Einstieg Freediving: Apnoetauchen mit dem SSI Freedive Level 1

Freediving

Christian Redl hatte es in einem Gespräch richtig formuliert: Man muss vom Begriff Apnoetauchen wegkommen und Freitauchen oder Freediving für das Tauchen mit angehaltenem Atem verwenden. „Apnoe“ schafft zuviel Distanz, zielt auf professionelle Rekorde. Länger, tiefer, weiter sportlich ohne Gerät die Unterwasserlandschaften zu erkunden, brannte uns schon länger unter den Fingernägeln. Im Zusammenspiel mit SSI Deutschland und dem Indoor – Tauchzentrum dive4life in Siegburg haben wir die Ausbildung zum Freediving Level 1 absolviert. Und wurden süchtig. Hier der Einstieg Freediving…

Apnoetauchen, Freediving, Freitauchen

So jung das Thema Freitauchen im Tauchsport generell ist, so verschieden sind Teile der Lehrinhalte, Anforderungen und Leistungsstufen bei den Verbänden und Organisationen, die Freedivingkurse anbieten. Während etwa bei AIDA die Absolventen eines Grundkurses mit dem Level 2 dekoriert werden, wird bei SSI ein Level 1 bescheinigt. Im Endeffekt sind die Ziele beider Kurse ähnlich ausgerichtet.
Bei SSI hat man einen großen Verband im Hintergrund, der seit den 70er Jahren Tauchausbildung in einem breit gefächertem Spektrum anbietet und entsprechend didaktisches Know How erarbeitet hat. AIDA kümmerte sich zunächst nur um die professionelle Apnoeszene, eine andere gab es auch noch nicht Man dachte sich Regeln aus, die für avisierte Rekorde von den beobachtenden Schiedsrichtern der AIDA anzuwenden waren. Man hatte nur ein Auge für die mehr oder weniger professionellen Apnoetaucher und den Stab der Schiedsrichter. Das Training war so individuell, wie die Sportler, die sich in dieser Szene zeigten, insgesamt ging jeder seinen eigenen Weg.
Seitdem die großen Tauchsportverbände Inhalte und Regeln zur Freitauchausbildung zusammengetragen haben und entsprechende Kurse angeboten werden, wächst der Kreis begeisterter Apnoesportler. Das führte beim Label Subgear sogar dazu, eine eigene Ausrüstungslinie zu entwickeln, die nicht nur den Einstieg erleichtert, sondern für alle Freitauchaktivitäten geeignet ist. Zur Beratung holte man die erfolgreiche Apnoesportlerin Anna von Boetticher in das Entwicklungsteam und dabei entstanden Produkte, die Damen und Herren bestens ausstatten und von Anfang an Spaß machen.

Apnoetauchen – Der Apnoeanzug

Dreh- und Angelpunkt ist zunächst der Anzug. Der 5 Millimeter dicke APNEA 1 lässt sich aufgrund der hautfreundlichen Nylon – Innenkaschierung leicht und schnell an- wie ausziehen. Die klassischen Freitauchanzüge, die in erster Linie für die Unterwasserjagd konzipiert sind, haben innen eine Glatthautbeschichtung, um den Wassereintritt weitestgehend zu verhindern. Um diese anzuziehen, muss man mit Gleitmitteln nachhelfen, sonst wird es ein mühsames Geschäft.
Beim APNEA 1 ist die Glatthaut außen, was zwei Vorteile hat: Verlässt man das Wasser ist der Anzug in wenigen Minuten trocken, es entseht keine Kältebrücke und beim Tauchen ist der Wasserwiderstand geringer. Stretcheinsätze unter den Armen und im Lendenbereich unterstützen die Beweglichkeit. Der Kragen dichtet rundum ab. Dank der diagonalen Führung des Rückenzippers kann der Anzug ohne Hilfe zugemacht werden.
Ergänzend zum APNEA 1 gibt es eine Kopfhaube aus dem selben Material, deren Kragen weit auf Schultern, Rücken und Brust reicht. So ist das Training im kühlen Freiwasser noch angenehmer, zumal der Tragekomfort der Haube einfach nur als vorbildlich geschildert werden kann.
Dank Anna von Boetticher gibt es die speziellen Freitauchflossen von Subgear, die Stream und Stream pro auch in kleineren Größen, sodass hier auch Frauen bedient werden können.
Von den Eigenschaften des Subgear Apnoeequipments ist auch das deutsche Nationalteam überzeugt und trainiert von Anfang an damit.

