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Was leisten Meeresschutzgebiete für Korallenriffe?

Korallenriffe

Grauer Riffhai in einem Meeresschutzgebiet weitab von bewohnten Gebieten (Foto: Nick Graham)

Ein internationales Team von 37 Wissenschaftlern untersuchte weltweit rund 1800 Korallenriffe, um die Wirksamkeit von Schutzmaßnahmen in Gebieten festzustellen, die unterschiedlich stark vom Menschen beeinflusst sind. Für die Studie wurden über einen Zeitraum von neun Jahren Daten aus Korallenriffen erhoben, sie ist kürzlich in der renommierten Fachzeitschrift Proceedings of the National Academy of Sciences erschienen.

Mit seiner Forschung an Schutzgebieten vor der indonesischen Insel Sulawesi trug auch der Riffökologe Dr. Sebastian Ferse vom Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung (ZMT) zur der Untersuchung bei. „Wir konnten zeigen, dass der Einfluss des Menschen in der Umgebung der Korallenriffe darüber bestimmt, welche Schutzziele erreicht werden“, berichtet Ferse.
Schutzgebiete in dicht besiedelten Gegenden beherbergten im Vergleich zu solchen in menschenleeren Regionen nur ein Viertel der Fischbiomasse. Ein Grund dafür ist die illegale Fischerei. Auch schwimmen Fische über die Grenzen des Schutzgebietes hinweg in Bereiche mit freiem Zugang für Fischer.

Fischreiches Korallenriff in einem Nationalpark vor Thailand (Foto: Melanie Bon, Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung)

Die Wissenschaftler verglichen aber auch geschützte Korallenriffe mit ungeschützten Gebieten, die jeweils unterschiedlich starkem Einfluss durch den Menschen ausgesetzt sind. „Dadurch konnten wir herausfinden, unter welchen Bedingungen Schutzmaßnahmen den größten Effekt erzielen“, sagt Sebastian Ferse.
In Regionen mit hoher Bevölkerungsdichte fanden die Forscher in den Schutzgebieten bis zu fünfmal mehr Fischbiomasse als in frei befischten Riffen. Für die meisten Fischarten kann das beste Schutzergebnis demnach dort erzielt werden, wo der Mensch bereits einen recht starken Einfluss auf die Korallenriffe ausübt. Die angrenzenden Meeresgebiete profitieren außerdem davon, wenn im Schutzgebiet aufgewachsene Fische sich in benachbarten Riffen ansiedeln.

Für die großen Raubfische, wie Haie und Riffbarsche, sah das Ergebnis allerdings anders aus. Die Wahrscheinlichkeit, in den Schutzgebieten dicht bevölkerter Regionen diesen Raubfischen zu begegnen, war um ein Hundertfaches niedriger als in menschenleeren Gegenden. Rund 200 Tauchgänge waren dort nötig, um einen der großen Raubfische zu sehen, an unbesiedelten Orten gelang dies hingegen bei fast jedem zweiten Tauchgang im Korallenriff.

“Dies liegt daran, dass sich große Raubfische auch in großen Arealen bewegen und daher häufiger über die Grenzen des Schutzgebietes hinausschwimmen“, so Ferse. „Außerdem zielt die Fischerei meist zunächst auf die größten Fische ab, so dass diese als erste dezimiert werden“. Geht es also darum, große Raubfische wie den vielerorts bedrohten Hai zu schützen, so sollten sich die Schutzbemühungen auf entlegenere Korallenriffe konzentrieren.

An vielen Standorten ist es aufgrund der sozialen, ökonomischen und kulturellen Bedingungen nicht realistisch, Schutzgebiete mit einem vollständigen Verbot der Fischerei durchzusetzen. „In der Studie untersuchten wir daher außerdem die Wirksamkeit von eingeschränkter Fischerei, die zum Beispiel nur ausgewählte Fangmethoden zulässt“, erklärt Sebastian Ferse. „Ein solches Schutzkonzept ist meist einfacher zu akzeptieren und stellt einen Kompromiss dar.“

Die Wissenschaftler werteten die Ergebnisse als ermutigend. Auch wenn der Effekt nicht so groß war wie bei einem vollständigen Schutz, gäbe es durchaus deutlich mehr Fischbiomasse in diesen Gebieten als in solchen, die überhaupt keine Beschränkungen aufwiesen. Die Forschungsergebnisse bieten Umweltmanagern Informationen darüber, unter welchen Bedingungen bestimmte Ziele von Schutzmaßnahmen am wirkungsvollsten erreicht werden können.

Publikation
Die Studie mit dem Titel “The gravity of human impacts mediates coral reef conservation gains” ist diese Woche online in der Fachzeitschrift Proceedings of the National Academy of Sciences erschienen: www.pnas.org/cgi/doi/10.1073/pnas.1708001115

Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung (ZMT)  www.leibniz-zmt.de

 

 Dr. Sebastian Ferse

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