Helmtauchen

Helmtauchen

Die ersten sonnigen Maitage haben die Helmtauch-AG um Gründer Uwe Busch in fieberhafte Aktivität versetzt. Am flachen Zugang des Granitsees „Luise“ in Häslich-Bischheim schießen die Freunde des historischen Tauchens gewaltige Berge Luftschläuche auf, testen Kabel und Unterwasser-Sprechanlage, prüfen alle Details der altertümlichen Helmtauchausrüstung auf verborgene Schwächen. Der Ablauf von Ausrüsten des Tauchers, Tauchgang selbst und Abrüsten des Tauchers muss ohne Verzögerungen laufen, denn niemand kann mit über 80 Kilogramm Ausrüstung am Körper lange abwarten, oder Diskussionen führen. Ein besonderes Erlebnis zum Thema Helmtauchen schildert Falk Wieland.

Das Tauchteam „installiert“ 80 kg Ausrüstung am Körper des Helmtauchers

Dann kann das aufwendige Procedere beginnen. Der erste Helmtauch-Aspirant lässt sich auf dem Stuhl nieder. Sitzend schlüpft er mit tatkräftiger und sehr notwendiger Hilfe zweier Leute vom Team zunächst mit den Beinen in den Winteranzug vom Typ WR-3. Allein der Anzug wiegt 8 kg und wirkt vom Material her wie der vorindustrielle Versuch, eine Art archaisches Trilaminat herzustellen. Heutige Produzenten verwenden ähnlich festes und steifes Material vermutlich für schussfeste Westen…
Sobald der Taucher in den Füßen des Trockenanzuges steckt, muss er sich hinstellen. Nun folgt der größte Kraftakt für das Team: Vier Personen greifen in die Halsmanschette aus sehr dickem Gummi, weiten diese mit aller Kraft und lassen den Taucher hineinschlüpfen. Mehr oder weniger elegant. Geschafft. Zur weiteren Ausrüstung darf sich der Taucher erneut setzen. Assistenten schnallen ihm die Taucherschuhe an, die allein 22 kg wiegen.
Mitfühlende Helfer setzen in den Anzug ein Schulterpolster ein, das blaue Flecke durch das Gewicht von Schulterstück und Helm vermeiden soll. Dann wird dem Tauchbegeisterten das Schulterstück aufgesetzt. Erneut muss der Taucher aufstehen, damit ihm das historische Tauchermesser umgeschnallt werden kann. Der auszurüstende „Held“ ist ganz Mittelpunkt, die Szene gleicht dem „Gürten“ eines Ritters durch seine Schildknappen.
Weiterhin stehend wird schrittweise das Gesamtgewicht erhöht. Der Taucher bekommt vorne und hinten Brust- und Rückengewicht eingehangen, dies sind nochmals je 16 kg. Für Arbeiten in leichter Strömung ist noch ein 10-kg-Bauchgurt vorgesehen.

Taucher sind Männer von gewaltiger Körperkraft und untadliger Moral ….

… hieß es einst in alten Tauchbüchern. Eine gewisse Kraft ist auch heute fürs Helmtauchen
nicht zu unterschätzen, inwieweit Moral 80 kg Zusatzgewicht aufzurichten vermag, muss ein jeder für sich entscheiden. Im weiteren Fortgang der Geschehnisse darf sich unser Taucher wieder setzen und bekommt die „höheren Weihen“: Der kupferne Dreibolzen-Helm vom Typ UWS-50M wird inklusive bereits montiertem Luftschlauch und Telefonkabel herangebracht und auf das Schulterstück gesetzt. Dieser „Ritterschlag“ von der historischen Tauch-AG addiert sich mit dem Schulterstück zu weiteren (fotogenen) 18,5 kg am Taucher. Mittels gewaltigem Maulschlüssel werden die konischen Messingmuttern angezogen, die Helm und Schulterstück verbinden.
Nunmehr springt die Kommunikation an, der „eiserne“ Mann im HSTG (Schweres Helmschlauchtauchgerät) kann sein Befinden über die Sprechgarnitur mitteilen. Das Team hilft dem Helmtaucher auf, er läuft zum Wasser, die Führung von Luftschlauch und Sicherheitsleine wird rasch erklärt. Dann beginnt die Luft zu strömen und als letzte Handlung vor dem Abstieg wird das berühmte runde Fenster in den Helm eingeschraubt.
Die Luft rauscht in den Anzug, unser Taucher stapft ins Wasser. Schon bald schlägt das grüne Seewasser über dem Helm zusammen. Ein Sicherungstaucher mit normaler Sporttauchausrüstung und auftriebsstarkem Wing-Jacket bleibt dicht beim Helmtaucher. Der See bietet ein paar versunkene Bäume, Granitfundamente und neugierige Barsche. Doch der Mann im Helm ist gänzlich in diesem besonderen Tauchgang versunken. Er spricht mit der Telefonistin, lässt überschüssige Luft über das mit dem Kopf zu drückende Helmventil ab und versucht die geschickteste Haltung für den Rundgang, oder sollte man eher sagen, wuchtigen Marsch unter Wasser zu finden. Er erlebt ein eigenartiges Kapitän-Nemo-Gefühl. Beobachtungen am Grunde sind nicht lange möglich, schon bald stapft der Helmtaucher hüfthoch im Nebel. Dennoch wird die gesamte Reichweite von Schlauch und Kabel ausgereizt, ehe der schwere Rückweg bergan erfolgt.