Apnoetauchen – Aller Anfang…

Den besten Start in eine neue Leidenschaft sollte man auch unter den besten Bedingungen machen. Die Wiege des Apnoetauchens liegt schließlich nicht in unseren Seen sondern eher im Mittelmeer, lassen wir die Tradition der Perlentaucher einmal außen vor. Im Meer hat man angenehmere Temperaturen, auch in der Tiefe und eine bessere Sicht. Von daher spielen neben dem Spaßfaktor auch die Rahmenbedingungen eine große Rolle. Wir wollen schließlich den Kurs in allen Einzelheiten erfolgreich absolvieren und nicht nur einmal mit Mühe und Not gezeigt haben, dass die erforderlichen Übungen gemacht wurden. Uns geht es nicht um die Plastikkarte, wir sind heiß darauf, das nun unter kompetenter Anleitung weiterzuführen, was wir in einem eigenen Trainingsprogramm begonnen hatten. Da flossen Instruktionen von Christian Redl ein und Fakten, die wir aus dem SSI Freediving Manual herausgearbeitet hatten, das wir als Lehrbuch, allerdings noch in der englischsprachigen Version vorliegen hatten. Die deutsche Übersetzung war erst nach unserem Kurs verfügbar, den wir vom 21. – 22. Mai 2012 im Indoor – Tauchzentrum dive4life in Siegburg machten.
Die Anfahrt von München ist leider so weit, gut 600 Kilometer, dass wir vom Süden Deutschlands aus eher selten die Gelegenheit haben werden, im dive4life auf Tauchstation gehen zu können. Das ist richtig schade, denn das 20 Meter tiefe Becken mit dem Ambiente einer versunkenen antiken Tempelanlage macht absolut Laune. Für das Freitauchtraining sind verschiedene straff gespannte Seile vorbereitet. Der erste Blick ins Becken ist atemberaubend und der Grund scheint unerreichbar zu sein, mit angehaltenem Atem…..

Quartier haben wir im unmittelbar neben dem dive4life gelegenen friendly cityhotel Oktopus gemacht. Von dort gibt es eine direkte Verbindung zum Tauchzentrum. Das Ambiente in der Lobby, dem Restaurant und den eher kleinen Einzelzimmern ist designbetont. Der Stil gefällt uns. Das Frühstücksbüfett ist reichhaltig und die Mittagskarte bietet viele verführerische Gerichte. Wir haben noch etwas Zeit, bevor wir uns um 15:00 Uhr für den Kurs treffen. Beim Lunch fällt uns ein, dass wir noch eine Reihe von Theoriekapiteln durchgearbeitet haben sollen inklusive der Beantwortung der dazu ausgearbeiteten Kontrollfragen. Gut, dann wird es jetzt ein Arbeitsessen. Die Lektionen beinhalten großteils für erfahrene Taucher keine Neuigkeiten, wohl aber sind einige apnoespezifische Punkte zu verinnerlichen. Aber das ist keine Hürde.

Freediving – Praxis

Die erste praktische Lehre bekomme ich schon unmittelbar vor Kursbeginn. Ich möchte die begleitende Fotoproduktion koordinieren und erkundige mich nach einem möglichen Zeitfenster vor meinen eigenen Apnoeaktivitäten, damit ich mit dem ausladenden Fotoequipment mit Gerät ins Becken kann. Jetzt weiß ich, dass das die völlig falsche Reihenfolge ist. Freediving geht nur vor einem Gerätetauchgang und nicht umgekehrt. Also heißt es neu zu organisieren, weil während der Ausbildung ein entsprechendes UW-Shooting nicht möglich ist. So werden wir einen dritten Tag im dive4life extra für ein eigenes Training und anschließend für die Fotoproduktion einplanen. Da wollten wir eigentlich im Monte Mare in Rheinbach tauchen, das müssen wir nun verschieben.

