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Waschsee und Großer Kronsee

Waschsee und Großer Kronsee

Stille Feldwege führen zwischen Kiefernforsten und Äckern in unbestimmte und doch nahe Ferne. Rote Dächer und einsame Höfe grüßen über sanfte Hügel und mit Buschgruppen herüber wie die fernen Wohnorte der Seligen. Immer wieder scheint es, als sei nirgendwo sonst Sommer und Herbst so wunderbar wie in Mecklenburg, sanft-unaufdringlich, mit einer gewissen leisen Melancholie. Und zwischen allen Hügeln sehen wir Wasser, wunderbares Wasser, bald blau, bald lichtgrün, immer neu, mit geheimnisvoller Anziehungskraft. Waschsee und Großer Kronsee warten auf uns.

Die Feldberger Seenlandschaft ist eine der seenreichsten und zugleich am dünnsten besiedelten Landschaften Europas. Eine Realität, die man sich nur 100 Kilometer vom hektischen Berlin entfernt schwer vorstellen kann. Wer sich an den stillen und unauffällig gefärbten Tieren und Pflanzen des Süßwassers erfreut, wird in dieser Wasserlandschaft immer wieder neue und ganz persönliche Entdeckungen machen.

Waschsee

Wir folgen der Hauptstraße von Feldberg nach Lychen und biegen in Ortslage Beenz Richtung Mechow ab. In Beenz und Mechow sind unübersehbar zwei jener wuchtigen Landkirchen zu bewundern, die in dieser Gegend bereits im 13. Jahrhundert entstanden. Die Kirchen sind im Inneren wunderbar einfach gestaltet und bieten keinerlei Prunk zur Religionsausübung. Bemerkenswert sind ihre Feldsteinmauern, die am Fuß der Kirchen jeweils 1,5 bis 2 Meter dick sind. Ganz offensichtlich wird dem Mechower Gotteshaus seitens seiner Gemeinde mehr Beachtung geschenkt.
Auf der Strecke Beenz – Mechow befinden wir uns ungefähr auf dem „Breitenkreis“ der berühmten Krüseliner Mühle. Wir biegen jedoch an der Mechower Feldsteinkirche nach Süden ins Dorf hinein ab. Die Straße durchs Dorf führt stetig bergab und erreicht 500 Meter vom Ort weg direkt die Nordspitze des Waschsees. Der Waschsee zählt mit Kleinem und Großem Mechowsee sowie dem Weutschsee zur Gruppe der Mechowseen. Sie alle liegen im Naturschutzgebiet Krüselin und Mechowseen. Von diesen einsamen Waldseen ist ohne Boot allein der Waschsee zum Schnorcheln oder Tauchen erreichbar. Eingerammte Baumstämme trennen ein paar wenige Parkplätze symbolisch von der dörflichen Badestelle mit Steg.
Der etwa 19 Hektar große Waschsee ist fast völlig von Schilf und Wald umgeben. Das Gewässer besteht aus einem kleinen Nordbecken und einem größeren Südbecken. Insgesamt ist der See etwa 890 Meter lang und bis zu 300 m breit. Das Nordbecken bei der Badestelle erreicht 11 Meter Tiefe, das Südbecken wird bis zu 17 Meter tief.
Auf sandigem Mergel kann am Seeufer abschnittsweise anstelle von Schilf die Wenigblütige Sumpfsimse wachsen. Am See Idylle pur: Kiefern, Wasser, Schilf und Stille. Spechtklopfen wirkt hier unwirklich laut, das raschelnde Fliegen der Großlibellen ist gut zu hören. Man muss es mögen, denn Infrastruktur gibt es keine.

