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ZMT: Riffe in der Krise

Gebleichte Koralle im Roten Meer | Foto: © Anna Roik, annaroik.org

Weltweit zunehmende Korallenbleichen sind eine große Bedrohung für Riffe. Ein internationales Konsortium von Forschenden mit Beteiligung des Leibniz-Zentrums für Marine Tropenforschung (ZMT) hat nun den ersten gemeinsamen Handlungsrahmen geschaffen, um Forschungsergebnisse zur Korallenbleiche besser vergleichen zu können und so wissenschaftliche Erkenntnisse zu beschleunigen. Die daraus resultierenden Empfehlungen sind jetzt in der Fachzeitschrift Ecological Applications erschienen.

Die Korallenbleiche ist eine große Bedrohung für Riffe weltweit. Die Erwärmung der Ozeane als Folge des Klimawandels kann dazu führen, dass Korallen in einer Stressreaktion ihre Algen-Symbionten abstoßen. So verlieren die Korallen ihre Farbgebung, das darunter liegende weiße Skelett kommt zum Vorschein. Eine Bleiche bedeutet nicht sofort ein Absterben aller Tiere, aber sie erhöht das Risiko für Krankheit und Tod. 

Sterben Korallen, kann dies katastrophale ökologische und ökonomische Folgen haben: Denn Korallenriffe schützen die Küsten vor Erosion, sind ein wichtiger Lebensraum für mehr als 25% der marinen Arten weltweit und dienen auch dem Tourismus in tropischen Küstenregionen. Da sich die Weltatmosphäre und damit auch die Ozeane durch den Klimawandel erwärmen, zählen Forschende zunehmend mehr Korallenbleichen. 

Starke Korallenbleiche in Mo’orea, Französisch-Polynesien im Jahr 2019 | Foto: © Steve Doo, Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung (ZMT)

„Riffe sind in der Krise“, sagt Andréa Grottoli, Professorin für Geowissenschaften an der Ohio State University und Hauptautorin des neuen Papers über gemeinsame Richtlinien zur Erforschung der Korallenbleiche. „Als Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben wir die Verantwortung, unsere Arbeit so schnell, kostengünstig, professionell und so gut wie möglich zu erledigen.“ 

Deshalb hat nun ein internationales Forscherteam unter Leitung von Grottoli einen gemeinsamen Handlungsrahmen vorgelegt, um Forschungsergebnisse zur Korallenbleiche besser vergleichen zu können. „Wir brauchen standardisierte Wege, um erhobene Daten untereinander austauschen und verwenden zu können“, betont Mitautor Dr. Henry C. Wu vom Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung (ZMT) in Bremen. 

Der Biogeochemiker Wu gehört zu dem von Grottoli initiierten „Coral Bleaching Research Coordination Network“, das im Mai 2019 im Bundesstaat Ohio zusammentraf. Im Rahmen eines von der US-amerikanischen National Science Foundation geförderten Workshops entwickelte das Konsortium aus insgesamt 27 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die 21 Institutionen auf der ganzen Welt vertreten, den jetzt vorgestellten gemeinsamen Rahmen. 

Die Empfehlungen enthalten Standardisierungs-Richtlinien zu den gängigsten Methoden zur Aufzeichnung und Berichterstattung physikalischer und biologischer Parameter in Experimenten zur Korallenbleiche. Mit solchen Versuchen wollen die Forschenden verstehen, was passiert, wenn Korallen über einen kurzen oder moderaten Zeitraum, oder über lange Zeiträume Licht- oder Temperaturänderungen ausgesetzt sind. „Um uns über die Resultate unserer Studien und Experimente gegenseitig zu informieren und die gemeldeten Variablen schnell vergleichen zu können, brauchen wir bei Experimenten gemeinsame Bezugspunkte etwa für Parameter wie Lichtintensität, Salzgehalt, Alkalinität oder Temperatur“, erklärt Wu.

Bisher gab es einen solchen Bezugsrahmen noch nicht, denn das Forschungsgebiet ist relativ jung. Die erste Korallenbleiche wurde 1971 in Hawaii beobachtet, rund zehn Jahre später ereignete sich eine weit verbreitete Korallenbleiche in Panama in Verbindung mit dem El Niño von 1982 bis 1983. Experimente zum besseren Verständnis des Phänomens begannen erst in den 1990er Jahren, und zwei Drittel der wissenschaftlichen Arbeiten zur Korallenbleiche wurden erst in den letzten zehn Jahren veröffentlicht. Im letzten Jahrzehnt litten insbesondere das Große Barriereriff vor Australien oder die indonesischen Meere im Korallendreieck unter erhöhten Wassertemperaturen, die zu großräumigen Korallenbleichen führten. 

Noch immer versuchen Forschende zu verstehen, warum einige Korallenarten anfälliger für eine Bleiche zu sein scheinen als andere, erläutert Grottoli. Immerhin können Korallen Bleichereignisse auch überleben – aber unter welchen Voraussetzungen? „Eine Einigung auf den vorgelegten gemeinsamen Rahmen für Experimente zur Korallenbleiche würde uns als Disziplin effektiver machen“, sagt die Wissenschaftlerin. 

Henry C. Wu vom ZMT weist auf die Dringlichkeit der Situation hin: „Aufgrund des Klimawandels und der Verwundbarkeit der Korallen müssen wir schneller vorankommen. Denn die Korallenbleiche ist die größte globale Bedrohung für Korallenriffe weltweit.“

www.leibniz-zmt.de

Andrea Daschner

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