Editorial April 2019

Editorial

Liebe Leserinnen und Leser,

heute erzähle ich Ihnen:

Das Märchen von der Sozialmesse und dem guten Szeneonkel

Wenn es so weiter geht, trägt sich die Branche, die Szene bald endgültig zu Grabe. Schwarz trägt sie ja schon seit Jahren und verbreitet damit eher Depression statt lockerem Lebensgefühl.

Wer sich da als Retter in der Not präsentiert, lebt narzisstisch geprägte Wesenszüge aus, verbreitet unterschwellig die Mär vom guten David, der den bösen Goliath besiegt. Oder ist hier eine Reinkarnation des Rattenfängers von Hameln im Neoprenwams mit Schnorchelflöte in den Budenstraßen der Messe boot aufgetaucht? Im Schlepptau die Schlange Ka, die mit dämonischen Spiralen in den Augen völlig selbstlos für Vertrauen wirbt. Da könnte aber auch Madame Mime mit im Spiel sein mit ihrem rosafarbenen Hexenduft….

Einer Blendgranate gleich explodiert verschlüsselt das eigentlich altertümliche Geiz ist Geil Argument des Erleuchteten, das die Getroffenen alsbald im Dunklen stehen lassen wird. Kämen nach dem Weglegen des Rechenstifts (so es ihn je gibt) Fragen, die nicht gestellt werden dürfen, weil es keine Antworten gibt, muss wieder geblendet werden. Auf grelles Licht folgt stets abgrundtiefes schwarz vor Augen.

Doch noch kommen keine Fragen, ist das Denken noch gelähmter, als im normalen Alltag.

Und so bricht eine Fassade nach der anderen in sich zusammen und man kann in die Stände der sozial Verunsicherten sehen, die sich ängstlich zusammendrängen, aber nur in ihrem eigenen Stand. Dass es in diesem Randbereich der Halle nebenan genauso aussieht, will man gar nicht wissen. Der Virus der egoistisch ängstlichen Abgrenzung sitzt schon zu tief in Masken und Flossen. Und so recken sich die Arme gen Hallendecke mit dem stummen Ruf auf den Lippen: Erleuchteter, führe uns ins verheißen Land der Ersparnis, zeige uns den Weg zu Reichtum und Wohlstand, mache du uns glücklich, weil wir es selbst nicht können!

Und sie hören nicht auf die metallene Melodie, die durch die Gänge schallt, glaubt man sie doch zu kennen, erzeugt durch das Aneinanderschlagen von Pressluftflaschen. Die so bekannte, geliebte Melodie aus Alu und Stahl: Plä-ing, plä-ing.

Dich dieser Ton ist viel höher, hat keinen Nachhall, ist trocken und eisig. Es sind die Grabschaufeln, vorbereitet für viele Zweifler der Branche. Auf dem Totenschein wird stehen: Gespart an der falschen Stelle.

Dem Erleuchteten ist das egal, wie allen selfmade Erleuchteten. Er hat das Ersparte anderer seinen Ersparnissen hinzugefügt.

Ende des Märchens

Und so unterlag die Szene wieder einmal einem Trugschluss, als nach dem Aus des jahrelang die Messe terrorisierenden Abmahnhais die Überzeugung aufkeimte, nun sei endgültig das Schlimmste überstanden.

Tatsächlich kam es schlimmer.

Denn eine erfolgreiche Tauchsportmesse für lau gibt es nicht.

Frankfurt ist eine Bankmetropole. In Mainhattan gibt es nichts geschenkt und der Blick auf die Preise pro Quadratmeter Ausstellungsfläche (sowie der Hotels) ist nicht so erfrischend unterschiedlich zu einem seit Jahrzehnten rundum bestens auf allen Ebenen betreuten Eventparkett. Wenn lange versäumt wurde, dem Veranstalter am Rhein mal ganz klar zu sagen, was einem stinkt, dann ist das kollektive Schwäche. Und unter dieser kollektiven Schwäche leidet die Szene nicht nur 9 Tage im Jahr. Wer glaubt, die Messe in Frankfurt wäre die Lösung aller Probleme, ein Ablassbrief für die persönlichen Versäumnisse der letzten X-Jahre, der irrt. Trotzig dem Rhein den Rücken zu kehren, um am Main eine Wiedergeburt zu erleben, die Hoffnung stirbt zuletzt. Und die Geier haben sich für Januar 2020 schon die besten Plätze auf dem Frankfurter Messegelände reserviert.

Warum nicht eine Kontramesse in der Mainzer Altstadt? Sehr idyllisch. Hier mündet der Main (mit 527 km der längste NEBENFLUSS) endlich in den Rhein. Und alles bleibt im Fluss.

Herzliche Grüße, Ihr

Michael Goldschmidt