Von Nixkraut und Stichlingen

Beim Abtauchen präsentiert sich der See als Pflanzenparadies. Im Flachwasser finden wir Durchwachsenes Laichkraut und Wasserpest zwischen den Schilfhalmen und vielen Muscheln. Etwas tiefer mutiert der See zu einer riesigen Kolonie des Mittleren Nixkrautes. Die raue, hakige, elastisch federnde Pflanze weist deutlich auf eine gute Wasserqualität hin. Die wird für den Waschsee als mittelmäßig nährstoffreich oder mesotroph beschrieben.
Viele der bizarr strukturierten Nixkrautbüschel oder -sträucher haben im See ihre Funktion als „Burg der Barsche“. Wie in allen pflanzenreichen Seen können wir besonders oft Rotfedern und Schleien bewundern. Neben dem Mittleren Nixkraut wuchern große Bulte des Wechselblütigen Tausenblattes am Seegrund.
Das Nixkraut fällt auf als eine harte, federnde Wasserpflanze mit stachelig gezähnten Stängeln. Die ebenfalls gezähnten, gewellten, hakig wirkenden Blätter stehen paarweise zusammen, jeweils an einem Blätterpaar entspringt in der Achsel der nächste Seitenzweig. Wer diese seltene und bizarre Pflanze einmal gesehen hat, vergisst sie nie mehr. Großes Nixkraut kann bis zu einem Meter hoch werden, das Mittlere Nixkraut bis zu einem knappen halben Meter.
In den meisten Uferregionen darf der Waschsee als typischer Armleuchteralgensee gelten. Im Flachwasser gedeihen Raue Armleuchteralgen besonders gut, zwischen den höheren Wasserpflanzen stehen mosaikartig Flächen von Filzigen Armleuchteralgen. Meist bilden Sternarmleuchteralgen den Abschluss des submersen Bewuchses nach der Tiefe hin; sie können hier 5-8 m tief wachsen.
Zuweilen lassen sich im Waschsee, ebenso wie im Carwitzer See, Dreistachlige Stichlinge beobachten. Es scheint jedoch, ähnlich wie bei Binnenstinten, einen stark schwankenden Bestand zu geben. In richtigen „Stichlingsjahren“ wimmeln die kleinen Fische überall durch das Flachwasser, in anderen Jahren ist es schwer, ein paar Fischlein zu entdecken. Neben Hecht, Barsch, und Aal können wir im Waschsee einzelne kapitale Karpfen entdecken und auch einige wenige Silberkarpfen sind vertreten. Weil das Nordbecken nur 11 Meter tief ist und bis in 8 Meter Tiefe bewachsen sein kann, muss der Waschsee unter Berücksichtigung des Naturschutzgedankens ganz besonders als See zum Schnorcheln mit wenig Ausrüstung hervorgehoben werden.

Großer Kronsee

Noch weiter im Südwesten der Feldberger Seenlandschaft liegt der Große Kronsee. Dieses Gewässer ist der „Haussee“ des Dörfchens Rutenberg in der Nähe von Lychen. Auch hier ist die dörfliche Badestelle die einzige Park- und Einstiegsmöglichkeit.

