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Dramatischer Wandel in der Infrastruktur von Hallenbädern zwingen Taucher und deren Vereine neue Möglichkeiten zu überdenken

taucher

Als ausgebildeter Sport – Taucher hätte ich mich eine Zeitlang etwas „elitär“ fühlen können, denn es ist nicht jedem gegeben, tatsächlich mal den Kopf so weit unter Wasser zu stecken, dass daraus auch ein Tauchgang wird. So mit Flasche auf dem Rücken, Atemregler im Mund, Flossen an den Füßen und einer Tauchmaske vor den Augen. Ich war total begeistert, dass ich jetzt als Taucher wesentlich mehr sehen, erleben und dann auch in Fotos festhalten kann, was so viele andere nicht zu ihrem persönlichen Erfahrungsschatz hinzufügen können. Immer mehr Hallenbäder werden geschlossen und ziehen den Tauchsportvereinen den Kachelboden unter den Flossen weg.

Fußball, Tennis, Tauchen habe ich direkt gegenübergestellt, um herauszuarbeiten, wo es heute massive Probleme gibt, den Tauchsport in allen Bereichen voran oder wenigstens auf ein Level zurück zu bringen, das den 90er Jahren des vergangenen Jahrtausends entspricht.

Gegen Fußball kann ein Taucher nicht anstinken, da werden 6,5 Millionen Mitglieder in über 27.000 Vereinen gezählt mit 65.000 Fußballplätzen, das sind „schlicht“ mal 8% der Bevölkerung Deutschlands. Das ist ein unglaublicher Selbstläufer seit 1865. Da kicken schon die jüngsten im Garten, der Fußballverein in der Nähe steht offen für neue Mitglieder aller Altersklassen und die Outfit ist oft stylisch. Den Rest erledigen die TV Sender… Kein einziger Fußballplatz steht vor dem Aus, ganz im Gegenteil. Zukunftsängste: Keine.

Gegen Tennis kann ein Taucher auch nicht anstinken, da sind 1,49 Millionen Mitglieder in 8.645 Vereinen registriert, sie spielen auf 39.600 Freiplätzen und in 5.500 Hallen. Die Outfit ist klar, weißer Dress. Auch hier ist es nicht schwer, in der Nähe einen Verein zu finden. Die Beweggründe Tennis zu spielen wird oft von den Eltern initiiert. Tennis verkörpert einen gewissen elitären Anspruch, das Golfspiel des aufstrebenden Mittelstands. Und natürlich sind TV Sender oder Onlinedienste bei den großen Tennismatches auf Sendung. Kein einziger Tennisplatz steht vor dem Aus, ganz im Gegenteil. Zukunftsängste: Keine.

Und wo steht der Tauchsport? Er könnte weit besser dastehen, als in den letzten 15 Jahren +. Die Probleme sind zum Teil hausgemacht, zum anderen Teil schließen Kommunen unter Vernachlässigung ihrer langjährigen Verpflichtungen gegenüber den Bürgern immer mehr Hallenbäder. Sie seien unrentabel. Das sind kommunale Hallenbäder so gesehen alle, wurden aber mit Steuergeldern errichtet, um wichtige, grundlegende kommunale Pflichten zu erfüllen. Rathäuser sind auch unrentabel, kosten weit mehr als ein Hallenbad, aber dort sitzen die von den Bürgern über Steuergelder alimentierten Entscheidungsträger, die sich durch den unreflektierten Gebrauch des Rotstifts den Eintrag ins Goldene Buch einer Stadt oder Gemeinde erhoffen.

Es wurden 1,5 Millionen ausgebildete Sporttaucher in Deutschland ermittelt, mit Blick auf die Erfordernisse, unter denen der Sport outdoor ausgeübt werden kann, verlagert sich die aktive Community ins Ausland, das Rote Meer an erster Stelle. Eine Vielzahl von Tauchverboten in deutschen Seen, in der Mehrzahl von privaten Interessen begründet, haben den heimischen Aktivitäten der Taucher einen inakzeptablen Riegel vorgeschoben.

Immerhin sind in Deutschland – laut einer Umfrage von 2023 –  460.000 Taucher als aktiv eingestuft, aber bei weitem sind nicht alle in Vereinen organisiert. Es gibt etwa 1.600 Sporttauchvereine. Der VDST kann mittlerweile nur noch etwa 60.000 Mitglieder in seinen Vereinen zählen (Höchststand einmal 80.000), Trend abwärts. Die Kernaltersgruppe liegt nach Recherche des Olympischen Sportbunds zwischen 41 und 60 Jahren.