Doris Hovermann ist unsere Kursleiterin. Sie ist SSI Gerätetauchlehrerein und wechselte von AIDA als Apnoe Instructor zu SSI. Außerdem gehört sie zum deutschen Apnoe – Nationalteam. Doris ist ein Schatz und nur selten haben wir jemand getroffen, der das Kursthema so positiv verinnerlicht hat, dass man ständig in leuchtende Augen schaut. Es ist ein echter Glücksfall, dass wir mit Doris den Kurs machen können, mit uns noch 4 weitere Teilnehmer, so dass eine gute Gruppenstärke von 6 Personen erreicht ist. Gut 12 Stunden Theorie und Praxis liegen auf zwei Tage verteilt vor uns.
Natürlich geht es erst einmal „trocken“ los.
Da alle Teilnehmer auch Gerätetaucher sind, kann die Einführung in die Freitauch – Ausrüstung relativ rasch abgehandelt werden. Die Flossen werden etwas ausführlicher betrachtet, bis hin zur Monoflosse, die eher Apnoetaucher mit größerer Erfahrung und vielleicht sogar Wettbewerbsausrichtung ansprechen. Wie Doris erklärt, kann man mit Monoflossen deutlich mehr Speed erzeugen, als mit den langen Apnoeflossen, sie sind aber gewöhnungsbedürftig, müssen nahtlos am Fuß sitzen und können richtig teuer sein.
Welche Besonderheiten Freediving – Anzüge aufweisen um gut zu isolieren, die Beweglichkeit nicht einzuschränken und keinen behindernden Druck auf den Brustkorb auszuüben, wissen wir als nächstes. Und ebenso, dass ein Gummibleigurt, der auch in der Tiefe nicht verrutscht, wenn der Anzug durch Kompression an Volumen verliert, die erste Wahl ist. Schon aus eigener Anschauung wissen wird, dass normale Bleistücke nur schwer auf einen Gummigurt aufgefädelt werden können. Deshalb sind hier spezielle Bleistücke empfehlenswert, die mit einem integrierten Klipp am Gurt befestigt werden können, das sogar, wenn der Gurt angelegt ist. Weil die Bleimenge je nach Freitauchaktivität variiert, wie wir später in der Praxis lernen, empfiehlt sich dieses Gewichtssystem auf jeden Fall.

Physiologie Freediving

Nächstes Kapitel: Physiologie des Freitauchens. Jetzt geht es schon mehr ans Eingemachte. Atmung, Druck, Tauchreflex, Blutverschiebung, Druckausgleichstechniken, Atmung vor und nach dem Tauchgang werden intensiv durchgesprochen. Dazu gibt es von Doris ein paar gute Insidertipps, wie man das Luftanhalten bei jeder Gelegenheit ganz nebenbei trainieren kann.
Noch ahnen wir nicht, dass in diesem Abschnitt eines der Kernthemen beinhaltet ist, das sich wie ein Roter Faden durch das Freitauchen zieht: Der Druckausgleich. Selbst wer beim Gerätetauchen damit keine Probleme hat, kann beim Freitauchen durchaus Schwierigkeiten haben und muss den Abstieg weit vor der den eigenen Möglichkeiten abbrechen. Das beschäftigt uns auf jeden Fall heute noch und ebenso jene, die schon länger freitauchend unterwegs sind.

