Eine hochwertige Taucheruhr war zusammen mit einem Tiefenmesser schlechthin das Instrument, um einen Tauchgang sicher zu gestalten. Die Hersteller hochwertiger Zeitmesser für den Einsatz unter Wasser verwendeten insgesamt abertausende von Stunden für ihre Entwicklungsarbeit, um präzise, gegen äußere Einwirkungen unempfindliche und absolut wasserdichte Modelle zu konstruieren. Und dann kamen die Tauchcomputer.
Eine Taucheruhr am Handgelenk war schon in frühen Sporttauchzeiten ein Hingucker, der dem Träger in den Augen anderer einen besonderen Status einräumte. Der machte etwas, was man sich eventuell nicht selbst traute und es wurde auch ein Stück weit Bewunderung gezollt. Und nicht selten war das Tragen einer Taucheruhr auch eine Art Kontaktsymbol, mit Hinweis auf den außergewöhnlichen Zeitmesser kamen Menschen ins Gespräch.
Allerdings war die Investition in eine Taucheruhr zu den „analogen“ Sporttauchzeiten ähnlich hoch, wie anschließend in einen hochwertigen Tauchcomputer. Und daraus ergab sich, dass schon aus Kostengründen nur eine Uhr getragen wurde, die sämtliche Aktivitäten begleitete.
An dieser Stelle mag ich nicht verhehlen, dass in den frühen Jahren der Tauchsport von männlichen Machos geprägt war und kein Hersteller ernsthaft daran dachte, eine spezielle Uhr für Taucherinnen anzubieten, die in ihren Dimensionen kleiner gehalten werden müsste. Dafür war diese Gruppe zu klein und wuchs auch nur zögerlich.
Ferner konnte man sich in den 70er, 80er und den anfänglichen 90er Jahren nicht wirklich sicher sein, ob das Gegenüber mit einer Taucheruhr am Arm tatsächlich tauchsportlich ausgebildet und aktiv ist, aber die Trefferquote war doch recht hoch. Das etwas wuchtige Instrument mit drehbarer 60 Minuten Zeitskala am Außenrand des Zifferblatts, deren griffige Rasterung für den Tod unzähliger Hemdmanschetten verantwortlich war, die buchstäblich abgefeilt wurden, forderte im Alltag eben ihren Tribut.
Meine jeweils verwendete Taucheruhr bildet für sich einen Zeitraum ab, der vom Stand der Ausbildung und der Einkommenssituation geprägt wurde. Zur Grundausbildung 1984 hatte ich mir eine preiswerte Uhr geleistet mit Drehring, Handaufzug und bis sagenhafte 50 Meter Tauchtiefe geprüft zertifiziert. Eigentlich ein no go aus heutiger Sicht.
Zum Uhreneinsatz unter Wasser diese kleine Anekdote. Ich war Ende der 90er Jahre zu Dreharbeiten für die ARD in Eilat am Roten Meer, das Thema war Tiefseeforschung. Der Redakteur begleitete die Produktionstauchgänge und war immer dicht an meiner Seite. Vorbildlicher Buddy dachte ich mir. Bis mir mit der Zeit auffiel, dass er keinen eigenen Tauchcomputer benutzte und sein einziges Instrument war eine einfach Swatch – Plastikuhr. Ich sprach ihn darauf an und seine Erklärung war verblüffend. Er wüsste immer, wann er tiefer als 30 Meter sei, denn dann wird vom Wasserdruck das Uhrenglas soweit nach innen gedrückt, dass es die Zeiger blockiert und sie bleibt stehen. Wenn er mehr wissen wollte, würde er auf meinen Computer schaun…..
Um das leidige Thema Handaufzug einer Taucheruhr vom Tisch zu bekommen, wurden bei höherwertigen Modellen elektrische Antriebe oder mechanische Automatik von den Herstellern bevorzugt. Bei den „billigen“ Handaufzugmodellen musste täglich die Krone aus ihrem Dichtsitz entriegelt werden, um dann mit vielen Drehungen an der Welle die Feder zu spannen. Diese hohe mechanische Beanspruchung war für bezahlbare Dichtsitze auf Dauer nicht zu leisten und so fanden viele entsprechende Zeitmesser bald schon ihr nasses Grab.