Vier Meter hohe Laichkräuter und Tausendblätter

Der Große Kronsee ist einer der pflanzenreichsten Seen, die wir je sahen. Gleich vor der Schilfzone fallen die sandig-festen Ufer steil in die Tiefe. Unmittelbar an der Badestelle wird es gleich 10 Meter tief. Die Wasserpflanzenbestände vor der Schilfzone schaffen teilweise zwei bis vier Meter Wuchshöhe, um die Nähe der Wasseroberfläche zu reichen. Es gibt ausgedehnte Wiesen des Ährigen Tausendblattes, aber auch klotzige, beinahe eckig wirkende, sehr dichte Bulte des Rauen Hornblattes. Diese dunkelgrünen kompakten Pflanzenbestände sind so kompakt, dass bereits einzelne Tausendblätter darin und obenauf wurzeln. Der Dschungel aus Stängeln und Blättern ist das bevorzugte Revier der vielen einsömmrigen Grashechte.
Im Schilf und bis hinunter in zwei Meter Tiefe wächst auch im Großen Kronsee Nixkraut. Prachtvolles, im Hochsommer mit Kalkpulver bedecktes Krauses Laichkraut reicht bis an die Wasseroberfläche und ist Einstand für Barsch und Hecht. In der Wuchshöhe scheint diese Pflanze beinahe mit dem Spiegelnden Laichkraut zu konkurrieren.
Der Schilfgürtel erscheint manchmal „zweireihig“; eine breite Reihe dichtes hohes Schilf steht am Grundabfall ins tiefere Wasser, dann folgt zum Ufer hin eine „Lagune“ abgestorbener Schilfhalme der früheren Jahre, die nur noch im Unterwasserbereich erkennbar sind. Direkt am Ufer wächst erneut undurchdringlich hohes und gesundes Schilf. Die durchlichteten „Lagunenflächen“ mit den alten morschen „Rest-Schilfrohren“ wurden ebenfalls von höheren Wasserpflanzen wie Nixenkraut, kleinwüchsigem Durchwachsenem Laichkraut und Wasserpest in Besitz genommen. Überwiegend in Tiefen von vier bis sechs Meter schließen sich sehenswerte Wiesen verschiedener Characeen oder Armleuchteralgen an.
Wissenschaftler sind aktuell der Meinung, dass in Mecklenburg derzeit 56 submerse (untergetaucht lebende) Pflanzenarten zu finden sind. Das sind 34 höhere Wasserpflanzenarten, 17 Armleuchteralgenarten, 4 Wassermoose und eine Schlauchalge. Im Großen Kronsee mag man in guten Jahren über 20 dieser Arten finden. Damit beweist auch dieses Gewässer in eindrucksvoller Weise die ganz eigene Individualität jedes einzelnen Sees. Diese Individualität wurde bereits von August Thienemann, dem „Vater der Limnologie“, erkannt und wird auch von heutigen Wissenschaftlern bestätigt.
Die dichten Pflanzendschungel sind Heimstatt zahlreicher Plötzen, Bleie, Rotfedern und weniger Karauschen. In Abständen beobachten wir große Schleien und weniger große Hechte. Der See ist aber auch Lebensraum für Aale, Kleine Maränen und Karpfen. Der Große Kronsee bietet mit seiner ziemlich geradlinigen Ost-West-Ausdehnung von 1,8 km und 42 ha Fläche viel Platz für ausgedehnte Naturbeobachtungen. Zugleich gestatten die moderate Maximaltiefe von 26 m sowie die mittlere Tiefe von nur 13,6 m die Verwendung von wenig Technik und kleinen Flaschen. Der sportliche Taucher kann, angesichts der Vegetationsgrenze in etwa 6-7 m Tiefe, beinahe alles beim Schnorcheln und Freitauchen sehen.
Wenngleich der wunderbare Pflanzenbewuchs die Regel zu sein scheint, gibt es auch unerklärliche „kahle Jahre“ Dann wächst vor der Schilfzone aus nicht erkennbaren Gründen fast nichts. Nun, vielleicht existiert auch in Mecklenburg ein „kleines El-Nino-Phänomen“ oder ein ähnlicher, viel kleinerer Effekt, der alle paar Jahre einmal sommerliche Temperatursprungschichten zerreißen und die Seen trotz Sonnenschein kalt und trübe werden lässt. Es gibt da wohl noch viel zu erforschen, auch wenn tagelanger Dauerwind aus derselben Richtung bereits erstaunliche Auswirkungen auf die Seen haben kann.
Der allein vom Grundwasser gespeiste Große Kronsee hat sein Profil durch seine ehemalige Funktion als eiszeitliche Schmelzwasserrinne erhalten. Der See gilt als nährstoffarmer Klarwassersee und im Sommer sind vertikale Sichttiefen von 6-8 m möglich. Der vergleichsweise unbekannte Große Kronsee ist damit einer der klarsten Seen Brandenburgs an der Grenze zu Mecklenburg-Vorpommern. Langjährige Temperaturmessungen sagen, dass der See im Sommer oberflächlich zwischen 16 und 22 Grad warm werden kann.

Das Gewässer ist heute Eigentum des „Fördervereins Feldberg-Uckermärkische Seenlandschaft e.V.“. Der Verein hat den See aus Naturschutzgründen gekauft. Der Förderverein strebt laut eigenem Statement kein Tauchverbot für diesen tollen See an, bittet jedoch, für Rutenberg keine Ausflüge mit vielen Gerätetauchern und auch keine Ausbildungsmaßnahmen zu planen. Erwünscht ist sanftes Individualtauchen kleiner Gruppen.

Die stille Wald- und Seenlandschaft bei Feldberg hat ihre Liebhaber und in den Dörfern verbergen sich viele ebenso außergewöhnliche wie gastliche Orte für Individual-Reisende. Da existieren etwa das Natur-Resort mit Booten, Tipis und Obelix-Blockhäusern, die malerische Seekneipe mit Ferienwohnungen und Zeltplatz, der Kulturvierseithof, diverse edle Landgasthöfe oder kunstverbundene Cafe‘s. Ländliche Gastronomie verbindet sich oft in angenehmer Weise mit der einheimischen Kunstszene. Das ist typisch Mecklenburg: im Marketing eher unprätentiös; vor Ort oft wortkarg, aber feinstes Tauchen, rustikales Tafeln und unikale heimatbezogene Kunstwerke sind beinahe Standard.

Feldberger Seenlandschaft/ gastliche Orte
www.krueseliner-muehle.de
www.kolbatzer-muehle.de
www.kulturwirtschaft-info.de
www.rosalienhof-beenz.de
www.tenzo-gasthof.de

Literatur
Tauchreiseführer Deutschland: Brandenburg, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, DELIUS KLASING Verlag, ISBN 3895 940 895

Falk Wieland

Beitrag erstellt 2013

 

 

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