Nach so vielen interessant und auch spannend vorgetragenen Grundlagen und Hintergründe, dazu etliches an Wasser getrunken, denn es ist trotz Klimaanlage im Klassenzimmer subtropisch warm im Tauchcenter, wird es endlich nass. Obwohl im Becken angenehme 28°C gemessen werden, ist der Subgaer APNEA 1 Anzug gefragt, die kommenden Stunden im und unter Wasser angenehm zu gestalten. Bei 14°C im Freiwasser hatte er ja bereits gute Dienste geleistet, aber auch bei 28°C kühlt man ohne Schutz nach einer Weile so weit aus, dass man erst den Spaß und dann die Lust am Kurs verlieren würde. Tamara und ich sind neben unserer Trainerin Doris die einzigen mit Apnoe – Equipment. Die anderen 4 Teilnehmer haben klassische Nass- bzw. Halbtrockenanzüge und Geräteflossen. Nur eine Teilnehmerin, die vom Schwimmsport her kommt, trägt einen Triathlon – Anzug und spezielle Schwimmtrainingsflossen.
Zunächst geht es aber ohne Flossen und ohne Blei für einen Test, den Doris mit uns macht, am Seil bis auf 7 Meter Tiefe. Mit den Füßen am Seil, Kopf oben, hangeln wir uns gemütlich nach unten. Das ist für alle Teilnehmer kein Problem. Dann wird die Bleimenge ermittelt. An der Oberfläche sollen wir gut tariert sein, bis 10 Meter Tiefe soll sich noch leichter Auftrieb einstellen, dann bis 15 Meter ein neutraler Zustand und darunter leichter Abtrieb. Mit den APNEA 1 – Anzügen ermitteln wir einen Bedarf von zwei Kilogramm für das Tieftauchen und 4 Kilogramm für das Streckentauchen.
Damit wären die Vorbereitungen für den Praxisteil abgeschlossen und wir lernen zunächst das richtige Abtauchen. Auf dem Wasser liegend, mit dem Schnorchel atmend, sind wir auf das Abtauchen vorbereitet. Hier gibt es einiges richtig zu koordinieren und Doris füllt sich bei hartnäckigen Fällen – dazu gehöre ich – den Schokoladevorrat in der Basis auf.
Wenn man nach der vorbereitenden Atmung für das Abtauchen so weit ist und schon an der Oberfläche der erste Druckausgleich gemacht wurde, nimmt man den Schnorchel aus dem Mund, knickt den Oberkörper mit Schwung um 90° nach unten, ein langer Armzug zieht den Körper senkrecht weiter und sobald die Flossen ganz im Wasser sind, werden sie auch eingesetzt. Das Kinn liegt am besten auf der Brust, weil so die Nebenhöhlen, die Eustachsche Röhre entlastet werden. Und natürlich macht ständig Druckausgleich. Das senkrecht in die Tiefe führende Seil ist der Orientierungspunkt, weil man nicht mit gestrecktem Hals und Kopf nach unten gerichtet den Druckausgleich gut hinbekommt.
Das zu üben steht zunächst auf dem Plan und Doris muss mir immer wieder sagen, dass ich den Schnorchel unter Wasser aus dem Mund nehmen soll, denn nur so kann verhindert werden, dass unbeabsichtigt Wasser eingeatmet wird. Das ist für mich gar nicht so einfach, seit vielen Jahren hatte ich beim Schnorcheln nie das Mundstück heraus genommen….
Auf jeden Fall hatte sich Doris mit der netten „Konventionalstrafe“ – pro Abtauchen mit Schnorchel im Mund eine Tafel Schokolade – bis zum Abend mit mir ein wochendeckendes Süßigkeitenkonto verdient, das selbstverständlich am nächsten Tag ausgeglichen wird.
Nachdem das Abtauchen bei allen Teilnehmern klappt, geht es an die Tiefengewöhnung. Der erste Knoten im nach unten führenden Seil ist bei 10 Metern. Das ist nun unser Ziel, zu erreichen nach entsprechender Atem – Vorbereitung an der Oberfläche. Obwohl wir das im Freiwasser schon geschafft hatten, ist das schon ein Stück Herausforderung, denn unter dem Knoten gibt es dann noch weitere 10 Meter, ein reizvolles Ziel.