Natürlich war meine nächste Taucheruhr, eine NAUTILUS – swissmade – elektrisch angetrieben und ich habe sie aktuell als Zufallsfund in einer Schublade lokalisiert und eigenhändig mit einer neuen Batterie reanimiert, auf die sie bestimmt 33 Jahre warten musste. Im Titelbild ist sie zu sehen. NAUTILUS war seinerzeit eine weit verbreitete und bezahlbare Taucheruhr, hinter dem der erste auf Tauchreisen spezialisierte Anbieter NAUTILUS (Wilfried Boemeleit) aus München stand. In jedem Tauchmagazin war monatlich eine kleine Werbung dafür zu finden.
Obwohl ich schon als früher Nutzer eines UWATEC Tauchcomputers aktiv war, hatte ich ein Auge auf eine revolutionäre Citizen ECO-Drive Taucheruhr geworfen, die in den 90er Jahren bereits ihre Batterie über ein Zifferblatt mit Solarzellen auflud und dazu noch einen Tiefenmesser integriert hatte, das ideale Backupinstrument also. Im Dutyfree Shop des Airports auf Male wurde ich schwach und meine Kreditkarte auch. Fast – nach neuer Geldrechnung – € 500,- wechselten den Besitzer. Und diese Uhr blieb lange mein täglicher Begleiter, bis…
…die Uhrenmanufaktur SINN in Frankfurt ein fast unmoralisches Angebot machte, eine Highend Kult Taucheruhr aus Deutschland, die SINN ARKTIS für unter € 2000,00 zu tragen. Hin und her überlegt, brauche ich diese Uhr, wurde ich schwach, angesichts der familiären Uhrenleidenschaft. Aber dieses erste Modell der ARKTIS mit dem schicken blauen Lederarmband beanspruchte Serviceintervalle und schwächelte insgesamt bei Kleinigkeiten am Einstellring. Schade. Es war eine Freundschaft auf Zeit.
Und jetzt ist wieder eine Ikonische CITIZEN Promaster Titanium ECO-Drive Diver Taucheruhr Limited Edition seit Dezember 2022 am Handgelenk, eine Sonderedition für den Walhaischutz. Und es macht Spaß, eine Uhr tragen zu können, die die Apple Watch, die häufig so tief ins Leben eingreift mit ihren Meldungen, auf Distanz bringen kann.
Ganz klar wurde das Instrument Taucheruhr mit der Markteinführung der Computer ein Thema zweiter Klasse, geht es um das, was zur Ausstattung eines Tauchers essentiell ist. Und so entwickelten sich die Angebote der Uhrenhersteller weg vom „günstigen“ Einsteigerprodukt hin zum Prestigezeitmesser. Es musste ja auch im Blick behalten werden, dass die Industrie vermehrt Uhrencomputer auf den Markt brachte, die aber nicht den erhofften Wertewandel mit sich brachten unter dem Motto, ich trage jetzt täglich einen Tauchuhrcomputer statt einer Taucheruhr. Diese Rechnung ging nicht auf, man sieht sie eigentlich nur auf Safaribooten oder an tropischen Tauchbasen bei überwiegend weiblichen Gästen, nie im täglichen Leben getragen.
Und heute? Es sind sicherheitsbewusste technische Taucher, die als Backup eine hochwertige Taucheruhr einsetzen, denn Computer können ausfallen. Zusammen mit dem errechneten Tauchplan in den Wetnotes können kritische Situationen bei der Deko im Zusammenspiel mit einem Tiefenmesser beherrscht werden. Hier hat sogar der älteste Hersteller von Taucheruhren, Blancpain, eine spezielle Version für längere Tauchgänge als 60 Minuten vorgestellt, die bis zu drei Stunden Tauchzeit überwacht.
Back to the roots muss nicht sein. Macht aber Sinn, geht es um die sichere Gestaltung von Tauchgängen, die nicht „an der Leine“ eines Guides durchgeführt werden. Mit Blick auf die sich immer weiter entwickelnde Szene des technischen Tauchens, ist eine Taucheruhr up to date. Und in erster Linie am Arm getragen, ist sie Ausdruck von Lebensgefühl, das dem Tauchsport verbunden ist.
Michael Goldschmidt
UWW / NAUTILUS Taucheruhr