Liebe Leserinnen und Leser,
der Beginn ins Taucherjahr 2024 wird von einem tödlichen Tauchunfall überschattet, der möglicherweise durch Verzicht hätte vermieden werden können.
Was war geschehen? Zwei Taucher waren am Bodensee zusammengekommen, um ihrem Hobby nachzugehen. Dass das Wetter – kräftiger Sturm mit starken Böen – für das Binnengewässer einen ungewöhnlich hohen Wellengang bot, hatte die Rahmenbedingungen für einen „normalen Tauchgang“ außer Kraft gesetzt.
Es waren ganz normale Sporttaucher, keine für extreme Situationen ausgebildeten Rettungskräfte, die einem wichtigen Auftrag nachgingen und für einen gesicherten Ausstieg unter dieser extremen Situation Vorbereitungen getroffen hätten, vor allem auch überwacht von einem Team an Land.
Dass Taucher an der Oberfläche aufgrund ihrer schweren Ausrüstung und eingeschränkter Mobilität zum Spielball der Wellen werden, wird immer wieder aus dem Bewusstsein gelöscht. Wenn es darauf ankommt, ist die Natur stärker.
Mein Tauchlehrer nahm vor dem Beginn der Freiwasserausbildung im Mittelmeer am Strand eine Handvoll Sand auf, ließ sie zu Boden rieseln und sagte mir die unvergesslichen Worte: Schau, für das Meer bist du nur ein Sandkorn. Vergiss das nicht und tauche danach.
Bestes Tauchequipment, wie es heute üblicherweise verwendet wird, hat für mich einen ähnlichen Effekt, wie die Abschirmung von Geschwindigkeit und Straßensituation in modernen Autos. Der gesunde Menschenverstand wird vernebelt und unterstützt unüberlegte Handlungen. Oft geht das irgendwie gut. Aber aus dem IRGENDWIE wird irgendwie nichts gelernt, nichts reflektiert.
An dieser Stelle könnte ich eine Reihe von Beispielen schildern, wie ich selbst in den letzten Jahrzehnten durch hohen Wellengang in sehr anspruchsvolle Situationen geriet, um wieder an Bord oder an Land zu kommen. Es mussten nicht stellvertretend die Dreharbeiten an einer Braunalgenfarm in der offenen Nordsee sein, da genügt schon das Rote Meer…..
Das Sandkorn – Beispiel hat mich gelehrt, mich nicht über die Kräfte der Natur zu stellen, bei nicht passenden Rahmenbedingungen einen Schritt zurück zu machen, egal, wie lang der Tauchgang schon geplant war und wie weit die Anreise.
Ich bin sehr betroffen, dass dieser schreckliche Unfall geschah, mein Mitgefühl gilt den Angehörigen und dem Tauchpartner. Was bleibt ist die Hoffnung, dass aus diesem Unfall viele andere lernen.
Beste Grüße, Ihr
Michael Goldschmidt