Cressi Nepto Freitauchcomputer – ein Instrument der Apnoezukunft

Das neue Flaggschiff der Cressi Freitauchcomputer bietet noch mehr zu einem günstigeren Preis

In der Saison 2021 gab es nur wenige Neuprodukte, die tatsächlich im Jahresverlauf zur Verfügung standen, dazu zählt der Cressi Freitauchcomputer NEPTO, der den DRAKE ablöst. Erstmals wird in einem Rechenmodell das Taravana – Syndrom berücksichtigt und die Gefahr eines Lungenödems beim Tieftauchen. Erstaunlich, der NEPTO ist deutlich günstiger zu haben und weil in Genua gefertigt wird auch lieferbar. Hier mal ein etwas anderer Testreport.

Mit dem DRAKE habe ich aktuell 202 Apnoesessions dokumentiert, der NEPTO kam nun 25 Mal zum Einsatz mit Tauchtiefen bis 20 Meter. Im dive4life erreichte er im Warmwasser den Grund, in Hemmoor und im Attersee war tiefes Kaltwasser angesagt. Nachdem auf das Interface zum Auslesen des Logbuchs in die spezielle Software von Cressi etwas gewartet werden musste, verstrich noch einige Zeit, um einen abschließend umfassenden Eindruck zu generieren. Halbe Sachen gehen aus meiner Testproduktion nicht online.

Der NEPTO konzentriert sich in seinem Freitauchprogramm auf Aktivitäten unterhalb von 50 Zentimeter Wassertiefe, sprich Strecke (vordergründig Zeitmessung) und Tiefe (bis 120 Meter). Das entspricht den häufigsten Apnoeaktivitäten.

Statik benötigt eigentlich keinen eigenen Freitauch – Menüpunkt wie beim Drake, was sehr bequem die Funktion aufrufen ließ, dafür gibt es aber auch beim NEPTO die Funktionen Chronometer und Countdown. Jetzt muss halt im Menü gezielt die Funktion angesteuert werden mit ein paarmal drücken auf den Auswahlknopf.

Je nach User sind Alarme ein Thema. Das kann ich kurz halten, es können sämtliche Aktivitäten, die mit Tiefe, Tauchzeit, Geschwindigkeit und Oberflächenaufenthalt zusammenhängen, individuell mit einem akustischen Alarm verbunden werden. Dazu ein Cressi Highlight, es wird auf Wunsch auch auf eine ausreichende Flüssigkeitsaufnahme hingewiesen. Das finde ich wirklich gut.

Dehydrierung ist grundsätzlich ein Problem, das die Tauchsicherheit berührt. Geht die Zeit des Wasseraufenthalts beim Tieftauchtraining oder bei Tiefenaktivitäten über zwei Stunden hinaus, kann es kritisch werden, denn die Differenz zwischen Wasser- und Körpertemperatur, die langfristig kein Apnoeanzug ignorieren lässt, kurbelt zum Erhalt der Körpertemperatur vor allem die Nierenfunktion an. Dabei wird dem Körper Wasser entzogen, das Blut verdickt, CO² und Stickstoff (als Resultat von Tieftauchgängen) wird stärker gebunden. Das ist schon ein Schritt hin zum Taravana Syndrom, doch dazu später mehr. Denn NEPTO hat das ebenfalls im Blick.

Auch wenn das Thema Dehydrierung im Detail direkt spürbarer Auswirkung auf die Blase vielleicht nicht unbedingt hier erwartet wird, es ist auch eine Frage der Hygiene und ein Zeichen. Denn im Freiwasser (hoffentlich nur dort) wird der Druck auf die Blase unauffällig abgebaut, ein Anzug bräuchte danach eine ordentliche Reinigung. Aber spätestens jetzt sollte klar sein, dass der Körper dringend wieder Flüssigkeit benötigt, um die weiteren Tauchaktivitäten physiologisch auf der sicheren Seite zu halten.

Non Limit Tauchen, das war ein Angebotsmerkmal für Gerätetaucher an tropischen Basen oder Safarischiffen. Tauchen bis zum Umfallen, das wurde noch heikler, als Tauchcomputer den Markt eroberten. Die Auslastung von Druckkammern weltweit spiegelte den Unsinn des Non Limit Tauchens wieder. Apnoetaucher sind davon jedoch nicht ausgenommen, denn auch sie reichern CO² im Körper an, je öfter sie längere Tieftauchgänge durchführen, ohne adäquate Oberflächenpausen einzuhalten.

Und da sind wir an dem Punkt angelangt, dass es auch für Freitaucher ein Problem der Dekompressionserkrankung gibt. Taravana ist ein sprachlicher Begriff mit Ursprung in Polynesien. Perlentaucher, die zwischen ihren Tauchgängen bis 50 Meter Tiefe nur geringe Oberflächenzeiten einhielten – in der Regel nur wenige Sekunden bis maximal zwei Minuten – addierten bei 50 – 100 Tauchgängen pro Session so viel Stickstoff, dass sie von Schwindel bis hin zu starken körperlichen Symptomen auffällig wurden und auch ärztlich behandelt werden mussten.

Cressi hat sich erstmals mit dem NEPTO dem Taravana Syndrom angenommen. Als Ergebnis ist eine Taravana – Warnung in Stufen von 1 – 8 im Tauchprogramm integriert. Voreingestellt ist Stufe 1, die zwischen Tauchgängen (unabhängig von der Tiefe) eine Erholungszeit an der Oberfläche von zwei Minuten vorgibt, in Stufe 8 sind es 5 Minuten. Also insgesamt ein persönlicher Faktor.

