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Alles nochmal? Editorial September 2021

c: Michael Goldschmidt

Liebe Leserinnen und Leser,

nach oder mittendrin in diesen unplanbaren Zeiten, deren Unklarheit wir eher einer Politikergruppe zu verdanken haben, die sich in erster Linie ihr eigenes politisches Überleben sichern will, werde ich gefragt, ob ich zur anstehenden UW-Reportage in Kroatien meine professionelle Kameraausrüstung mitnehme. Soll ich alles nochmal fotografieren?

Dass, nachdem wir uns nach unserem Apnoetauchtraining traditionell im Cafe Glashaus in Grafing zum späten und gemütlichen Frühstück eingefunden haben. Hinter uns liegen etliche getauchte Meter und verstrichene Apnoetauchzeit. Ja, die Frage trifft mich berechtigt. Vorbereitet und auch wieder nicht.

Da stehen gut 20.000 Euro in meinem Büro an UW-Fotoausrüstung bereit, die seit bald zwei Jahren statt Wasser nur noch Staub abbekommen haben. Es war ein schleichender Prozess, das umfangreiche Equipment nicht mehr in die wenig möglichen Tauchgänge 2020 (politisch bedingt) einzubinden. Ging es einmal unter Wasser in einem der bayerischen Seen, um neues Equipment zu testen, dann war das schon alles. Die plötzliche Konzentration auf wohnortnahe Ziele am Seeufer veränderte die Freizeitlandschaft grundlegend. Diese Spots waren völlig überlastet, überlaufen, nach 6:00 morgens war es fast nicht mehr möglich, einen Tauchpunkt anzusteuern. Alles belegt.

Und da nun die Frage, ob ich mein professionelles UW – Fotoequipment, mit nach Kroatien nehme. Zu den Wracks. Die ich alle kenne und liebe – und schon in einzigartigen Fotos dokumentiert habe. Da bin ich ehrlich gestanden auf einem Schlingerkurs. Die Wrackfotos des redaktionellen Zielgebiets habe ich aus drei Tauchaufenthalten dort in Medulin schon im Archiv. Topp – Fotos. Außer der VIS, der ehemaligen Staatsyacht von Tito. Da ließ ich meiner damaligen Fotobuddy den Vortritt, die UW Fotos zu gestalten. Es war aus vielen Gründen humanistisch eine gute Idee, im Endeffekt nicht wirklich keine gute….

Warum keine gute Idee? Am Output der Bilder lags nicht. Ich bin so strukturiert, dass ich dort helfe, wo Bedarf erkennbar ist. Da verzichte ich auch ganz klar auf meine möglichen Unterwassererlebnisse, um jemand seines machbar zu machen. Die UW Fotobuddy hätte für einen zweiten Fototauchgang an der VIS nicht mehr genügend Luft im Tauchgerät gehabt. Ich gab ihr mein voll einsatzfähiges Equipment, um ihr Fotoziel zu erreichen. Das erreichte sie, aber ich musste um ein paar Bilder für die Reportage richtig betteln.

Ehrlich gesagt, die staatszwanghafte Vereitelung von Tauchaktivitäten auf kurzem Weg, halbfristig nach Ägypten, längerfristig nach – wohin darf man denn in diesem Wahnsinn noch….. hat auch meine Idee zum Einsatz des professionellen UW-Fotoequipments in Frage gestellt.

Fotografisch muss die Herausforderung stimmen, das Motiv lohnen, egal wie schwierig zu realisieren. Auf kurzem Weg: Das schönste im Attersee versenkte Wrack eines Holzsegelboots wurde auf ganz mysteriöse Veranlassung „geborgen“. Die Fotos im Archiv machen bei Einsicht einfach traurig. Aber wenigstens wunderbar dokumentiert.

Da habe ich zumindest in Kroatien mehr Sicherheiten, ein Wrack wieder anzutreffen, unter Wasser, als im Attersee. Solange nicht chinesische UW-Schrottsammler mit ihren Spezialschiffen anrücken und illegal lukrative Wrackstellen abräumen. Das ist leider kein Witz. Eins ist jedenfalls sicher, im Attersee hatte kein Chinese dir Hand im Spiel.

Alles nochmal? Mein digitales Archiv hat bereits so viele passende Motive der Wracks vor Medulin gespeichert, von denen nur wenige je veröffentlicht wurden, dass ich mir immer noch die Frage stelle, ob noch einmal in eine intensive neue Produktion eingestiegen werden soll.

Bei allen angesehenen Magazinen der Welt ist es üblich, so ein Thema auch aus dem Archiv zu bebildern, wenn es keinen direkten Bezug zu einem Ereignis der unmittelbaren Gegenwart hat.  Was gegenwärtig am Reportageziel neu ist, bezieht sich auf Veränderungen über Wasser. Die geschriebene Story wird auf alle Fälle neu.

Vielleicht war das auch schon die Antwort…..

 

Auf bald, hier bei meinem nächsten Editorial,

Ihr

Michael Goldschmidt

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