Jeder Kursteilnehmer hat eine Reihe von Versuchen und die Sache mit dem Druckausgleich wird schon deutlich. Auch bei mir. Aber weil ich genug Luft mit auf den Weg nehme, kann ich mir beim Abstieg eine kleine aber ungewollte Pause gönnen, anhalten, den Kopf nach oben drehen und die Ohren entlasten.
Diese Abstiege begleitet Doris alle und fungiert 1:1 als Sicherungstaucher.
Nachdem die 10 – Meter Marke fast schon wie Hausbrot wirkt, wechseln die Buddyteams in die Rolle echter Freediver. Was bei diesem Sport gar nicht geht, ist das Freitauchen ohne Buddysicherung. Auf den Buddy zu verzichten ist hier die einzige Gefahr, die tödliche Folgen haben kann. Das beweisen sogar einige Fälle aus der Profiszene, bei denen im Freiwassertraining Sportler ums Leben kamen. Also ist der Buddy immer in der Beobachtungsposition und bereit helfend einzugreifen. Beim Tieftauchen kommt der Sicherungstaucher dem Buddy entgegen, je nach angesagter Tiefe, bis 10 Meter oder darunter und begleitet den Aufstieg.
Das klappt bei allen wie am Schnürchen und ist bald schon in Fleisch und Blut übergegangen.
Auch das Procedere nach dam Auftauchen ist Übungsbestandteil. Um möglichst schnell frischen Sauerstoff in die Lunge zu bekommen, wird drei Mal nur kurz und schnell ausgeatmet und dabei tief eingeatmet. Das OK – Zeichen für den sichernden Partner kommt noch dazu, dann kann eine neue Tieftauchsession – Session vorbereitet werden.
Die 10 Meter sind jetzt Standard und wir können uns nun Übungen widmen, die zum Pflichtteil, sprich zum Erhalt des Brevets gehören. Dazu gehören einmal der Aufstieg aus 10 Metern ohne Maske und einmal ohne Flossenschlag. Weil ich Kontaktlinsen trage, überlege ich kurz, die Übung ohne Maske auf den nächsten Tag zu verlegen und auf die Linsen beim Kurs zu verzichten, aber dann entscheide ich, das gleich zu machen. Im Zweifelsfall hätte ich diese Entscheidungsfreiheit auch nicht. Also hinunter, die Augen bis auf schmale Schlitze zusammenkneifen, Maske abnehmen und gemütlich auftauchen. Passt. Diese Übung wird vom Buddy begleitet und ist entsprechend gesichert. Nur mein Buddy machte es mir etwas schwerer. Statt ohne Maske den senkrechten Aufstieg durchzuführen, wurde eine Durchquerung des Beckens im Winkel von 45° nach oben eingeleitet. Und weil ich für ihre Sicherheit zuständig war, hielt ich sie vor einer kleinen Kollision mit dem gegenüberliegenden Beckenrand sanft zurück.
Wir sind bald drei Stunden im Wasser und der offizielle Teil des ersten Kurstages geht zuende. Aber es ist noch lange kein „Rausschmiss“. Was wir noch üben wollen, können wir üben, Doris hat auf alle ein Auge und klar, wir wollen uns den Grund des Beckens schon ein Stück mehr aus der Nähe ansehen. Und Tamara will es wissen. Doris ist mit dabei. So verschwindet sie in der Tiefe des dive4life und kommt mit einer persönlichen Ansicht des Beckenbodens aus 20 Metern strahlend an die Oberfläche.
Obwohl ich mit meinem rechten Ohr bezüglich des Druckausgleichs auf dem Kriegsfuß stehe, habe ich auch ein tiefgründiges Verlangen. Bei 16 Meter bleibe ich aber „hängen“, schaue mir in Ruhe das Ambiente unter mir noch mal aus dieser Tiefe aus an, dann lasse ich mich nach einem Flossenschlag wie mit einem Lift nach oben ziehen.

