Liebe Leserinnen und Leser,
oder muss ich Sie jetzt „entgenderd“ als liebe Lesenden ansprechen? Ich mach es heute mal ausnahmsweise für die Leser in Hannover. Und mehr sage ich nicht dazu.
Es liegen 6 sehr intensive Tage auf der Messe boot hinter uns, angefüllt mit wunderbaren Meetings, offenen Gesprächen, mit ausgezeichneten Perspektiven auf engste Zusammenarbeit auf allen Ebenen. Das fühlt sich fast wie eine Geschenkflut an zu unserem 20. Geburtstag als Onlinemagazin UnterWasserWelt.
Die Messe boot feierte ihren 50. Geburtstag. Und sie wollte – nach außen getragen – besonders frisch und neu wirken. Aber gelang das auch? Der Kern meiner Beobachtungen konzentriert sich auf die seit vielen Jahren traditionelle Taucherhalle 3 und ein Stückchen der Halle 4, in die vor einigen Jahren die UW-Fotoszene ausgelagert worden war mit eigenem Bühnenbereich.
Die nahezu tageslichtabstinente Halle 3 hat auch dieses Jahr in fast allen Bereichen wieder ein Déjà-vu ausgelöst. Kennzeichnend für die gesamte Tauchsportbranche hat sich auch diesmal, nach einem Jahr Abstand, nichts wirklich verändert. Die überwiegende Mehrzahl aller Stände schaut seit vielen Jahren gleich aus, werden an denselben Positionen gefunden. Hinguckerstände mit Erlebnisfaktor gibt es nicht, das Messeerlebnis wird in der Tauchsportszene eher verwaltet. Außer Bauer Kompressoren, das Label aus München hat sich etwas einfallen lassen, mit einer Comic – Story, überlebensgroß als Standhintergrund erzählt, vermittelt das in der Außenwirkung eher zurückhaltende Unternehmen Lifestyle zum Thema Qualität der Atemluft in den Tauchflaschen. Chapeau!
Abseits der Präsentation von Produkten und Dienstleistungen eroberte aber rasch ein Flurfunkthema die Aussteller. Ein Gerücht. Das ist eine unverbürgte Nachricht, die stets von allgemeinem bzw. öffentlichem Interesse ist, sich diffus verbreitet und deren Inhalt mehr oder weniger starken Veränderungen unterliegt. Allerdings haben viele Gerüchte tatsächlich eine ursprünglich gesicherte Quelle. Aber wenn sich die Quelle zunächst zu den mannigfach kolportierten Nachrichten nicht erklärt, sprudeln hinter vorgehaltener Hand eine gefährliche Mischung aus Falschinformation und Spekulation durch den Raum, hier Halle 3 und 4 der Messe Düsseldorf.
Das hätte tatsächlich durch eine offene und direkte Kommunikation der Messeleitung mit den Austellern, am besten bereits vor der boot, verhindert werden können. Zunächst wiegelten angesprochene Vertreter der Administration auf Nachfrage noch ab, nicht wirklich geschickt, doch dann nahm die konkrete Messeplanung Gestalt an: Dieses Mal ist der Tauchsport und die Water Pixel World letztmalig in Halle 3 und 4 zu finden. Ab 2020 haben sie ein neues Zuhause, die Hallen 11 und 12.
Mich persönlich hat das nicht erschüttert, gehöre ich nun wirklich nicht zur erzkonservativen Mehrheit der Branche, die schon im eigenen Umfeld nichts mehr fürchtet als Veränderung. Stillstand bedeutet Tod, das haben aber viele in einer an sich weltoffenen Lifestyle Szene nicht begriffen. Und deshalb sieht die Halle 3 jedes Jahr bis auf wenige (löbliche) Ausnahmen völlig gleich aus. Das langweilt mich eher, als dass es mir „Geborgenheit“ vermittelt. Es ist Ausdruck von fehlendem Innovationsvermögen und Innovationswillen. So, wie die Branche krampfhaft am morbiden Schwarz bei Anzügen und anderen Ausrüstungsteilen festhält, so düster ist vielfach die persönliche Vorstellung, tief ausgetretene Wege verlassen zu müssen.
Und da habe ich das nächste Déjà-vu und ich sehe plastisch vor meinen Augen eine Reihe von Passagen aus Tolkiens Herrn der Ringe. Ich sehe Ängste, dunkle Mächte und falsche Retter, die sich der Ängste bedienen, um ihr ganz persönliches Ziel zu erreichen.
Nach einem langen Gespräch mit dem Direktor der boot, Herrn Petros Michelidakis, der seit gut einem Jahr in der Verantwortung ist, bin ich zuversichtlich, dass die aus vielerlei Gründen notwendigen Veränderungen in der Hallenbelegung keinen Nachteil für die Tauchsportbranche mit sich bringen. Ganz im Gegenteil. Allein 350.000 Euro werden in einen weltweit einzigartigen Tauchturm investiert und bereits in 2018 wurde eine enorme Summe für übergreifendes Marketing für alle tauchsportrelevanten Bereiche investiert, was sich dieses Jahr bei vielen Ausstellern auch deutlich bemerkbar machte. Auch die Water Pixel World bekommt ein neues Gesicht mit Bühne und wird wieder im Tauchsportbereich eingebettet sein. Und 4000 m² mehr Ausstellungsfläche bedient dann endlich auch viele nicht zum Zug gekommene Anmeldungen.
Es gibt noch eine ganze Reihe weiterer Punkte, die bereits berücksichtigt wurden, doch dem möchte ich hier fairerweise nicht vorgreifen. Am 13. Februar gibt es ein entsprechendes Meeting, bei dem Petros Michelidakis den Teilnehmern aus der Branche Frage und Antwort steht. Ich bin sicher, dass 2020 in den Hallen 11 und 12 niemand zu kurz kommen wird.
Stellen Sie sich einfach einmal vor, die Halle 3 brennt im Jahresverlauf ab. Und dann? Ach ja, sie wird in einigen Jahren ohnehin abgerissen und durch einen Neubau ersetzt….
Und das ist jetzt auch kein Gerücht,
herzliche Grüße,
Ihr
Michael Goldschmidt
… und a bisserl positives Denken würde keinem schaden…