Da wäre ja mit Blick auf die Zahl der Taucher zum Tennis sogar ein knapper Gleichstand auszumachen. Aber wie sieht es mit den Trainingsmöglichkeiten aus? Mit dem langfristigen Interesse als Taucher aktiv zu sein?  Mordor lässt grüßen. Nur dessen Wolken können so düster sein. Mordor sind die Kommunen, die nicht nur den Trainingsmöglichkeiten der Taucher in ihrem Verein das Wasser abdrehen, da haben Wasserwachten und Schwimmschulen 1:1 darunter zu leiden, Freizeitsportler, genau genommen, unsere Gesellschaft.

Also, wir haben 65.000 Fußballplätze, 39.600 Tennisplätze und dazu 5.500 Tennishallen, aber nur 2.739 Hallenbäder und 2.405 Freibäder. Das soll sich jetzt erst einmal setzen, nachdem es gelesen wurde.

Wassersportler haben nicht unbedingt ein Ass in der Hand, wenngleich Schwimmvereine kaum Probleme haben, zum günstigen Preis Trainingsstunden in einem noch aktiven Hallenbad zu bekommen.

Langjährige Lobbyarbeit wäre das Lösungswort gewesen, doch wer trat denn je für den Tauchsport als Lobbyist auf? Die Hersteller? Die Verbände? Das wäre für Günter Jauch eine ideale Frage für 1.000.000 Euro. Richtige Antwort: Keiner.

Nicht ganz richtig, UnterWasserWelt hat es gemacht, aber die dafür erforderlichen Partner der Industrie und Verbände taten immer wieder interessiert, es geschah aber nichts. Gut, gegen Windmühlenflügel muss man nicht kämpfen. Das lehrt bereits die Literatur.

Mitgliederschwund in den Vereinen, auf Dauer geschlossene Hallenbäder sind vielerorts echte Herausforderungen für alle Taucher, die sich organisiert fühlen (möchten). Ich sag es offen, nicht jeder Tauchsportverein verdient diesen Titel, der ja eigentlich mehr abbilden sollte, als eine Stunde Konditionstraining im Becken mit anschließend 2-3 Stunden Workout im Vereinslokal.

Unbestritten gibt es mittlerweile – Stichwort Überalterung – eine Menge von Vereinen, die offen gestanden nur noch historischen Charakter haben und mit der Weiterentwicklung des Tauchsports nichts am Hut haben. Nachwuchs ansprechen, Nachwuchs fördern? Kein Ding. Da gibt es – als persönliches Beispiel – 60 Mitglieder im Status passiv (sie bilden aber bei der Weihnachtsfeier oder bei der Jahreshauptversammlung die bestimmende Kerngruppe) und 20 aktive Mitglieder bezahlen den Pool für das Training. Und das ist grad richtig teuer.

Es ist höchste Zeit, angesichts des unprofessionellen Dilemmas, das die gesamte Tauchsportszene zu verantworten hat, konkret Lösungen zu finden, dass wirklich aktive Tauchsportvereine, die nicht nur an das Bier danach denken, Zukunftsperspektiven bekommen, droht eine Badschließung oder exorbitante Erhöhung der Nutzungsentgelte.

Wie macht es die Wirtschaft? Fusion ist eine tragbare Möglichkeit. Vereine fusionieren mit ihren aktiven Mitgliedern und bilden eine neue starke Gemeinschaft, in der trainiert, ausgebildet und wirkliches Vereinsleben an erster Stelle steht. Das Training im Hallenbad kann optimiert werden, Jugendarbeit und Nachwuchsentwicklung kommt endlich wieder auf die Tagesordnung.

Fusion ist wohl ein dringend erforderlicher Prozess für viele Tauchsportvereine, um für alle Taucher einen Verein wieder attraktiv zu machen. Sorry für all jene, die bei der Weihnachtsfeier „ihres“ Clubs keine jungen Gesichter mehr sehen, aber ob sie das echt interessiert? Sie gehören zur Kapelle der Titanic, die bis zum ……. Hauptsache, das Abendessen hat die Vereinskasse übernommen…

 

Michael Goldschmidt
Michael Goldschmidt

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