Im NEPTO PC Logbuch habe ich dann bei einigen Sessions Taravana – Warnungen angezeigt bekommen. Immer darauf zurückzuführen, dass die Oberflächenzeit im Verhältnis zur vorangegangener Tauchzeit und Tiefe bereits im Level 1 unterschritten worden war. Das hat ein Umdenken in meinem eher liberalen Trainingscoaching ausgelöst, so dass jetzt nicht allein bei Statiktauchgängen auf die Einhaltung der mindest erforderlichen Erholungsphasen geachtet wird.

Spätestens jetzt wird klar, dass es ein etwas anderer Testreport zum NEPTO geworden ist. Bis zum DRAKE Freitauchcomputer war es einfach, sich auf die Fakten zu konzentrieren, die das Freitauchen definieren, jetzt beim NEPTO geht’s doch tiefer ins physiologische Umfeld. Je nach Sensibilisierung, sprich Aktivierung von Zusatzmodulen zum reinen Freitauchmodus, entwickelt dieser Freitauchcomputer eine auf den User angepasste Persönlichkeit.

Ein tiefer Blick aufs Display des NEPTO – Ablesbarkeit, Anordnung der Anzeigen, Anzeigenauswahl voll in Ordnung – berührt den auf Tiefe fixierten User. Viele könnten viel tiefer, die mentale Einstellung stimmt, die Lust am Tauchen auch, aber der Druckausgleich limitiert für viele total enttäuschend. Da gibt’s Coaching – Lösungen, aber das ist ein anderes Thema (etwa für www.apnoe-passion.de)

Der tiefe Blick auf sein Ziel sollte aber kontrolliert erfolgen. Jaja, das geht so durch bei der Apnoeausbildung und ich meine, da gibt es doch auch einige Ausbilder, die das thematisch ebenfalls nicht wirklich im Griff haben. Man darf als Ausbilder nicht an der Stelle aufhören mitzudenken, an der man seine Schüler eigenverantwortlich ins Wasser entlässt. Was wollen die meisten? Tief. Da gibt’s kaum Unterschiede zum Sporttauchen. Tiefe definiert eine herausragende Position.

Bloodshift, ja, das war schon mal so angefasst worden in der Theorie. Aber das ist eher ein Thema, bei dem man einen interessierten Gesichtsausdruck markiert und der Ausbilder froh ist, dass es keine weiteren Fragen gibt, Punkt. Der NEPTO von Cressi sieht das mit seinen Entwicklungsingenieuren und Apnoefachleuten im Hintergrund anders.

Bluthusten nach dem Auftauchen – wunderbar, da gibt es zwei Varianten, die im Freitauchen akzeptiert und unterschieden werden. Beide sind unerfreulich. Und die muss man sich nicht einhandeln.

Machen wir es kurz, um ein Lungenödem beim Tieftauchen möglichst zu vermeiden (Flüssigkeitsübertritt in der Lunge), hat Cressi dem NEPTO eine Funktion spendiert, die abhängig von der angestrebten Zieltiefe drei vorbereitende Tauchgangtiefen generiert. So wird der Körper Schritt für Schritt vorbereitet, das Risiko eines Lungenödems wird minimiert.

Praxis

Eigentlich ist schon alles zum NEPTO gesagt. Vielleicht noch ein Wort zur Bedienbarkeit. Ich habe im Apnoeteam einen IT geprägten jungen Buddy. Ohne Anleitung hat er nach wenigen Minuten alles durchgedrückt und voll im Griff. Also funktioniert das intuitive Bedienungskonzept – bei jungen Apnoe – Nerds. Installation und Einrichtung des Interface zum Auslesen des Logbuchs sind barrierefrei, alles läuft nach Abschluss der Einrichtung.

Fazit

Der aktuell coolste Freitauchcomputer findet mit seiner umfassenden Uhrenfunktion auch im täglichen Leben Platz am Arm. Zwei Druckschalter mindern zwar den Komfort in der Bedienung als Tauchcomputer, aber die online auf der Cressi Website herunterladbare Bedienungsanleitung hilft kompetent weiter. Die Schnellanleitung, dem NEPTO in der Produktverpackung beigefügt, schmeißt man besser weg, die versteht wahrscheinlich nur ein grafikorientierter Autist, wenn er grad Lust hat. Für uns ist der NEPTO ein wichtiger Begleiter geworden. Das Auslesen der Tauchgangdaten über das optionale Interface (USB oder bluetoth) in die Cressisoftware zeigt alle möglichen Facetten des Tauchgangs.

2022

Die Zeit bleibt nicht stehen, für 2022 hat Cressi den Apnoecomputer KING angekündigt. Der KING unterscheidet sich lediglich äußerlich durch einen das Display umrahmenden Metallring, eine größere Farbauswahl für Gehäuse und Armband und ein Silikonarmband. Der NEPTO bleibt weiterhin im Programm.

NEPTO uvb: € 230,-

KING uvb: € 260,-  zusätzlich Box für Computer, Displayschutz

Alle Infos zum Cressi NEPTO Cressi NEPTO Cressi Professional Scuba Diving Equipment

https://www.cressi.com/

Petra Ney, Michael Goldschmidt, Raphael Kursawe

Cressi, Petra Ney, UWW