„Ist Dir schon warm?“…

…lautet immer wieder die Frage der Telefonistin. Auch wenn dem Helmtaucher allein von Gewicht und Anstrengung warm werden kann, ist ein übermäßig heißes Gefühl ein physiologisches Anzeichen für den Anstieg des CO-2-Spiegels in Helm und Anzug. Dem wird mit noch mehr Luft über den Schlauch vorgebeugt. Etwa 60-100 Liter Durchfluss pro Minute sind für dieses Gerät vorgesehen. Es kann mit Handpumpe bis 15 Meter Tiefe betrieben werden und bei Anschluss an eine Pressluft-Versorgung sogar bis 60 Meter. Natürlich wird das Gerät nur in ungefährlichen Tiefen von bis zu fünf Meter Tiefe betrieben, um niemanden zu gefährden. Dennoch unglaublich, was die Altvorderen geleistet haben.
Der Taucher kehrt zurück. An der Uferkante öffnet ihm Helmtauch-Chef Uwe Busch das Helmfenster. Und gratuliert zu Mut, Standhaftigkeit und dergleichen…
Dann alles retour: Helm abschrauben und herunternehmen, Brust- und Rückengewichte abnehmen, die schweren Taucherschuhe abschnüren, während ein begeisterter Helmtaucher von seinem tollen Tauchgang erzählt. Dann wieder vier Mann heran an die Halsmanschette aus wohl zentimeter-dickem massiven grünen Gummi. Endlich ist der Taucher wieder frei. Das Spiel kann neu beginnen.

Russentechnik Baujahr 1978 und Sicherheit von Dräger made in Germany

Das von der Gruppe um Uwe Busch verwendete Helmtauchgerät ist ein in allen Teilen originales russisches Gerät, dessen Ersatzteile und Zubehör auch heute noch auf abenteuerlichen Wegen in die neuen Bundesländer gelangen. Das Gerät wird einerseits für reine Vorführungen eingesetzt, andererseits können interessierte Sporttaucher solch einen besonderen Tauchgang auf eigene Gefahr buchen.
Der russische Dreibolzen-Helm UWS-50M, in Verbindung mit dem acht Millimeter starken Winteranzug WR-3, wird mit allen Originalgewichten betrieben. Zur Sicherheit der Helmtaucher von heute sind jedoch die Sprechgarnitur im Helm aus Deutschland und die Druckminderer zur Versorgung des Tauchers aus Pressluftflaschen entstammen dem Dräger-Werk Lübeck.

Kontakt und Preise

Die Helmtauchergruppe um Uwe Busch erreichen Sie unter Uwe.Busch.Dresden@Freenet.de oder 0173-1386 021. Die Kosten für einen Helmtauchgang bewegen sich je nach Teilnehmerzahl bei 30-50 Euro. In jedem Fall sind vier Helfer, das heißt Tauchereinsatzleiter Uwe Busch, Telefonist, Sicherheitstaucher im Wasser sowie Signalmann (undLuftschlauchführer) notwendig. Reine Vorführungen nach Absprache. Interessierten Gruppen sei gesagt, dass an einem langen Tauchtag für die Helmtauch-AG bestenfalls 15-20 Gasttaucher zu schaffen sind.

 

 

Falk Wieland