Weil alle anderen Kursteilnehmer aus dem Raum Köln kommen und wir die einzigen „Auswärtigen“ sind, gibt es leider keine Gelegenheit den Abend in der Gruppe bei einem schönen Essen ausklingen zu lassen. Nur wenige Meter vom Hotel entfernt finden wir das Restaurant „Kubana“, das mit karibischem Flair und einer guten Küche spanische und südamerikanische Gerichte anbietet. Das passt zu unserem Tag und wir werden das „Kubana“ auch morgen Abend wieder aufsuchen.

Freediving Kurs – Tag 2

Der zweite Kurstag startet wieder mit einem Theorieteil. Zunächst werden noch offene Fragen vom Vortag behandelt, dann folgt eine kurze Wiederholung der wichtigsten Punkte, die wir schon gelernt haben. Dann kommt das Kapitel Freediving – Fertigkeiten neu auf den Tisch. Im Mittelpunkt steht das Thema Flachwasser Blackout und Loss of Motor Control (LMC). Die Hintergründe werden erklärt, das Erkennen eines LMC, die Rettungsphase RRW – Rettung – Reaktion – Wiederbeleben. Spätestens jetzt ist allen klar, warum Freitauchgänge, gleich ob Strecke oder auf Tiefe, immer von einem Partner begleitet und gesichert werden, warum man dem aus der Tiefe zurückkehrenden Partner entgegentaucht und den restlichen Aufstieg begleitet.
Wie wir selbst schon bei unseren ersten Apnoesessions feststellen konnten, ist Freitauchen ein dynamischer Sport, der den ganzen Körper mit einbezieht und daher die eigene Beweglichkeit trainiert werden sollte. So steht Stretching als nächstes auf dem Plan und das Klassenzimmer wird nach draußen in die strahlende Nachmittagssonne verlegt. Einige der Übungen, die uns Doris zeigt, beeinflussen sogar die Fertigkeit des Druckausgleichs.
Dann geht es zur abschließenden Theorie, die sich mit dem Freediving im Süßwasser und im Meer befasst. Wellen, Wind, Strömung, Ein- und Ausstieg werden besprochen. Dazu gibt es noch einen Überblick über die unterschiedlichen Lebensformen, denen man beim Freitauchen begegnen kann, was allerdings für Gerätetaucher keine neue Thematik ist.
Wie es sich für einen Kurs gehört, wird dieser mit einer theoretischen und praktischen Prüfung. abgeschlossen. Einige erforderliche Punkte der Praxis waren schon am Tag zuvor abgehakt worden, der Rest wird heute noch im Wasser erfolgen. Die Theorieprüfung erfolgt schriftlich, noch etwas „verschärft“, weil bis zu diesem Zeitpunkt die Fragebögen nur in englisch verfügbar waren.
Alle Teilnehmer kommen fehlerfrei aus dem Test und endlich geht es wieder ins Wasser.
Zunächst steht das Streckentauchen auf dem Plan. Im Minimum müssen 30 Meter geschafft werden. Der Durchmesser des Beckens hat 18 Meter, so dass wir zunächst von Doris gezeigt bekommen, wie man eine Wende richtig macht. Das klappt bald bei allen recht gut. Für das Streckentauchen legen wir zwei Kilo Blei mehr auf und wer will, kann zusätzlich ein Halsblei tragen. So kommt der Körper in eine ideale gerade Linie. In drei bis vier Metern Tiefe werden die Streckentauchgänge absolviert, an der Oberfläche begleitet vom Partner.
Danach reduzieren wir wieder die Bleimenge und tauchen uns mit dem Buddy ein, die 15 – Meter für uns da schon Standard. Tamara zieht es wieder in die Tiefe und die 20 Meter hat sie mittlerweile gut drauf. Mein rechtes Ohr lässt den Druckausgleich immer noch nicht so wie gewünscht zu, weshalb ich mehr Zeit beim Abtauchen brauche. Bis 18 Meter bin ich im Rennen, das ärgert mich ein wenig, denn alles andere würde stimmen. Außer, dass ich hin und wieder vergesse, den Schnorchel aus dem Mund zu nehmen. Aber Doris hat die Schokolade schon mit Vorschuss auf meine heutige Schlamperei schon bekommen, da bin ich auf der sicheren Seite.
Als zweiter wichtiger Praxisteil wird die Rettung eines Partners mit LMC aus 10 Meter Tiefe trainiert. Das ist ein komplexer Vorgang, der sich unter und über Wasser abspielt. Doris zeigt uns, wie wir den bewusstlosen Taucher am besten greifen und ihn zur Oberfläche bringen. Dort muss dann die Maske oder Nasenklammer abgenommen werden und zur Stimulierung der Hirnnerven wird über das Gesicht geblasen. Bereits jetzt kann die spontane Atmung wieder einsetzen. Unterstützend dazu wird das Gesicht im Wangenbereich angetippt und der versorgte Partner angesprochen. Erfolgt dann noch keine Reaktion gibt man eine Atemspende, die normalerweise die Spontanatmung aktiviert.
Das üben wir auch ausführlich und schließen damit den offiziellen Teil der Ausbildung ab. Aber aus dem Wasser sind wir deshalb noch lange nicht…

Alle Teilnehmer haben den Kurs bestanden und bekommen noch am selben Abend die Bestätigungsurkunde und die Brevetkarte mit dem Bild des ausgebildeten Freitauchers überreicht. Das gefällt uns bei SSI wirklich gut, es gibt kein wochenlanges Warten, bis man das Brevet in der Tasche hat.

Apnoetauchen oder Freitauchen – ganz egal

Während die anderen Kursteilnehmer erst einmal Abschied von Doris und vom dive4life nehmen, haben wir noch einen halben Tag vor uns, damit die Bildstrecke produziert werden kann. So treffen wir am nächsten Vormittag noch einmal Doris, die mit Freunden trainiert und uns Anne-Kathleen als Trainingspartnerin vorstellt. So machen wir eine Stunde gemeinsames Tieftauchen und das erste Mal kommen mir Gerätetaucher irgendwie störend und ahnungslos vor, hängen sie in 10, 15 Metern Tiefe unter uns an dem Seil, an dem entlang wir abtauchen wollen. Deren Luftblasen um die Ohren ist nicht die richtige Entspannung zu finden.
Für die UW-Aufnahmen rüste ich dann auf das Pressluftgerät um. Mit dem ganzen Zeug am Body komme ich mir so unbeweglich vor, wie ich es vorher noch nie so empfunden hatte. Und neidisch schaue ich Tamara und Anne-Kathleen zu, wie sie schnell auf Tiefe gehen können, ihre Späße vor der Kamera machen und wieder auftauchen, während ich wie ein Treibanker im Wasser hänge. Das ist der Moment, in dem mir richtig bewusst wurde, dass das Freitauchen schon zur neuen Leidenschaft geworden ist.

 

 

 

 

 

 

 

 

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Beitrag erstellt 8.2012