Angepflanzte Wälder von Mangroven können in 20 bis 40 Jahren 75% des Kohlenstoffs natürlich vorkommender Bestände binden. Das zeigt eine Studie unter Mitwirkung des Leibniz-Zentrums für Marine Tropenforschung (ZMT), die jetzt im renommierten Fachjournal Science Advances veröffentlicht wurde. Die umfangreiche Analyse eines internationalen Forschungsteams, geleitet von der US-amerikanischen Forstverwaltung (USFS), gibt neue Einblicke in das Potenzial von Mangrovenaufforstung für den Klimaschutz.
Mangrovenwälder sind effiziente Kohlenstoffsenken, die durch Photosynthese große Mengen CO2 aus der Atmosphäre binden und als Kohlenstoff in ihrem Holz und Sediment einlagern. Die
Menge an Kohlenstoff, die in der Biomasse und dem Boden eines Mangrovenökosystems über lange Zeiträume gespeichert ist, wird als Kohlenstoffbestand bezeichnet. Ein internationales Team von 24 Forschern aus 12 Ländern hat untersucht, ob angepflanzte Mangroven den Kohlenstoffbestand natürlich vorkommender Bäume erreichen können und wie lange dies dauert.
Dazu analysierten sie umfangreiche Datensätze aus vier Jahrzehnten, darunter auch eigene Messungen und wissenschaftliche Publikationen. Sie verglichen den Kohlenstoffbestand in der ober- und unterirdischen Biomasse (Wurzeln, Stämmen, Ästen und Blättern) sowie im Sediment von angepflanzten Mangroven mit den Werten in natürlichen Beständen und untersuchten globale und regionale Muster. Auch die Bedeutung und den Einfluss unterschiedlicher Mangrovenarten nahm das Team in den Blick.
Mischwälder speichern mehr Kohlenstoff
Über den Kohlenstoffbestand in der Biomasse angepflanzter Mangroven fanden die Forscher heraus:
- Anfangs wächst die ober- und unterirdische Biomasse von angepflanzten Mangroven schnell und exponentiell. Nach 20 Jahren speichert sie etwa 70% des Kohlenstoffs, den natürlich vorkommende Mangroven binden.
- Bis zu 40 Jahre nach der Pflanzung bleibt dieser Wert nahezu konstant.
- Mischwälder aus verschiedenen angepflanzten Mangrovenarten speichern mehr Kohlenstoff als Monokulturen.
- Eine Ausnahme sind angepflanzte Wälder aus Rhizophora-Mangroven, die nach 40 Jahren sogar mehr Kohlenstoff in ihrer Biomasse als natürliche Bestände binden.
Für die im Boden (bis zu ein Meter Tiefe) gelagerten Kohlenstoffmengen ergab die Untersuchung:
- Zu Beginn der Pflanzung ist die Menge an Kohlenstoff in den Böden angepflanzter Mangroven etwa halb so hoch wie in natürlichen Wäldern.
- Nach fünf Jahren erreichen die Böden etwa 75% der Kohlenstoffmenge natürlicher Mangroven, und dieser Wert ändert sich bis 40 Jahre nach Pflanzung kaum noch.
- Es gibt keine signifikanten Unterschiede im Kohlenstoffbestand der Böden mit Mangroven verschiedener Arten.
Wichtige Erkenntnisse für den Klimaschutz
Die Forschungsergebnisse könnten sich positiv auf Bemühungen zur Wiederherstellung von Mangroven weltweit auswirken. Neben den historischen Verlusten haben Landnutzungsänderungen, extreme Wetterereignisse und Erosion in den letzten fünf Jahrzehnten 35% der weltweiten Mangrovenfläche vernichtet.
Mangrovenwälder zu erhalten oder wieder aufzuforsten ist nicht nur für den Klimaschutz enorm wichtig. Diese Ökosysteme wirken bei Tsunamis und Sturmfluten als Küstenschutz. Sie bieten Lebensraum für verschiedenste Arten und sind Kinderstube für viele Tiere.
„Unsere Ergebnisse zeigen, dass es sich lohnt, Mangroven an tropischen Küsten zu pflanzen – sei es zur Renaturierung oder im Rahmen von Restaurierungskampagnen“, sagt Mitautor Tim Jennerjahn, Leiter der Arbeitsgruppe Ökologische Biogeochemie am ZMT. „Angepflanzte Mangroven können innerhalb von 20 bis 40 Jahren drei Viertel des Kohlenstoffgehalts natürlicher Wälder erreichen und so einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leisten.“
Allerdings ist die Anpflanzung von Mangroven weder ein Ersatz noch ein Ausgleich für die Erhaltung intakter Bestände, betonen die Forschenden.
„Unsere Modelle zeigen, dass die Neubepflanzung in allen potentiell wieder herstellbaren Mangrovengebieten weniger als ein Prozent der jährlichen globalen Emissionen über 20 Jahre absorbieren würde. Deshalb ist der Erhalt bestehender Mangrovenbestände von größter Bedeutung“, unterstreicht Carine Bourgeois von der amerikanischen Forstverwaltung (USFS) und Erstautorin der Publikation.
Für die Wiederaufforstung und Restaurierung von Mangrovengebieten liefert die Studie allerdings wichtige Erkenntnisse zur Zeitspanne, in der angepflanzte Mangroven die Kohlenstoffbestände intakter natürlicher Mangrovenwälder erreichen.
Mischpflanzungen sind bei Anpflanzungen besonders effektiv und führen zu einem höheren Kohlenstoffbestand. Rhizophora -Mangroven sollten dabei Bestandteil der Mischung sein, da diese Arten besonders hohe Zuwachsraten haben.
Mangrovenforscher Jennerjahn: „Laut einer Studie der Weltnaturschutzunion IUCN ist die Hälfte aller Mangrovenwälder weltweit in Gefahr. Unsere Untersuchungen erleichtern es Stakeholdern, Ziele für Wiederherstellungs- oder Aufforstungsprojekte zu setzen und Fortschritte zu verfolgen. Mangrovenaufforstung kann somit besser geplant werden, um Klimaschutz, Artenvielfalt und Nachhaltigkeitsziele zu erreichen.“
Andrea Daschner
Dr. Tim Jennerjahn