Wer hätte das gedacht, dass in Deutschland ein Fachbuch zu allen Aspekten sicher geplanter Wracktauchgänge erscheint, wo doch traditionell Verlage in den USA am Drücker sind, geht es um Themen, die ins technische Tauchen reichen. Das Handbuch Wracktauchen von Michael Melcher hat es tatsächlich geschafft als erste deutschsprachige Publikation den höchst interessierten Markt zu bedienen.
Das Eindringen in Wracks ist sehr ähnlich zum Höhlentauchen und identische Grundlagen müssen hier nicht nur beachtet, sondern auch trainiert werden. Es gibt nur wenige Schiffsrelikte, die speziell für das ungefährliche Taucherlebnis auf Grund geschickt wurden wie die ehemalige Staatsyacht von Tito, der Vis, die nahe Banjole in Kroatien auf Grund liegt (Reportage im Magazin).
Ganz klar muss ich selbst einräumen, dass ich in der Anfangszeit meiner Tauchkarriere etwas locker mit den physikalischen Grundlagen umging und ein – zwar bestens vorbereiteter und berechneter Tauchgang mit Pressluft – zum auf 60 Meter tiefen Grund liegenden Fährschiff „Nasim“ vor der toskanischen Insel Giannutri die Stickstoffnarkose deutlich spüren ließ. Im Freiwasser – vor dem Wrack – war das in Eigenregie gut zu meistern, wäre ich in das Wrack eingedrungen, hätte es vielleicht kein gutes Ende genommen. Einige italienische Taucher der Gegend, die das 1976 gesunkene Fährschiff mit dem Ziel Wertgegenstände aus den Fahrzeugen im Autodeck zu „retten“ kamen nicht mehr lebend an die Oberfläche.
Und bleiben wir bei Italien, ein nicht tief liegendes Wrack vor der Insel Elba, die Elviscot vor Pomonte, forderte schon kurz nach dem Untergang ihr Opfer, einen Sporttauchlehrer. Er war in das noch junge Wrack eingedrungen, ein von der Strömung zugedrücktes Schott verhinderte den normalen Weg zurück. Beim Versuch durch ein Bullauge das Wrack zu verlassen, er hatte schon sein Gerät abgelegt und durch die Öffnung nach außen geschoben, blieb er hängen.
Das als einfache Beispiele, warum man sich als Urlaubs- und Sporttaucher eine Menge Gedanken machen sollte, ob ein Wrack nur von außen oder auch von innen besucht wird – ohne Guide.
Ans Eingemachte geht das Kapitel „Skills des Wracktauchens“. Hier finden ausgebildete technische und Trimixtaucher eine Reihe von grundlegenden Informationen und erforderlichen Fertigkeiten wieder, die in den Kursen vermittelt wurden. Dazu kommen aber auch Ausbildungselemente des Höhlentauchens. Spätestens jetzt hat das Buch die Ebene des Sporttauchens verlassen und es wird klar, dass Schritt für Schritt fundierte Kurse erfolgreich absolviert werden müssen, um das im Handbuch Wracktauchen vermittelte Wissen sicher umsetzen zu können.
„Problemlösungen und Notfallprozeduren“ ist ein weiteres Kapitel überschrieben, das sich mit sämtlichen „shit happens“ Szenarien auseinandersetzt. Logischerweise folgt der worst case Abhandlung das „Stressmanagement“.
Nicht zu kurz kommt abschließend die „Tauchgangplanung“ bis zur genauen Gasplanung.
Die Inhalte des Handbuch Wracktauchen sind kompetent, ausführlich und gut geschrieben. Da fehlt fast nichts. Auch wenn das Thema im Kern seinen Ursprung in USA angesiedelt ist, hätte es nicht schlecht ausgesehen, eine Reihe englischer Begriffe und darauf basierende Abkürzungen deutsch wiederzugeben. Im Anhang gefiele zumindest eine Zusammenstellung englischer Begriffe und Abkürzungen mit ihrer deutschen Bedeutung.
Fazit
Das Handbuch Wracktauchen dürfte sich wie geschnitten Brot verkaufen, vertieft es bereits vorhandenes Wissen ausgebildeter technischer Taucher und bereitet Sporttaucher auf ihrem Weg zum sicheren Tauchen in Wracks vor.
Handbuch Wracktauchen
Autor: Michael Melcher
WETNOTES Fachbuch
Erscheinungsjahr: 2018
ISBN: 978-3-00-058790-0
Seiten: 150
Format: 16×24 cm
Abbildungen: 84 Farbfotos
Grafiken: 22
Tabellen: 7
Verlag: © Digital Sparta Media UG, Horben
Preis: € 34,90
Bezug: http://www.wetnotes.eu/shop/
Michael Goldschmidt