dem Dhoni
Thulhagiri liegt in etwa mittig im Nordmale – Atoll. Eine Reihe der 26 angebotenen Tauchplätze sind in kurzen Dhonifahrten erreichbar, die im Mittel 20 Minuten in Anspruch nehmen. Man teilt sich diese Spots üblicherweise mit den Tauchgruppen anderer Resorts. Das nahe Bandos bietet kurz vor seinem Hausriff etwa einen beliebten Tauchplatz, gut 50 Minuten muss man für den Mantapoint am Außenrand des Nordmale – Atolls einplanen. So richtig allein ist man dort nie, denn Mantas sind ein besonders attraktives Ziel für großfischverliebte Taucher, die sonst unter Wasser nichts aus eigener Kraft entdecken. So kann es schon vorkommen, dass am Mantapoint bereits 7 andere Dhonis ihre neoprenüberzogene Ladung ausgebracht haben und Fotografen kaum eine Chance haben Mantas, so sie denn tatsächlich auf der Riffdachbühne erscheinen, ohne Luftblasenvorhänge oder Tauchergruppen abzulichten.
Je nach Tauchziel können Exkursionen mit angekündigt stärkerer Strömung gemacht werden, bei denen man entlang der Riffwand keinen Flossenschlag zu machen braucht, was für UW-Fotografen jedoch ungeeignet ist. Als Attraktionen verschiedener Ausfahrten werden Riffhaie, Schildkröten, Fischschwärme oder Napoleon – Begegnungen ausgelobt, doch das sind natürlich nur Möglichkeiten ohne zwingende Garantie, die Natur ist manchmal launisch und besetzt die Darstellerliste ohne Ankündigung einfach um. Enttäuscht mag dann der sein, der mit ungebrochener Erwartungshaltung abtaucht und die Einzigartigkeit des tropischen Aquariums um sich herum einfach nicht wahrnimmt.
Für erfahrene Taucher steht gelegentlich das Wrack der „Maldive Victory“ nahe der Flughafeninsel Hulule auf dem Programm. Dort herrscht stets Strömung, die Aufbauten beginnen bei etwa 12 Metern, der Grund liegt 8 Meter unterhalb der auf den Malediven behördlich festgelegten Maximaltiefe von 30 Metern. Wer Wracks mag und davon gibt es auf den Malediven nur wenige, die betaucht werden können, ist dieser Klassiker fast ein Muss.
Die Ausfahrten mit dem Dhoni werden für die Tauchgäste komfortabel organisiert. Alle Equipmentwannen, die man beim Einchecken an der Basis erhält, sind nummeriert und werden nach Eintrag in die Liste der Ausfahrten von den Kompressorboys an Bord gebracht, dazu die passende Flasche mit Pressluft oder 32er Nitrox, Int- oder Dinanschluss.
Jeder Gast findet auf seinem Platz ein großes Handtuch und eine kleine Flasche Wasser als Service der Basis. Es ist nie ein Fehler, noch einen eigenen Wasservorrat mitzubringen, denn bis zu drei Stunden, die eine Ausfahrt inkl. Tauchgang dauern kann, sind lang und Zeit genug eine gefährliche Dehydrierung auf den Weg zu bringen, die dann selbst bei konservativem Tauchgangprofil eine Dekompressionsproblematik hervorruft.
Nach dem Zusammenbau der Ausrüstungen, dem Nitroxcheck und ausführlichem, mehrsprachigen Briefing, springt zunächst der Guide ins Wasser, um die tatsächliche Strömungssituation mit der erwarteten abzugleichen. Erst danach gibt er die letzten Anweisungen und das OK für die Gruppe.
Die Maximaltauchzeit ist auf 60 Minuten begrenzt. Beim Sicherheitsstopp ist die Signalboje zu setzen, damit man im Dhoni auf das Auftauchen vorbereitet ist und schon einmal Kurs auf die Gruppe nehmen kann. An Bord des Dhonis wäre für alle Fälle eine große Sauerstoffflasche greifbar. Auf der nahe Insel Bandos steht die nächste Druckkammer, die rund um die Uhr besetzt ist und von ärztlichem Personal des Bundeswehrkrankenhaus in Ulm betreut wird. Somit ist Thulhagiri auch von Seiten medizinischer Versorgung ideal gelegen.
Fazit
Thulhagiri hat viele angenehme Seiten, die man auch in der Nebensaison auf sich wirken lassen kann. Internationales Publikum, von dem nur ein kleinerer Teil die Tauchmöglichkeiten nutzt, verteilt sich auf der zwergenhaften, geschickt bebauten Insel. Das erlebenswerte Hausriff zu erreichen fordert ein wenig sportliche Betätigung ab, was hinsichtlich des ausgezeichneten Speisenangebots einen willkommenen Ausgleich darstellt. Die von SUB AQUA geführte Basis hinterlässt einen guten Eindruck. Unaufdringliche und abwechslungsreiche Abendunterhaltung gestaltet das Resort bis etwa 22:00 Uhr. Der Blick aufs Meer ist für die Gäste der Strandbungalows 144 bis 137 direkt möglich, kaum Buschwerk stellt sich in den Weg. Strahlender Sandstrand rundum, eine kristallklare, weitläufige Lagune lädt zum Schnorcheln und Baden im 29°C warmen Wasser.
Fakten
Insel: Thulhagiri
Transfer: 30 Minuten mit Speedboot
Größe: Durchmesser ca. 250 Meter
Hausriff: ja
Großfische Hausriff: Stingray / Adlerrochen, gelegentlich Riffhaie;
Fischwärme: ja
Nachttauchgänge: ja
Zugang zum Hausriff: 24 Stunden
Nitrox: for free (32er)
Flaschen: Alu 12 l und 15 l
Ventile: Din / Int
Tauchbasis: SUB AQUA
Tauchausbildung: PADI
Schnuppertauchen: ja
Tauchausfahrten: ca. 26 Spots inkl. einem Mantapoint und der Maldive Victory (Wrack bei Hulule)
Michael Goldschmidt