Tauchen ist eine der vielfältigsten Sportarten die man sich vorstellen kann. Zu Beginn einer jeden Tauchkarriere sind es eher bunte Fische und warmes Wasser die den Tauchanfänger begeistern. Doch gibt es viele Taucher, denen das mit den Jahren nicht mehr genug ist. Wracktauchen und Höhlentauchen bieten spannende Alternativen. Wer sich für beides interessiert, für den eröffnet sich im Minen und Bergwerktauchen eine vollkommen neue spannende Welt. Inzwischen gibt es in ganz Europa für das Tauchen freigegebene Minen und Bergwerke wie die Schiefergrube Christine.
Meine eigentliche Leidenschaft sind die tiefen Wracks. Die meisten Wrackexpeditionen finden aber aus wettertechnischen Gründen zwischen Mai und Oktober statt. So kam ich vor einigen Jahren auf die Idee, mich mit dem Höhlentauchen zu beschäftigen. Das ist soweit auch ganz nett, aber für mich auf Dauer zu langweilig. Es gibt mir dort zu wenig Altmetall zu entdecken. Ich wollte das Höhlentauchen schon fast wieder aufgeben, als ich eine Einladung aus Schweden bekam, einen Artikel über ein stillgelegtes Eisenerzbergwerk zu schreiben in dem eine Gruppe ambitionierter technischer Taucher ein sehr interessantes Tauchprojekt durchführte. Diese erste Minenerfahrung war so beeindruckend, dass ich mich inzwischen auf die kalte Jahreszeit mit ihren Minentauchgängen ebenso freue wie auf die Wrackexpeditionen in den Sommermonaten.
Eine meiner absoluten Favoriten ist die Schiefergrube Christine in Willingen im Sauerland. Mindestens einmal pro Jahr zieht es mich hier hin und jedes Mal ist es wieder spannend und beeindruckend. Die erste Herausforderung der sich ein Neuling hier stellen muss ist den Eingang zur Mine zu finden. Der liegt nämlich ziemlich versteckt hinter einer Reihe von Gebäuden am Ortsausgang von Willingen. Mit einem Schlüssel in der Hand, den man an einem vereinbarten Ort ausgehändigt bekommt, läuft man einen schmalen Pfad entlang, der vor einer massiven Tür, die ein wenig wie eine Kellertür aussieht, endet.
In einem kleinen Vorraum gibt es Tische zum Ablegen der Ausrüstung. Von dort geht es einige Stufen nach unten zum Einstieg. Neben den Stufen laufen Gleise, denen man unter Wasser den sogenannten Bremsberg entlang in die Tiefe folgt. Am Ende des Bremsbergs steht eine alte Lore. Je nachdem wie viele Taucher schon abgetaucht sind und wie gut sie tarieren konnten, kann es sein, dass die Sicht bis zu diesem Punkt nicht allzu gut ist. Das ändert sich in der Regel schlagartig wenn man auf der ersten Sole ankommt.
Die Gänge der ersten Sole sind weit und es gibt keine Engstellen, die nicht mit voller Ausrüstung überwunden werden können. Ein Großteil der Mine ist mit einer permanenten Leine versehen. Aber, anders als in den meisten Höhlen, gibt es in Minen viele Abzweigungen und es muss auch der eine oder andere Jump (folgen einer Abzweigung) gemacht werden. Das Grossartige an der Christine sind die fantastische Sicht und die vielen Artefakte, die aus der Zeit stammen, als in der Mine noch Schiefer abgebaut wurde.
Bleibt man auf der ersten Sole, dann ist es bei einer guten Tauchgangsplanung kein Problem einen Nullzeittauchgang zu machen. In den meisten Fällen wird der erste Tauchgang ein geführter Tauchgang sein, was zum einen der Sicherheit des Tauchers dient und zum anderen garantiert, dass man die besten Stellen auch wirklich gesehen hat. Mit dem richtigen Guide kann ich garantieren, dass hier jeder zum Wiederholungstäter wird.
Noch ein paar Worte aus aktuellem Anlass: Ich liebe das Minentauchen und freue mich schon auf meinen nächsten Besuch in einer dieser wundervollen Zeitkapseln. Damit solche einmaligen Tauchplätze wie die Christine noch viele Taucher begeistern können ist es aber wichtig, dass wir alle uns an die Regeln halten. Eine Mine sollte man nur mit der geeigneten Ausrüstung und Ausbildung betauchen.
Auch wenn die Betreiber der Minen versuchen, alles in ihrer Macht stehende zu tun, dass nur geeignete Personen eine Tauchgenehmigung bekommen, so kann doch nur jeder für sich selber entscheiden, ob er wirklich in der gesundheitlichen und psychischen Verfassung für einen solch anspruchsvollen Tauchgang ist. Wer in die gefluteten Gänge von Minen und Höhlen hinabsteigt, der sollte seine Ausrüstung im Schlaf und vollkommen blind beherrschen und in jeder Situation in der Lage sein, seine Tarierung zu kontrollieren. Ihr würdet ja auch nicht in Badeschlappen und ohne jede Vorbereitung auf den Mt. Everest steigen, oder?
Wenn unter Wasser ein Notfall auftritt, dann kann der Weg zum Ausstieg lang sein. Jeder Taucher sollte wissen, wie er in einer solchen Situation zu reagieren hat. In der Christine werden Kurse zum Üben von Notfallszenarien angeboten. Diese zu beherrschen rettet Leben, das hat sich gerade in letzter Zeit wieder erwiesen. Nutzt die Möglichkeit, aus eigener Erfahrung weiss ich, dass man niemals umsonst lernt.
Hintergrund
Die Schiefergrube Christine wurde 1971 stillgelegt. Bis zu diesem Zeitpunkt lieferte sie rund 100 Jahre lang Schieferplatten. Auch heute noch sieht man in einigen Teilen des Hochsauerlandes Kirchen, Wohnhäuser und Hauswände, die mit Schiefer gedeckt oder verkleidet sind. Aus der alten Schiefergrube ist inzwischen ein Besucherbergwerk geworden. Im trockenen Teil finden regelmässig Führungen statt. Die Lufttemperatur beträgt das ganze Jahr über 8°C.
Die zweite und dritte Ebene der Mine sind überflutet. Die zweite Sohle befindet sich auf 23 Meter, die dritte auf 41 Meter. Beide Sohlen sind gut ausgeleint. Auf einer Strecke von 1,2Km können ausgebildete Höhlentaucher die beeindruckende Unterwasserwelt erforschen. Schuhe, Flaschen, Werkzeuge, Loren, Schienen und vieles mehr gibt es in den langen Gängen und Abzweigungen zu entdecken. Die Sicht ist meistens gut.
Zugelassen sind Full Cave Zertifizierungen der Verbände GUE / NACD / NSS CD und IANTD Höhlentaucher mit einer Zertifizierung eines anderen Verbandes können nach erfolgreich abgeschlossenem Überprüfung ihrer praktischen und theoretischen Kenntnisse eine Sondergenehmigung zum Tauchen in der Grube Christine erhalten
Weitere Informationen erhalten Sie von toms.tauchshop@t-online.de, Tel.: +49(0)171-7784722
Sabine Kerkau